Problem von Benny - 21 Jahre

Antwort Situation mit Ex

Nochmals Hallo Paul,

ich entschuldige mich für meine zahlreichen Zuschriften, gerade in diesem Moment bzw. vor etwa einer Stunde hat sich vieles verändert.

Geschichten die nur das Leben schreibt...

Wer schrieb mir, natürlich die Ex. Ich würde den Gesprächsverlauf gerne so adäquat wie möglich darstellen.

Die erste Nachricht von ihr war "So dumm haha", also quasi die Antwort auf mein "drauf geschissen und schönes Leben".

Die ersten Nachrichten von ihr waren sehr komisch, eher ein unter die Nase reiben. Sie teilte mir mit, dass sie immer noch bei ihrem Kumpel ist, welcher (komme ich später darauf zurück) wohl doch nicht nur ein Kumpel ist. Obwohl ich jung bin, lässt mich mein Gespür doch irgendwie nie im Stich.

Nunja ich änderte meinen Status in Whatsapp. "Wir lernen nicht sprechen, um dann wenn es darauf ankommt, den Mund zu halten." Natürlich war das auf uns bezogen. Ich habe immer gesagt was ich nicht so schön fand, war immer ehrlich.
Sie meinte ich würde mich selber Dissen, da ich sie ja nicht angeschrieben habe, obwohl sie mir so wichtig ist.
Ich erklärte ihr, es gab für mich nur die Entscheidung abzuschließen oder ihr hinterher zu rennen. Um für mich selber überhaupt noch Wert zu haben, entschied ich mich, wie du weißt bereits für den Abschluss der Situation.

Meine Intention war es ihr mitzuteilen wie unglaublich mich unsere Trennung belastet und sozusagen implizit zu fragen, was denn ihr Sinn dahinter ist mir jetzt zu schreiben.

Und ja verdammt es wühlt mich auf und irgendwie ist es eine Last emotional und tiefgründig zu sein. Heute war irgendwie ein schwieriger Tag, obwohl ich mit der Familie unterwegs war. Sitze dann beispielsweise am Esstisch, starre ins Leere. Träume die letzten Tage nur von uns negativ, wie postitiv.

Sie wollte mir schreiben, sie meinte zwar sie schreibt mit vielen Spasten, aber ich wusste, dass sie mich damit nicht meint.

Was lese ich also aus dem, dass sie mich anschreibt? Ich bin ihr wichtig, zumindest glaube ich das, aber nicht in dem Sinne wie ich mir es wünsche.

Wir unterhielten uns also darüber, wie die Situation ist. Ich sagte ihr es ist so unfassbar schwierig für mich, gerade auch wenn sie mir schreibt.

Ich möchte gerne etwas zitieren um auf den nächsten Punkt überzuleiten. Was quasi der Grund für ihre Nachrichten ist:

Sie: "Ich will nicht mehr als Freundschaft. Das hat keinen Sinn, weil sie nicht treu wäre. Ich kann das nicht."

Der kurze Hauch von Hoffnung zerstört. Klar ich habe Gewissheit, aber will ich das?
Ich habe ihr gesagt, ich weiß nicht, ob ich das jemals kann, weil ich wahrscheinlich immer mehr in ihr sehe, obwohl sie mich trotzdem wieder enttäuschen würde.

Sie sagte es würde schnell gehen, irgendwann würde ich mich fragen, was ich von ihr wollte. So ist sie, aber nicht ich! Wir sind einfach grundverschieden, das stimmt.
Sie kann schnell mit Dingen abschließen, auch wegen ihrer Vergangenheit. Leider bin ich so unfassbar tiefgründig und emotional. Ich weine, wenn ich weinen muss, egal wann, egal wo, egal bei wem.

Unterstützt wird das davon, was sie mir danach sagte, der "Kumpel", bei dem sie tatsächlich immer noch ist, wie soll ich sagen. Sie meinte hätte ich Snapchat, hätte ich es gesehen, ja da waren wir schon getrennt, das glaube ich ihr auch. Sie hatte etwas mit diesem "Kumpel". Sie weiß nicht, was es aktuell mit ihm ist.
Ich höre gerade Musik, weine und es frisst mich auf.

