Problem von Laurie - 34 Jahre

Bin ich ein Schmarotzer?

Hallo.
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.

Ich habe schon seit Jugendzeiten Probleme in meiner Familie. Es gab keinerlei Liebe oder Respekt, ich bin vollkommen emotionslos aufgewachsen. Ich habe mich zu einem ultra sensiblen Menschen entwickelt, was bis heute oft in schwere lauthalse Streitereien, vor allem mit meiner Mutter, gipfelt.

Meine "Familie", sieht mich als Sündenbock für alles. Ich habe immer einen schwammigen Lebensweg genommen, habe immer nach Anerkennung und Aufmerksamkeit gesucht und nur gefunden/bekommen. Dennoch habe ich mein Leben immer allein bewerkstelligt.

Ich musste es. Mir half niemand.

Ich habe in den letzten Jahren eine gute Anstellung gehabt und das war wirklich die erste Stelle, wo ich gefestigt war, aber intern war es alles nie gut. Viele Überstunden, Ärger mit dem Chef, Überlastung. Meine Familie hat nie zu mir gesagt, dass sie stolz auf mich ist. Es gab immer nur Ärger.

Bis ich 2017 mit schweren Depressionen zusammenbrach und bis heute kaum fähig bin, wieder ein geregeltes Leben zu führen. Ich bin Therapie, war auf Kur - alles gut. Nur wieder eine Arbeit finden, ist schwierig.

Ich lebe im Haus meiner Eltern, das ist alles andere als optimal. Ich würde das lieber gestern als morgen ändern. Ich möchte zu Freunden in 200km Entfernung ziehen, was sich aufgrund der schwierigen Arbeitssuche immer weiter verschiebt. Meine Familie erträgt das nicht. Fast täglich muss ich mir anhören, dass ich nichts tue, faul bin und allen auf der Tasche liege... Und endlich ausziehen soll. Ich würde alle terrorisieren.

Ich zahle Miete, Strom, Essensgeld, helfe wo ich kann.

Mir geht es nicht gut. Ich habe mein ganzes Leben immer versucht Anerkennung und vor allem mal Liebe von meiner Familie zu bekommen, leider auch oft falsch durch schreien und beleidigend. Aber durch permanente Demütigung, permanenten Vergleichen mit dem Bruder und wieviel besser dieser ist, baut sich immer mehr Druck auf. Ich hätte nie eine andere Wahl an meine Familie ran zu kommen. Das ist auch die Meinung meiner Therapeutin/der Reha/Tagesklinik wo ich war. Einsicht meiner Familie? Null.

Heute gab es ein Gespräch mit meiner Schwägerin, mit der ich eigentlich nie Rede. Sie beschimpfte mich als Schmarotzerin, asozial und unfähig mit meinem Leben umzugehen. Das meine Eltern die Opfer sind. Das ich gar nicht arbeiten wolle. Und sie hält meine Umzugspläne für Unsinn und dass ich das eh nicht auf die Reihe bekomme.

Ich lasse mir viel vorwerfen, aber nicht dass ich schmarotzen. Ich habe keine Arbeit, ja. Aber ich schreibe wöchentlich zwischen 3 - 10 Bewerbungen, ja nach Angebot. Fahre auf meine Kosten zu Vorstellungsgesprächen. Leider bisher ohne Erfolg. Eine kurzfristige Tätigkeit, die ich hätte annehmen können, war aufgrund des zu niedrigen Gehalts, der Befristung und der daraus resultierenden Unsicherheit nicht machbar. Ich hätte aufstocken müssen und habe mich davor gescheut. Ich möchte vollends für mich allein aufkommen.

Was mich so quält, ist die Frage ob ich wirklich ein Schmarotzer bin? Ich fühle mich jetzt so. Der Druck ist wieder gewachsen. Ich bin seit Monaten am Ende...

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Laurie!

