Problem von Mao - 17 Jahre

veränderte Gefühle

Hallo, Nuala!
ich habe mich sehr über deine Antwort und die lieben, aufmunternden Worte gefreut, ich hatte das Gefühl, dass mich jemand verstanden hat. Du hast mich zum Nachdenken gebracht, als du angemerkt hast, dass man sich in einer Freundschaft nicht ignoriert. Das habe ich davor nie so betrachtet, ich glaube zwar, dass meiner Freundin nie so ganz bewusst war, dass sie mich damit traurig macht, aber ich habe ihr das schließlich mehrmals gesagt.

Jedenfalls ist sie ja wie gesagt in eine andere Stadt gezogen, weswegen wir uns nur in den Sommerferien treffen können. Ich dachte vor ihrem Umzug, dass ich sehr oft weinen und sie vermissen würde, aber das tue ich nicht, wenn ich ehrlich sein soll. Es geht mir nicht schlechter oder besser, seit sie nicht mehr in meiner Nähe ist. Das finde ich komisch, denn ich empfinde unsere Freundschaft nicht als oberflächlich, deshalb verstehe ich nicht, warum mich ihr Umzug nicht emotional berührt.

Das klingt so gemein, aber wir skypen fast jeden Tag und sehr oft bin ich einfach nur grundlos genervt und möchte das Gespräch am liebsten beenden, es sind unwichtige Kleinigkeiten. Die Art, wie sie redet oder, dass sie immer meiner Meinung ist. Wenn sie mir schreibt, freue ich mich nicht mehr, meistens antworte ich auch immer erst später, weil ich, wenn ich aus der Schule komme, abschalten möchte, da ich eine Person bin, die sehr impulsiv auf Ereignisse reagiert und wenn mich etwas in der Schule gestresst hat, brauche ich viel Ruhe, um nicht die Lust zu verlieren.

Als sie mir früher mal geschrieben hat, habe ich mich immer total darüber gefreut, aber jetzt ist es sozusagen das Gegenteil. Es ist so, als hätten sich die Situationen vertauscht. Sie ist diejenige, die Kontakt sucht und nicht ich. Früher war ich immer die, die sie angerufen und angeschrieben hat. Manchmal können wir aber auch stundenlang skypen und telefonieren und es macht Spaß. Das verwirrt mich und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich könnte mit ihr darüber reden, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll, ich weiß ja nicht einmal, was ich fühle. Auf der einen Seite nervt sie mich und ich bin fast erleichtert, wenn sie mir nicht schreibt, das klingt so furchtbar, oh Gott. Aber auf der anderen Seite verstehen wir uns gut und wir können beide mit der jeweils anderen über alles mögliche sprechen und als wir uns in den Ferien getroffen haben, war ich überhaupt nicht genervt von ihr. Habe ich mich vielleicht verändert? Es fühlt sich nicht so an.

Es tut mir leid, dass der Text so lang geworden ist und ich hoffe, ich habe hier niemanden genervt.
Ich wünsche euch jedenfalls ein schönes Wochenende!

Nuala Anwort von Nuala

Betrifft Problem https://mein-kummerkasten.de/330748/schlechtes-Gewissen.html


Liebe Mao!

Ich freue mich total, dass ich dir weiterhelfen konnte! :) Nun möchte ich genau das erneut probieren.