Ich sitze da wie ein Haufen elend, sie hat direkt den Nächsten. Ich bin austauschbar wie die Teile eines Autos....

F+ würde nichts bringen und ist nicht das, was ich überhaupt möchte, geschweige denn kann. Ganz oder gar nicht.
Ich soll auf sie scheißen, es wäre besser. Sie hat mich scheiße behandelt und würde es wieder so tun (ihre Aussagen), weiß aber nicht warum.

Sitze vor dem PC, denke über mein Leben nach. Manchmal gibt es kein warum. Leider bin ich der Mensch der immer ein warum braucht.

Warum soll ich besonders sein, wenn ich durch den Nächstbesten ausgetauscht werden kann. Ich bin kein Spezialteil, ich bin ein Standardteil.

Ich dachte ich schaff es und wahrscheinlich lache ich in 5 Jahren darüber, wie ich so sein konnte für ein Mädchen, die es nicht wert war.

Ich stelle mir die Fragen, was hat er was ich nicht habe? Ich schlafe und träume von allem, wache völlig eingeengt auf und wünsche mir grade nichts mehr als nur den ganzen Tag zu schlafen.

Ich heule Rotz und Wasser, weil ich einfach nicht mal weiß, was ich weiß und was nicht.
Ich weiß nicht mehr, was ich überhaupt will. Darauf kann mir niemand anderes außer ich eine Antwort geben, aber ich treffe auch ungern Entscheidungen.

Alleine der Gedanke daran, dass sie gerade glücklich mit diesem Kumpel bei ihm ist lässt mein Herz brennen. War es nicht irgendwie klar, ich weiß es nicht.

Wie einen Pixel, ein paar Worte wieder doch so aus der Bahn werfen können.

Ich habe ihr gewünscht, dass es hoffentlich mit ihm klappt.
Missgunst ist noch mehr Gift für Seele und Herz.

Sie weiß wieder nicht, was das mit diesem "Kumpel" ist. Sie weiß gar nichts.

Ich weiß nicht weiter.

Benny

PaulG Anwort von PaulG

Lieber Benny,

du musst dich bei mir für nichts entschuldigen. Es ist der Zweck unseres Angebots, dass du dich so ausführlich und so oft aussprechen kannst, wie du es möchtest und brauchst. Ich kann dir zwar leider nicht garantieren, dass du immer eine Antwort erhalten wirst, aber ich gebe mir Mühe. In meine jetzigen Gedanken fließen auch die zu deinem Text von gestern ein, den ich daher nicht gesondert freischalte.

Fangen wir mal an:

"(...) sie hat direkt den Nächsten. Ich bin austauschbar wie die Teile eines Autos...."

"Warum soll ich besonders sein, wenn ich durch den Nächstbesten ausgetauscht werden kann. Ich bin kein Spezialteil, ich bin ein Standardteil."

Du weißt, dass es nicht so ist, Benny. Denn die Fakten liegen so, dass es sich schon seit Wochen angedeutet hat, dass zwischen euch zweien eine Entscheidung ansteht. Sie hat dich hingehalten, sie hat dich geschnitten, sie war reserviert, sie war unklar... kurz: Sie hat alles unternommen, um dir zu signalisieren, was offen auszusprechen sie nicht den Mut hatte - nämlich dass sie die Beziehung so nicht mehr will. Ich gehe davon aus, dass es ihr unangenehm war, sonst hätte sie es ordentlich gemacht (also unmissverständlich und nicht per Chat). Das ist keine Entschuldigung für ihr Verhalten, aber es zeigt, dass sie dir einen Schritt voraus war: Du hast bis zuletzt noch gehofft, weil du sie wirklich liebst. Sie hat sich schon länger innerlich von dieser Beziehung distanziert.