Du scheinst hochgradig verunsichert und in die Ecke getrieben zu sein. Was deine Familie bewegt, sich derart zu verhalten, muss sehr schmerzlich und umfassend sein. Doch du musst dich diesem Diktat nicht unterwerfen!

Ich kann dir ja mal schreiben, was _ich_persönlich_ als schmarotzendes Verhalten empfinde: Wenn jemand gezielt anderen Güter, Ressourcen und Energie nimmt, ohne sich auf längere Sicht entsprechend dafür zu revanchieren. Also jemand, der:die bewusst nur nimmt und grundsätzlich nichts gibt. Da dies bei dir laut deiner Beschreibung nicht zutrifft, bist du keine Schmarotzerin - und eigentlich weißt du das auch!

Du haftest an deiner Familie, obwohl sie dir offenkundig nur Schaden zufügt. Da frage ich mich: Warum? Warum lässt du das alles mit dir machen? Weil dein Selbstwert so gering ist?

Ich bin froh, dass du therapeutische Begleitung hast oder hattest. Bestimmt hast du dann schon an diesen Themen gearbeitet wie Selbstliebe, Achtsamkeit, Grenzensetzen, Selbstwert, Ziele/Wünsche/Bedürfnisse wahrnehmen und umsetzen... wenn ja, wäre es jetzt ganz toll, wenn du dieses Kennen und Können jetzt umsetzt!

Ehrlich gesagt würde ich dir raten, sofort aus deinem Elternhaus auszuziehen und vorerst bei deinen Freund:innen unterzukommen. Von dort kannst du dann weitere Schritte planen und hättest gleich deren Unterstützung. Du brauchst Ruhe, Zuspruch, Nähe! All das bekommst du in deiner Familie nicht.
So leid es mir tut, doch du solltest diesen Personen, die dich nur als Fußabtreter benutzen, sofort den Rücken zukehren und dich ganz auf dich konzentrieren. Damit du in deinem eigenen Tempo nach geeigneten Jobs und weiteren sinnvollen Perspektiven für dich schauen kannst.

Oft kommen die passenden Jobangebote bzw. Einfälle dann, wenn man sich ganz auf sich besinnt und endlich die Umgebung hat, die einem entspricht. Solange du permanent bedrängt, schikaniert und beleidigt wirst, kannst du weder klare Gedanken fassen, noch an dich selbst glauben. Aber genau darauf kommt es jetzt absolut an!

Ich verlinke dir jetzt noch Probleme, in denen einige Dinge stecken, die dir ebenfalls weiterhelfen können und nenne dir Buchtitel, vielleicht hast du Lust, dort weiterzulesen:
* Psychische Gewalt in der Familie und Kontaktabbruch: https://mein-kummerkasten.de/331663/psychische-Gewalt-Trauma.html sowie https://mein-kummerkasten.de/331557/ich-will-mich-selber-zur-atoption-freigeben-lassen.html
* Neuanfang, Selbstliebe und - akzeptanz: https://mein-kummerkasten.de/331383/Vom-Leben-bestraft.html, im Archiv des Kummerkastens wirst du noch weiteren Input entdecken!
* Ich habe folgende Bücher bei mir, die eventuell für dich etwas sein könnten: "Loslassen, was nicht glücklich macht, Krise als Chance" von Kurt Tepperwein; "Tu dir gut! Das Wohlfühlbuch für Frauen" von Jennifer Louden und noch "Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner" von Josef Kirschner. Es gibt wirklich viel Literatur, da lohnt es sich, einfach mal querzulesen.

Also: Du kannst sehr, sehr viel erreichen. Ohne den lästigen Klotz Familie, ohne die ständigen Fausthiebe. Lass sie hinter dir! Brich auf in die Freiheit, lass dich fallen! Auch wenn das anfangs ungewohnt und finanziell dünn sein wird. Deine psychische Erholung kann das alles aufwiegen.

Alles erdenklich Gute wünsche ich dir!
Nuala