Hhm, ich glaube, ihr habt aktuell die Rollen getauscht. Deine Freundin ist jetzt in der unsicheren Rolle, du in der sicheren. Und zwar wegen ihres Umzugs. Für sie ist alles neu, was natürlich zu Verunsicherung führen kann. Vertraut ist ihr der Kontakt mit dir, also sucht sie ihn nun verstärkt. Für dich wiederum war es früher eine unsichere Situation, weil sie dir nie das Gefühl absoluter Geborgenheit gegeben hat (was in einer engen Freund:innenschaft allerdings schon gegeben sein sollte). Für dich haben sich die äußeren Umstände nicht geändert und du siehst sie im Alltag nicht mehr so regelmäßig, was hintergründig auch eine gewisse Erleichterung für dich bedeuten könnte. Denn so musst du nicht immer den Stress eurer unklaren/etwas einseitigen Freundinnenschaft aushalten. Also läuft sie dir sozusagen jetzt hinterher und du bist eher die Genervte - und fühlst dich deswegen auch wieder merkwürdig.
Ich finde das absolut nachvollziehbar, dass du einerseits relativ "gefasst" auf ihren Wegzug reagierst, andererseits dann auch wieder negative Empfindungen hast, wenn sie so offensiv den Kontakt sucht. Denn du bist das nicht von ihr gewöhnt, es irritiert dich und es ist eben auch wieder nicht das, was du dir im Grunde wünschst. Denn eigentlich geht es ja immer noch um die große Frage, was eine echte Freund:innenschaft ausmacht. Und dazu kannst du zählen, dass es Ausgewogenheit gibt, z.B. dass sich beide ungefähr gleich gern und gleich häufig melden, sich gegenseitig zuhören und sich Tipps geben, sich zusammen um Themen kümmern, die spannend und bereichernd sind und beide faszinieren (also zum Beispiel nicht der Einen zuliebe dauernd ins Fitnessstudio rennen, obwohl frau da keinen Bock drauf hat...).

Ich rate dir, ihr diese Veränderung aus deiner Sicht möglichst sachlich zu beschreiben und ihr ehrlich zu vermitteln, dass du gerade nicht weißt, wie du mit dieser neuen Situation umgehen sollst. Und dass du erstmal Zeit für dich brauchst, um dir im Klaren zu werden, was du dir von einer richtig befriedigenden Freund:innenschaft erhoffst. Was gehört da alles dazu? Was nicht? Und warum? Es also um die Frage, welche Werte für dich in einer solchen Beziehung gelebt werden sollen, damit du dich wirklich glücklich, geborgen, zufrieden fühlen kannst. Ein Beispiel hast du selbst schon genannt: Du brauchst in bestimmten Phasen deine Ruhe. Dies sollte eine Freundin wissen und sich natürlich daran halten.
Das meint, dass du deine Gedanken letztlich mit ihr teilen solltest, damit sie eine faire Chance erhält, ihr Verhalten dir gegenüber positiv zu verändern.
Ja, vielleicht ist das jetzt ein umfassender Umbruch, der eben auch eure Freundinnenschaft betrifft! Ihr könnt also beide davon profitieren - sie auch, wenn du sie bittest, genauso über euch nachzudenken und Anliegen zu formulieren. Wenn ihr dann eure Bedürfnisse abgleicht und merkt, dass ihr sehr stark an einer weiteren Freundinnenschaft interessiert seid, sich aber bestimmte Dinge ändern müssen, könnt ihr im nächsten Schritt genau dort ansetzen.

Es kann allerdings auch sein, dass du beim Nachdenken über deine Wertvorstellungen zu dem Schluss kommst, dass sie dir insgesamt gesehen doch nicht so gut tut, wie zuerst angenommen. Da kann ich leider nur darauf hinweisen, dass es sehr stark um dein innerstes Gefühl gehen muss! Dein Herz sagt dir, was richtig für dich ist. Nimm dir bitte die nötige Zeit, lass dich von ihr und auch von dir selbst nicht hetzen und lass die Gedanken in dir reifen. Dabei ist es wichtig, dass du dich selbst nicht verurteilst, nur weil du merkst, dass deine Gefühle anders sein mögen, als es das "Ideal" vorgibt. Das ist alles absolut okay!

Ich habe noch etwas rund um Freund:innenschaft nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass du dich sicher noch über etwas Input freust, was alles Merkmale einer "gesunden" freundschaftlichen Beziehung sein können. Daher kann ich dir folgende Artikel empfehlen: https://www.zeitblueten.com/news/wahre-freundschaft/ und https://www.spektrum.de/news/die-gesetze-der-freundschaft/1190912 uund
https://www.geo.de/magazine/geo-magazin/800-rtkl-freundschaft-10-fragen-die-freundschaftsforschung
Vielleicht helfen sie dir, auf weitere Erkenntnisse zu stoßen und dir Formulierungen für ein Gespräch mit deiner Freundin zu ermöglichen.

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala