Problem von Anonym - 16 Jahre

Magersucht

Ich glaube ich beginne langsam Symptome von Magersucht aufzuzeigen. Ich habe mit einer Diät vor 4Monaten begonnen, da ich in den Ferien zugenommen habe. Habe dadurch 6kg abgenommen und ich fühle mich wie am ersten Tag. fett. Ich spüre, dass ich eine verzerte Selbstwahrnehmung habe weil ich nur mich fett finde und andere Menschen normal für mich sind. (177cm/60kg) Ich probiere mich dagegen zu wehren jedoch kriege ich diese Gedanken nicht aus meinem Kopf.
Ich esse mit schlechtem Gewissen und trinke immer Wasser wenn ich hunger bekomme. Oft esse ich mehr als vorgenommen und dann bekomme ich schlechtes Gewissen und falle in ein Loch. Ich vertraur auch keinen Spiegel da ich in jedem Spiegel anders auschaue. jeder Spiegel lässt mich dicker wirken. Ich kann keinem vertrauen.
Auch in meinem Verwantenkreis würde jemand mit Magersucht eingeliefert.
Was soll ich tun.

Janine Wochnik Anwort von Janine Wochnik

Liebe Ratsuchende,

Magersucht ist ein wirklich ernstes Thema. Anorexie ist eine schlimme Krankheit.
Nachdem was du geschrieben hast, solltest du dir tatsächlich Hilfe holen.
Auch wenn es noch keine ausgeprägte Magersucht ist (Gott sei Dank), musst du dagegen steuern.
Ich bin kein Arzt und kann nicht beurteilen, wie weit du schon drin steckst.
Aber mit 60 Kg auf 177cm ist es noch in einem machbaren Rahmen.

Auch die Tatsache, dass du etwas isst, ist gut!
Ich bitte dich inständig, dich einem Arzt anzuvertrauen. Ebenso solltest du dringend einen Therapeuten aufsuchen!
Diese Krankheit ist ein Teufelskreis, aus dem man nur schwer entfliehen kann!
Je früher man dagegen angeht, desto besser ist es!
Steckt man erst einmal richtig tief drin, ist der Weg unglaublich schwer.

Eine verkehrte Selbstwahrnehmung haben viele Menschen.
Dabei sind es nicht nur die dicken, oder nur die dünnen.
Menschen allgemein sind davon betroffen.
Man selber schaut sich im Spiegel an. Doch das ist nicht dasselbe, wie wir andere Menschen ansehen.
Andere Menschen sehen wir permanent an. Wenn wir mit ihnen zusammen sind.
Wir sehen den Menschen einfach. Nicht immer achten wir auf bestimmte Punkte.
Betrachten wir uns selbst aber im Spiegel achten wir vor allem auf die Details.
Speziell die Details, die uns nicht gefallen.
Und diese scheinen dann ganz besonders hervor zu stechen.
Wir schauen uns auch nicht den ganzen Tag an, weil wir mit uns kommunizieren oder Zeit mit uns verbringen.
Meistens schauen wir in den Spiegel um etwas zu entdecken. Um uns fertig zu machen. Zu rasieren, zu schminken.
Oder sonstiges.

Das ist eine vollkommen andere Art der Betrachtung.
Dann kommt noch dazu, dass wir andere nicht so beurteilen wie uns selbst.
Bei uns sind wir oft kritischer, weil wir alles an uns kennen. Jeden Zentimeter.
Leider fallen uns bestimmte Dinge erst auf, wenn eine ganze Weile vergangen ist und die Veränderung sehr groß ist.
Wir neigen dazu unser Bild im Kopf zu behalten wie es war.
Und sehen nicht wirklich wie wir aussehen.
Wenn wir einen direkten Vergleich haben. Foto heute, Foto von vor einem halben Jahr/zwei Jahren, etc. dann können wir es eher sehen.
Natürlich ist das nicht gut. Weil wir weder positive noch negative Dinge schnell erkennen.
Bei anderen Menschen ist das besser.
Doch du kennst es bestimmt. Bei Menschen die du regelmäßig siehst, fällt es dir weitaus weniger auf, wenn sich was verändert. Es sei denn es ist sehr drastisch.
Bei Menschen die du alle paar Monate siehst, werden dir auch Kleinigkeiten auffallen.
Da reichen dann schon 5 Kg Gewichtsunterschied. Bei regelmäßigem Kontakt müssten es schon 10 oder 15 sein.

Und dann kommt noch eine Sache hinzu.
Wir verknüpfen mit unserem Aussehen ein Gefühl.
Je mehr Selbstbewusstsein wir in uns haben, desto weniger sind wir vom äußeren Erscheinungsbild abhängig.
Hängt unser Selbstbewusstsein aber von unserem äußeren ab, weil wir das mit einander verknüpfen, dann wird es problematisch.
Sehen wir uns Models an und verknüpfen dieses Bild mit dem, was wir für uns wollen, dann passiert es schnell, dass man sich als zu dick empfindet. Oder nicht hübsch genug. Oder zu viele Falten, zu kurze Haare, zu dünne Haare.
Was auch immer.
So werden unsere vermeintlichen Makel irgendwann krankhaft. Weil wir nur noch das sehen!

Ich würde dir raten deinen Spiegel mal außen vor zu lassen. Mache ein aktuelles Bild von dir. Suche ein älteres Bild heraus und dann verdecke mal deinen Kopf.
Lege zwei oder mehr Bilder neben einander. Dann schaue ein paar Minuten woanders hin.
Danach betrachte die beiden Bilder.
Und beurteile mal, wie du einen fremden Menschen beurteilen würdest.
Um es noch zu unterstützen kannst du Fotos von anderen Menschen daneben legen.
Drucke welche aus dem Internet aus.
Am besten welche mit wirklich extrem dünnen Körper.
Mit extrem fetten Körpern. Normalgewichtigen.
Muskulösen. Und so weiter.
Dann ein paar Fotos von dir.
Verdecke überall den Kopf oder schneide ihn ab.
Dann lege sie gemischt auf den Tisch und betrachte sie. Vergleiche sie miteinander.
Schreibe auf, was gut ist. Was schlecht.
Gib den Bildern Nummern und mache eine Tabelle.

Am Ende liest du dir die Tabelle durch.
Beurteile die Bilder alle gleich.
So als würdest du die Personen nicht kennen.
Suche dir dein Lieblingsfigurtyp heraus.
Und dann entscheide nochmal.
Hilfreich kann es außerdem sein, wenn du andere Menschen fragst.
Wie sie dich sehen.
Je mehr Menschen, desto besser.
Dann hast du mehr Vergleichbarkeit.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute.
Pass auf dich auf.
Suche dir Hilfe.
Kämpfe dagegen an!
Du bist wundervoll!
Ich drücke dir ganz fest die Daumen. Und bitte melde dich nochmal.
Liebe Grüße,
Janine