Problem von Spitzkopf - 29 Jahre

Schreckliche Klassenfahrt

Hallo!

Ich bin in der 9. Klasse mit meiner Klasse nach Österreich zum Skifahren gefahren. Die beiden zuständigen Lehrer wussten von meinem Betreuer, dass Er mich nicht auf Skiern sehen wollte! Gut, die beiden wussten also Bescheid... Dann sind wir losgefahren, ich hatte die Hoffnung, dass die Klasse auch mal was mit mir unternehmen würde, aber nichts da: Ich wurde von denen mit meinem Betreuer komplett alleine gelassen, wir mussten in einer heruntergekommenen Jugendherberge die Zeit totschlagen, während die anderen Arschlöcher ihren Spaß hatten. Überdies haben sich die beiden Lehrer dann auch noch über mich aufgeregt, weil ich was getrunken(Alkohol, kein Bier) hatte, anstatt mal was mit mir zu machen. Ich habe da eine ganze Woche verschwendet, und mich regt dies leider 11 Jahre später immer noch auf, ich kann das nicht vergessen.

Was kann ich da machen, damit ich damit vielleicht mal abschließen kann?

Gruß

Spitzkopf

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Spitzkopf,

ich kann dich in deinem Anliegen verstehen. Es ist nicht nur lästig, sondern auch bedrückend, wenn man mit früheren Erlebnissen nicht abschließen kann.
Ich weiß jetzt inhaltlich Bescheid, doch weiß ich nichts über deine Lebenssituation. Deswegen ist es für mich schwierig, dir da punktgenau weiterzuhelfen.

Ganz grundsätzlich gesprochen kannst du mit Menschen, denen du vertraust, über dieses Erlebnis in allen Details zu sprechen. Das erleichtert nämlich schon und kann das "Gehenlassen" vorbereiten.

Außerdem kannst du hinter das Erlebte blicken und tief reinfühlen. Was genau fühlst du dabei? Ist es nur Wut - oder noch mehr? Bist du vielleicht allgemein sehr sensibel - bzw. speziell bei Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen schnell aus dem Gleichgewicht zu bringen?

Man kann auch ganz viel aufschreiben. Also wenn du ganz viel in dich gehorcht hast, kannst du es zu Papier bringen. Zum Beispiel in einem Brief an die betreffenden Lehrer - auch wenn sie diesen nie erhalten werden. Du kannst den Brief gedanklich an sie richten und dann alles aufschreiben, was dich dabei so gestört hat.
Du kannst diesen dann entweder zerreißen, verbrennen, ohne Adresse in einen Briefkasten werfen (wird dann vernichtet) oder begraben. Was auch immer dir gefällt.
Es kann sein, dass du dabei viel Erleichterung merkst und noch mehr begreifst, was diese Empfindungen mit dir als Person und deinem Leben zutun haben. Denn rein zufällig passiert sowas nicht. Da ist vermutlich noch ein Thema bei dir, das dich immer wieder anstupst und angeschaut werden will.

Du kannst auch überlegen, ob du dich insgeheim über dich ärgerst, weil du dir unbewusst gewünscht hättest, dich zu wehren bzw. Einfluss auf die Situation zu nehmen. Da können Gefühle wie Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein aufgetaucht sein, die extrem unangenehm sind.
Hier wäre das "innere Kind" zu nennen, das sind sozusagen Anteile der Persönlichkeit, die sich ab der Geburt durch die Eltern und die Erlebnisse herausgebildet haben. Das kann eine:n dann noch viele Jahre später negativ beeinflussen. Ich empfehle immer gern das entsprechende Arbeitsbuch von Stefanie Stahl: "Das Kind in dir muss Heimat finden."
Bei all dem ist auch immer die Frage, inwieweit man durch die Kindheit stark vorbelastet ist (z.B. durch Vernachlässigung, Gewalt, Traumata, Überbehütung). Also falls du beim Hineinfühlen merken solltest, dass da noch viele Sachen in dir sind, die dich runterziehen, wäre ein psychologisches Gespräch sinnvoll. Dafür gibt es Beratungsstellen. Es muss dann nicht gleich eine Therapie sein, außer du weißt, dass da Größeres im Argen ist.

Du kannst also erstmal mit den "leichten" Versuchen anfangen und dann schauen, was daraus wird. Du wirst in jedem Fall davon profitieren, weil es sich absolut lohnt, sich selbst besser kennenzulernen. So kann man letztlich die eigenen Bedürfnisse, Ziele und Wünsche genauer sehen und umsetzen.

Alles Liebe!
Nuala