Problem von richard - 44 Jahre

"emotionale überforderung"

hallo erst mal,

ok - meine problematik ist vielleicht etwas ungewöhnlich, und ich weiss auch nicht ob sie mir wirklich helfen können, aber es belastet mich.

ansich sollte es mir relativ gut gehen - mir geht es gesundheitlich relativ gut (ich leide zwar an arthrose und einigen anderen dingen - aber die schmerzen sind mittlerweile gut behandelbar). ich bin seit jahren trocken von alkohol und clean von drogen. auch habe ich mich seit über zwei jahren nicht mehr selbst verletzt.

finanziell komme ich trotz hartz IV ganz gut zurecht - und ich bin in verschiedenen ehrenämtern aktiv. auch wohnungsmäsig bin ich seit einen umzug vor etwas mehr als zwei jahren sehr gut versorgt (keine kohlenschlepperei mehr - ich geniesse grad um diese jahreszeit die zentralheizung).

aber gefühlsmässig beutelt es mich ziemlich massiv. ich muss gestehen das ich was liebesdinge betrifft ich zwar nicht unerfahren bin - aber meine letzte ernsthafte beziehung liegt mittlereiler knapp 8 jahre zurück. seitdem hatte ich einige sagen wir mal abenteuer. und genau da liegt mein problem - ich weiss zwar genau welche "knöpfe ich bei einer frau drücken muss" wenn ich ein abenteuer oder wenn sie so wollen eine kurze affäre haben will - aber was ernsthafte beziehungen angeht habe ich scheinbar "vergessen" wie es dann funktioniert bzw was ich dann tun muss.

sie müssen wisssen das bei mir im haus (direkt über mir) eine junge hübsche nachbarin wohnt. ich fand sie seit dem tag meines einzugs sehr attraktiv - aber vor kurzen hat es mich "wie ein blitz" getroffen. das problem ist folgendes: ich weiss aus unterhaltungen mit ihr das sie auch was liebesdinge betrifft ein gebranntes kind ist.zudem hat auch sie gesundheitliche probleme.

da ich aber diesmal wirklich ernsthafte intentionen habe fühle ich mich wie gelähmt. wie soll ich sagen - beginne ich bei ihr so wie ich es sonst die letzten jahre bei meinen abenteuern gemacht habe, habe ich angst es falsch zu machen da ich sie nicht verletzen will. und auch auf die gefahr hin in redunanz zu verfallen - ich bin der abnteuer müde in will etwas auf dauer. ich muss dazu sagen das sie auch sicher nicht ganz abgeneigt wäre.

es mag vieleicht albern klingen das ein erwachsener mann der hart auf die fünfzig zugeht solche probleme hat, und ich mus zugeben das es mir selbst etwas peinlich ist - aber wie gesagt ich fühle mich mit der situation komplett überfordert.

wie ich schon sagte - ich weiss nicht ob sie mir wirklich helfen können, aber im zweifel tut es mir schon gut das ich es mal "loswerden konnte"

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Richard,

ich freue mich, dass du den Weg zu uns gefunden und dein Herz ausgeschüttet hast.
Dass es dir unangenehm und sogar peinlich ist, kann ich nachvollziehen. Doch sei da unbesorgt: So wie man sich Zeit seines Lebens verlieben, Partner:innenschaften beginnen und Sex haben kann, so kann man genauso Herausforderungen in der Beziehungsanbahnung sehen und sich schwer damit tun. Es hat eben nur zu einem gewissen Anteil mit dem jeweiligen Alter zutun.

Davon abgesehen freue ich mich, dass du jemanden gefunden hast, der dich so fasziniert und begeistert. Vielleicht hat sich ja auch schon etwas zwischen euch getan, dass sprichwörtlich "der Stein ins Rollen gekommen ist". Falls nicht, möchte ich dich genau da ermuntern - denn du hast wahrlich nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Und sei es, dass du um eine Lebenserfahrung reicher geworden bist.

Ich würde ganz klassisch vorschlagen, dass ihr euch einfach besser kennenlernen solltet. Unternehmungen, Gemeinsamkeiten finden, Gesprächsthemen, etwas zum Lachen... wenn wirklich die Chemie stimmt, müsst ihr euch dann gar nicht anstrengen, denn alles ist dann sehr, sehr leicht.
Ihr müsst nichts überstürzen. Gerade weil ihr beide so eure Hemmungen und negativen Erfahrungen gemacht habt, wäre es in der langsamen Gangart sehr sinnvoll und wohltuend. Es muss ja nichts Ernstes werden. Wenn du dich innerlich "lockermachst" und die Erwartungen runterschraubst, wirst du dich gleich erleichterter fühlen. Vielleicht ist sie nicht diejenige, mit der du das in absehbarer zeit verwirklichen kannst. Vielleicht aber auch schon. Das kannst du ja ganz gemächlich herausfinden und vor allem erspüren. Also nicht den Kopf arbeiten lassen, sondern ganz intensiv dein Herz. Mach es auf, zeige dich so, wie du eben bist. Das ist das Beste, was du machen kannst. Für dich (dein Wohlbefinden), und auch für sie, weil sie dann absolut weiß, woran sie ist und wie du tickst. Mit Ehrlichkeit, Wertschätzung und Interesse ist da schon viel gewonnen.

Zum Thema Angst vor dem Verletzen: Das haben sehr viele Menschen - eigentlich unbegründet. Denn erstens liegt es ja an einer:m selbst, ob und was verletzt. Und zweitens bringt es eine:n ja nicht um, mal etwas zu erfahren, was nicht so "schmeckt". Es gehört eben dazu. Natürlich sollte man sich höflich benehmen und nicht unnötig für Schmerz sorgen. Aber wenn man herzoffen handelt und nach dem "inneren Kompass" geht, kann das eigentlich nicht passieren. Weil man ja merkt, was unpassend, falsch und schmerzend sein würde. Außerdem kann man ja je nach Situation schauen, was und wie man etwas rüberbringt. Bestimmte Dinge müssen eben früher oder später auf den Tisch, besonders dann, wenn es um etwas Ernsthaftes geht. Es macht halt einen Unterschied, ob man etwas flapsig dahersagt, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Oder ob man empathisch ist und sich überlegt, ob der Moment passend ist. Doch wie schon erwähnt ist falsche oder übertriebene Vorsicht unnötig. Dein Gegenüber kann ja mit dir auch etwas ausdiskutieren oder schlicht nachfragen, wenn etwas seltsam rüberkam oder eine Kränkung im Raum stand. Größe zeigen diejenigen, die zugeben können: "Das ist eine bittere Pille für mich, doch ich bedanke mich für deine Offenheit. Ich werde an mir arbeiten, dass es mich nicht so runterzieht."

Ich hoffe, ich konnte dir mit meiner Einschätzung weiterhelfen. Du findest im Archiv sicherlich noch viele ähnliche Beiträge, welche dir nützlich sein können.

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala