Problem von Emily - 14 Jahre

Mein Vater ist schrecklich

Hallo, ich weiß wirklich nicht, wie ich anfangen soll. Es geht um meinen Vater. Ein richtig gutes Verhältnis zu ihm hatte ich noch nie, aber in letzter Zeit streiten wir uns sehr oft. Heute ist es wieder passiert und es reicht schon, dass ich kurz meine Meinung sage (zum Beispiel: die letzte halbe Stunde dort war nicht unbedingt nötig) oder irgendwas keine Ahnung. Auf jeden Fall, wenn ihm etwas nicht passt, dann fängt er an, mit mir zu diskutieren und am Ende explodiert er regelrecht. Er beschimpft und schlägt mich dann und sagt Sachen wie ,,du bist eine Schande für unsere Familie“, ,,du Dreckskind“ , ,,du bist ja total missraten, wie deine Mutter bist du geworden“ oder ,,leck mich am Arsch“. Diese Sachen verletzen mich einfach und heute waren wir noch auf offener Straße und ich hatte Angst, jemand könnte ihn hören. Als wir dann zu Hause angekommen sind, bin ich so schnell wie möglich in mein Zimmer gerannt und habe die Tür abgeschlossen. Jetzt fühle ich mich wieder einigermaßen sicher, aber ich habe einfach furchtbare Angst vor ihm. Wenn ich daran denke, wieder aus meinem Zimmer herauszukommen, weiß ich schon, dass er hinter irgendeiner Ecke lauert, um mich kaputt zu machen. Während ich hier schreibe, sitzt er unten und guckt Fernsehen. Es interessiert ihn einfach gar nicht, wie es mir geht. Aber ICH liege hier auf dem Boden und weine und bin mit den Nerven am Ende! Es belastet mich einfach so sehr, und ich kann mit niemandem sprechen, denn vor allen anderen spielt er immer den netten Vater. Dazu bin ich noch Einzelkind und meine Mutter muss sehr lange und viel arbeiten, ich habe nie wirklich in meiner Kindheit Liebe erhalten oder mich geborgen gefühlt. Ich sehne mich einfach nur danach, endlich ausziehen zu können, aber das dauert leider noch. Dazu muss man sagen, dass mein Vater auch manchmal nett sein kann, aber dann brüllt er mich wieder an und ich denke mir, dass das alles nicht echt sein konnte. Ausserdem lässt er sich in letzter Zeit richtig gehen, hat keine Manieren und verhält sich wie ein Hartzer, wenn man das so sagen kann. Das ekelt mich richtig an und manchmal wünschte ich nur noch, dass er aus meinem Leben verschwindet. Ich kann einfach nicht mehr, es belastet mich so sehr...

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

das klingt sehr belastend. Du darfst weder geschlagen, noch systematisch angeschrien oder beleidigt werden! Lass dich nicht verunsichern: Du bildest dir das alles ja nicht ein. Dein Vater hat es anscheinend drauf, sein wahres Benehmen gut zu verschleiern. Er versucht vielleicht sogar, dir etwas einzureden oder so zu tun, als sei das alles normal. Das ist es aber nicht!

Nebenbei bemerkt finde ich nicht, dass es "den" Hartzer gibt - und nur weil man Hartz IV bezieht, benimmt man sich nicht automatisch rüpelhaft! Bitte wirf nicht alle in einen Topf.

Leider liest sich deine Schilderung nicht so, als ob du dich vertrauensvoll an deine Mutter wenden könntest. Du könntest versuchen, mit ihr zusammen zu einer Familienberatungsstelle zu gehen. Oder einfacher: Sie zu überzeugen, dass sie weniger arbeitet - um mehr Zeit für dich zu haben bzw. dich besser schützen zu können. Dennoch wäre das ein Anfang. Vielleicht hat sie ja doch ein offenes Ohr für dich und glaubt dir. Falls nicht: Gehe bitte zu anderen Erwachsenen, denen du zutraust, dass sie dir schnell helfen können und wollen (beispielsweise andere Verwandte, ein Lehrer, eine Nachbarin, Freund:innen deiner Familie, ein Pfarrer...). Auch das Jugendamt ist ein guter Ansprechpartner, wenn Kinder Gewalt in der Familie erleben.

Noch ein Tipp: Schreib alles auf, was passiert. Also jeden Wutausbruch, jede Handgreiflichkeit, jede Beleidigung. Schreib das Datum und die Uhrzeit auf und wie es dazu gekommen ist. Das ist besonders für das Jugendamt oder Vertrauenslehrer:innen wichtig, um alles besser nachvollziehen zu können. Dann können alle auch sehen, wie schwerwiegend deine Lage ist.
Wichtig ist auch, dass du betonst, dass sich dein Vater auch "verstellen" kann, wenn es zu seinem Nutzen ist. Dann lassen sich die anderen Erwachsenen hoffentlich nicht so leicht täuschen.

Falls du ein paar nette Schulkamerad:innen und/oder Freund:innen hast, zu denen du nach der Schule öfter gehen kannst, nutze diese Chance. Vielleicht kannst du dich ihnen auch anvertrauen und sogar ihren Eltern von deinen Sorgen zuhause erzählen.
Auch ein Jugendzentrum, ein Verein oder eine Schul-AG können dir wertvolle Stunden außerhalb deiner Familie liefern.

Ich wünsche dir, dass es bald Lösungen gibt, die dir im Alltag mit deinem Vater helfen können.

Alles Gute,
Nuala