extreme Gewaltvideos auf dem Handy
Hallo, ich habe kürzlich im Beisein meines Ehemannes auf seinem Handy einen Chatverlauf gesehen zwischen ihm und einem ehemaligen Arbeiter von ihm (wir sind selbstständig). Offenbar schickt ihm dieser schon seit Jahren Gewaltvideos, die so grauenhaft sind, dass ich es kaum in Worte fassen kann.
Da werden Menschen auf grausamste Weise gequält, missbraucht, gefoltert, verstümmelt und getötet.
Dieser Mann hat bei uns gearbeitet und gelebt, direkt auf dem Hof! Warum besitzt er so viele dieser Videos und schickt diese auch noch an meinen Mann?? Das ist doch absolut krank und verstört mich total.
Am meisten aber hat mich die Reaktion meines Mannes erschreckt. Er hat diesen Menschen nie gesperrt, nie reagiert, ihm nie gesagt er soll das lassen.
Für ihn ist das schlichtweg überhaupt kein Thema weil er laut Aussage meines Mannes "so ein guter Arbeiter ist".
Wir hatten schon vorher Probleme mit ausländischen Arbeitern, die Waffen mitgebracht haben, die uns gedroht haben, unseren Besitz zerstören wollten.
Ich habe immer mehr Angst und möchte solche Menschen nicht in unserem Leben haben. Ich kann überhaupt nicht verstehen wie mein Mann das einfach so tolerieren kann und uns beide (und auch seine Kinder die vorher hier gelebt haben!) dieser Gefahr aussetzen kann. Sowas ist doch kein normales Verhalten?
Ich weiß gar nicht wohin mit meinem Entsetzen.
Anwort von Nuala
Hallo du!
Ich kann sehr gut nachfühlen, dass du verstört bist und es nicht fassen kannst, dass dein Mann so anders damit umzugehen scheint.
Ich sehe vor allem zwei Möglichkeiten: Zum Einen solltest du mit deinen Gefühlen und Fragezeichen im Kopf nicht alleine bleiben. Bitte sprich nochmal in Ruhe mit deinem Mann und schildere ihm, was in dir vorgeht. Vielleicht könnt ihr euch extra ein paar Stunden dafür Zeit nehmen, einen langen Ausflug, Spaziergang, etc. machen, um genügend Abstand von den alltäglichen Anforderungen und Verpflichtungen zu bekommen.
Zum Anderen wäre es gut, wenn du dich abgrenzen würdest. Also ja, deine Standpunkte vertreten - und dann sehr strikt Konsequenzen formulieren. Wie diese Grenzen genau aussehen, kannst du für dich herausfinden. Scheue dich nicht, deine Bedürfnisse und Empfindungen sehr klar zu benennen und zu verteidigen!
Dann ist es dennoch so, dass Menschen sehr unterschiedliche Strategien haben, mit Geschehnissen umzugehen. Das muss man respektieren, auch wenn sie einem nicht "schmecken". Vielleicht gehört dein Mann eher zum pragmatischen Typ, der auch gut zwischen verschiedenen Bereichen trennen kann. Wenn du solch ein Verhalten auch aus anderen Situationen kennen solltest, würde es ja gut zum jetzigen Konflikt passen, dass er sich eben so raushält und die Vorzüge dieses Arbeiters in den Fokus rückt.
Hier ist es dann möglicherweise eher deine Lernaufgabe, eure Verschiedenartigkeit anzuerkennen und deinen Mann nicht verändern zu wollen. Natürlich kannst du Wünsche an ihn richten, zum Beispiel: "Ich wünsche mir, dass du eine deutlichere Haltung beziehst und dich gegen Gewaltkonsum aussprichst." Wichtig ist aber, dass du es nicht als Erwartung an ihr richtest, sondern eben als Wunsch, den er auch abschlagen darf und kann.
Alles in allem ist es sehr vorteilhaft, solche Schrecksituationen und Krisen als Gelegenheit für (noch) intensivere Beziehungsarbeit aufzugreifen. Also viel reden, sich austauschen, zuhören. Nicht nur mit deinem Mann, sondern auch mit Freund:innen und anderen Nahestehenden. Ihre Sichtweisen können dir sehr dienlich sein.
Doch wie schon oben erwähnt, geht es auch sehr darum, was es mit dir macht. Was verstört dich besonders - sind es die reinen Bilder, die Tatsache oder alles zusammen? Löst es vielleicht auch schlimmere Erinnerungen in dir aus...? All das genau zu erkunden, kann dir bei der Bewältigung helfen.
Konkret zum Thema Gewaltvideos kann ich dich auf diese Zuschrift verweisen: https://mein-kummerkasten.de/332255/Gewaltvideo-Wie-emotional-damit-umgehen.html
Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass du mit deinem Mann erleichternde, konstruktive Gespräche führen können wirst.
Sei herzlich gegrüßt,
Nuala