Hat sie dich ersetzt? Wir wissen es nicht. So wie du es schilderst, ist für mich nicht eindeutig, ob ihr Kumpel für sie jetzt das ist, was du für sie sein wolltest. Es ist sogar unwahrscheinlich. Oder warum sollte sie sonst geschrieben haben, dass sie nicht treu sein könne? Du wirst nie wissen, was genau er jetzt hat, das du nicht hast. Fest steht aber, dass das Ganze eben nicht über Nacht gekommen ist, sondern sich länger vorbereitet hat. Sie hat den Faden so lange immer stärker gespannt, bis er irgendwann gerissen ist. Dein einziger Fehler - wenn man es so nennen kann - war deine Bereitschaft, an das Gute zu glauben und zu hoffen, dass eure Beziehung noch zu retten ist. Das war sie nicht - deine Ex hat sich schon länger auf das "Danach" eingestellt und dass sie jetzt mit ihrem Kumpel abhängt, kuschelt, schläft, was auch immer ist, nur der praktische Vollzug eines Zustandes, der schon länger da ist. Sie hat ihren Sinn nicht über Nacht geändert, wie auch du schon länger gespürt hast: Da war was im Busch. Und jetzt weißt du, was es war. Der Entschluss zur Trennung kommt nicht aus heiterem Himmel, er bereitet sich länger vor. Ihre Signale waren (im Nachhinein betrachtet) deutlich, und im Moment fällt es dir schwer, dir das einzugestehen, obwohl du es mir eigentlich selbst geschildert hast. Es ist verständlich, dass du auf die letzten Wochen gerne als eine Zeit zurückblicken möchtest, in der es vielleicht Schwierigkeiten gab, in der aber im Großen und Ganzen noch alles offen war. Leider müssen wir sagen, das wäre nicht die Wahrheit. Die Wahrheit - soweit ich das beurteilen kann - ist, dass sie solange auf die Bande eingehauen hat, die euch beide verknüpfen, bis irgendwann alles kaputt war. Sie hat sich entschieden, sie nicht sauber zu lösen, sondern dich durch Schweigen, Gesten und Bilder nach und nach aus ihrem Leben zu drängen, bis die Beziehung irgendwann nicht mehr offiziell beendet werden muss. Das ist nicht schön (es ist grauenvoll): Aber es zeigt eben auch, dass es für sie nicht ganz so leicht war, wie es ausschaut. Die Nerven, die es sie gekostet haben muss, dir tausendfach deutlich und trotzdem völlig uneindeutig zu zeigen, dass sie sich aus eurem gemeinsamen Leben verabschieden will, waren bestimmt viele. Dass sie - nachdem dann alles ausgestanden ist - sich mit ihrem Kumpel tröstet, ist da gar nicht so überraschend. Es ist kein Akt der Bosheit; es ist ein Akt der Schwäche und der Scham. Wenn sie sich nämlich nicht klar wäre, wie unreif und umständlich ihr Vorgehen eigentlich war, hätte sie sich auf ein erneutes Gespräch mit dir gar nicht erst eingelassen.

Es bleibt dabei: Sie hat sich aus der Verantwortung gestohlen, dir reinen Wein einzuschenken, und konstruiert jetzt eine Fülle von Erklärungsversuchen, die ihr Verhalten nachträglich rechtfertigen sollen. Mal ist das "Ich kann nicht treu sein", mal ist es "Du siehst meinem Vergewaltiger ähnlich" und mal ist es "Eigentlich bist du selbst schuld". Du siehst es andererseits völlig richtig, Benny: Es gehören zwei dazu. Wir brauchen uns nicht zu fragen, ob man die Risse in dieser Beziehung hätte schließen können, und wenn ja, wann das gewesen wäre, weil solche Fragen sinnlos sind. Mit deinem starken Idealismus, deinem Hang zu heftiger Romantik und deiner - man kann es so nennen - Gutgläubigkeit auf der einen Seite, und ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit, ihrer fehlenden Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, und ihrer emotionalen Unbeständigkeit auf der anderen Seite war "kein Staat zu machen". Welche Rolle ihr Kumpel / Freund in diesem Geflecht spielt, gerät da schon fast zur Nebensache: Entweder tröstet sie sich mit ihm, oder sie hält ihn jtzt genauso für die große Liebe, wie sie es anfangs bei dir tat (um dann vielleicht in einem Monat IHN wegzudrücken?), oder sie will einfach alles vergessen... das verstehen zu wollen, wäre zum Scheitern verurteilt. Nimm aber ihr jetziges Verhalten auf keinen Fall als Anzeichen, dass du ihr nichts bedeutet hättest - der ganze Vorlauf müsste dann ein anderer sein. Denn sie hat dich ja nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, als dir klar zu werden begann, dass sie ihren Blick über dich hinaus richtet, sondern sie hat erst alles abgestritten, dann herumgedruckst, dann sich selbst beschimpft, dann dich, und schließlich ist da irgendwie gar nichts mehr. Nur noch Chaos, die Scherben eurer Beziehung. Sie tun verdammt weh, das glaube ich. Aber auf diesen Scherben kann etwas Neues entstehen.

Du kannst dieses Loch nicht sofort schließen, Benny. Und es wäre auch nicht angemessen, dir einzureden, dass sie dir nichts bedeutet hätte. Sie war eine starke Liebe, aber sie war nicht bereit oder nicht in der Lage, dir zu geben, was du wolltest. Du kannst und sollst sie als jemanden in Erinnerung behalten, die dich geprägt hat und für die du viel gegeben hast. Aber es ist genauso berechtigt, jetzt erst einmal verzweifelt zu sein. Dass das nicht ewig dauern kann, ist klar und das wirst du von mir auch nicht lange erklärt haben wollen. Letztlich wirst du - egal wie oft du es jemandem erzählst - vor allem selbst eine Möglichkeit finden müssen, wie du diese Beziehung für dich positiv bewertest. Das kannst du am besten dann, wenn du dich fragst, was du aus ihr mitnimmst. Und ich denke, du kannst vor allem etwas darüber mitnehmen, wie Menschen funktionieren - oder auch nicht. Deine Ex hat dir sehr anschaulich eine Persönlichkeit vorgeführt, die mit sich selbst nicht im Reinen ist und ihr eigenes Handeln nicht erklären kann, und die deswegen von Tag zu Tag lebt. Das ist für alle Beteiligten unschön, für sie aber am meisten. Gut, wenn du sie irgendwann mal bedauern kannst; jetzt darfst du dich selbst bedauern. Schließ dich aber nicht ein, sondern lenke deine Energie in etwas, das dich aufbaut: Geh nach draußen, power dich aus, lass die Sonne an deine Haut. Vielleicht hast du auch Lust, einfach ein bestimmtes Spiel wieder durchzuzocken oder eine Serie zu schauen. Oder ein Regal umzustellen. Oder einfach aufs Rad zu steigen und nach Irgendwo zu fahren. Es geht nicht unbedingt darum, etwas Sinnvolles zu tun. Aber es geht darum, dass du dir Tag für Tag ein Vorhaben baust, das du durchziehst. Wenn es nicht produktiv ist, dann muss es dir wenigstens gut tun. Und gut tut auch, das angestaute Elend rauslassen zu können. Phase eins ist in vollem Gange. Gut, wenn du sie auskosten kannst. Gib dich dem Schmerz aber nicht völlig hin, indem du dich gehen lässt oder gar nach der Flasche greifst. Bau dem Schmerz eine Brücke - "Ich mache jetzt dies, ich mache jetzt das, ohne bestimmten Grund, weil es mir schlecht geht. Aber danach wird es mir besser gehen." Wenn du über die Brücke gegangen bist, siehst du alles aus einem anderen Blickwinkel. Erinnere dich daran: Es wird besser. Nur wenn du annimmst, dass nicht, dann tritt es auch ein. Davor musst du dich bewahren. Und nach deinem Text glaube ich, du siehst das alles sehr richtig und bist auch nicht in der Gefahr, dich im Schmerz zu verlieren. Behalte diese vernünftige Sicht so bei.

Ich kann dir für den Augenblick das Leiden nicht nehmen. Aber ich kann dir versprechen, dass es einem Zweck dient, wenn du ihm einen gibst. Das ist deine Zukunft - sie wartet auf dich. Und du wirst sie gestalten. Mit dieser Hoffnung wird dir - da hast du völlig Recht - auch deine letzte Beziehung mal als Teil eines Weges erscheinen, als notwendiger Teil, weil der Weg zu etwas Größerem führt, das du jetzt noch nicht kennst. Aber wenn es da ist, wird dir das Überwundene seiner mehr als wert scheinen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul