Problem von Peggy - 36 Jahre

Ist mein Freund ein teils empathischer Narzisst?

Heute Nacht hatte ich das zweite Mal im Leben ernsthafte Suizidgedanken. Ich bin nach einer Beziehung mit einem grandiosen Narzissten völlig gebrochen mit meinem besten Freund zusammen gekommen. Er hatte das einfach so beschlossen und sagt ich war die "Geeignetste". Ich kannte ihn vorher acht Jahre und dachte, wie alle, er sei der empathischste Mensch der Welt, ständig kommen ihm bei emotionalen Themen die Tränen und er ist Feuer und Flamme für die Verbesserung der Welt und findet alles Schlechte auch nicht gut. Er vertritt eigentlich genau meine Werte. Aber wenn wir uns streiten stellt er sofort alles in Frage und lässt mich tagelang leiden, weil er sich meist entzieht. Er reagiert auf Kritik immer mit Gegenanschuldigungen, teils völlig verdreht oder aus der Luft gegriffen. Man merkt manchmal, dass er dabei ist, es zu verstehen, warum man verletzt ist, aber an der Schwelle zum Selbsteingeständnis scheitert er, das kann man richtig beobachten. In dem Moment wenn man denkt, dass man gleich vielleicht das erste Mal ein ernstgemeintes Entschuldigung hört, schiebt er alles so weit von sich und explodiert. Als meine Katze und eine Freundin gestorben sind, wurde er wütend anstatt mich zu trösten. Er sagt mir nie von selbst, dass er mich liebt oder warum oder gesteht irgendwann Fehler ein. Ich habe immer nur das Gefühl, er hat nach ein paar Tagen die Gnade mir zu vergeben. Ich bin völlig gebrochen, weil ich nicht glauben will, dass das alles so ist und er es einfach nicht versteht. Wenn ich mit meiner Oma telefoniere und hilflos bin, weil es ihr schlecht geht, muss er auch weinen etc. aber wenn ich nach einem Streit sage was mich verletzt hat etc. gibt er immer mir die Schuld und zeigt keine Empathie. Wie passt das alles zusammen und könnte eine Therapie für uns beide helfen? Oder muss ich die Hoffnung aufgeben? Sonst macht er mich nämlich sehr glücklich, das dachte ich zumindest bis vor Kurzem. Ich liebe ihn und will ihn wirklich nicht verlieren, er war so lange der einzige Mensch, bei dem ich mich sicher und verstanden gefühlt habe und immer einen Rat bekam. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll oder kann. Danke für eure offenen Ohren <3

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Peggy,

da scheinst du von einer schrecklichen Beziehung in eine neue Krise gerutscht zu sein. Es tut mir sehr leid für dich, dass du zuvor an einen Narzissten geraten bist - ein schweres Los! Bitte versuche, dich entsprechend zu erholen und diese Erlebnisse angemessen zu verarbeiten.

Dennoch solltest du vorsichtig sein, was das Ettikett "Narzisst" bei deinem aktuellen Freund anbelangt. Seine Empathie und sein Kümmernwollen sprechen ja auch gegen diesen Verdacht.

Du solltest du dich eher fragen, ob du deinen ehemaligen besten Freund wirklich als echten Partner siehst - und entsprechend liebst!

Außerdem finde ich seine Begründung, warum er mit dir zusammengekommen ist, sehr fragwürdig. Das klingt für mich ziemlich lieblos und irgendwie "ich nehme halt, was ich kriegen kann". Das ist nicht böse gemeint, aber kann es sein, dass seine Aggressionen auch daher kommen könnten, dass ihr streng genommen gar nicht als Paar zusammenpasst? Und sich nun der Frust seine Bahn bricht? Wenn das so wäre, wäre ja die Konsequenz, dass ihr besser wieder beste Freunde werdet.

Falls ihr euch beide wirklich liebt - und das nicht nur hoffst oder glauben möchtest - solltet ihr dringend an eurer Art zu kommunizieren arbeiten. Dafür braucht ihr nicht unbedingt eine Paartherapie, außer ihr kommt alleine dauerhaft nicht weiter. Auch ein Coaching könnte in Frage kommen.
Was mir eher Sorgen macht, ist dass es dir persönlich so schlecht geht und du sogar Suizidgedanken hast. Da solltest du ganz bei dir bleiben und für dich allein entscheiden, ob du eine Psychotherapie beginnen möchtest.

Vor allem das Thema Angst solltet ihr euch genauer anschauen. Mich beschleicht der Verdacht, dass dein Partner Ängste hat, die dann durch Wut und empathieloses Verhalten verschleiert hervortreten. Sein Verhalten deutet auch auf viel Selbstschutz hin, also dass er durch das Verstecken seiner Gefühle bzw. das Nicht-Zulassen seiner Gefühle sich selbst schützen will - letztlich aus Angst. Angst vor großer Verletzung, vor Verlassenwerden, sich so zu zeigen wie er wirklich ist... das sind alles Möglichkeiten. Wie es genau bei ihm aussieht, erfährst du am ehesten durch behutsames Nachfragen in ruhigen Momenten, viel Geduld und auch Nachsicht. Aber bitte nicht auf Kosten deiner eigenen Gefühle und Bedürfnisse!

Zum Thema miteinander Reden/in Kontakt sein und einfach gute Kommunikation habe ich ein paar Lesetipps für dich:
- https://meine-beziehung.de/erfolgreiche-kommunikation-der-beziehung
- https://www.paar-ehe-beratung.de/themen/kommunikation-beziehung-ehe.html
- http://tollebeziehung.de/kommunikation/
Du findest auf jeden Fall noch viele andere Internetseiten und Bücher zu diesem Thema, diese Links sind als Einstieg gedacht.

Zusammengefasst sehe ich es als am wichtigsten an, dass du dich zuerst um dich kümmerst und psychisch wieder auf die Beine kommst. Sollte dir deine Beziehung da eher im Wege stehen und dir zusätzliche Kraft rauben, wäre eine Trennung auf Zeit oder zumindest viel Abstand zu ihm sinnvoll.
Und wenn ihr beide merkt, dass ihr an sich ein tolles Paar seid und zusammenbleiben möchtet, müsst ihr beide gleichberechtigt an eurer Zweisamkeit und der Kommunikation arbeiten. Gut wäre es noch, wenn ihr allgemeine Regeln für eure Beziehung entwickelt, z.B. sich Dinge erstmal in Ruhe anzuhören, ohne loszupoltern. Oder Kritik nicht zu persönlich zu nehmen und zu versuchen, angemessen damit umzugehen.

Letztlich kann es ja auch sein, dass nur dein Freund therapeutische Hilfe benötigt. Doch das alles erarbeitet ihr sinnvollerweise gemeinsam - und du bereitest dich darauf am besten vor, indem du vorher mit dir selbst ins Gespräch kommst. Und herausfindest, was du brauchst, damit es dir wirklich langfristig gut geht.

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala