Problem von Anonym - 17 Jahre

Mutter wird gewalttätig

Hallo ich bin 17 und werde im Dezember jetzt 18. Ich halte es zuhause nicht mehr aus, meine Mutter trinkt nur noch Bier und das täglich. Sie kann bis zu einem ganzen Kasten Bier leer trinken. Vorkurzem war sie im Krankenhaus wegen einer Alkoholvergiftung und ich dachte sie würde dann aufhören und merken dass sie zu weit ging. Aber das tut sie nicht. Sie trinkt weiter und weiter. In dieser Zeit werde ich von A-Z beleidigt, ich meine so wie sie mich beleidigt sollte keine Mutter ihrem Kind gegenüber tun. Es kam auch oft dazu dass sie mich schlug. Einmal war es ziemlich stark. Sie zog meine Haare solange bis ich auf dem Boden lag und wollte mein Gesicht schlagen. Ich meine würde es einen Grund geben zu tun was sie tut, wäre es was anderes. Sie tut es aber grundlos, ich gehe ihr schon aus dem Weg, aber sie findet trotzdem jedesmal irgendeinen Grund mich beleidigen zu müssen. Für meine Schule möchte sie auch nicht zahlen. Sie zahlt garnichts für mich. Ich habe im Internet versucht zu informieren aber ich traue mich nicht mich irgendwo zu melden um hier endlich raus zu kommen. Zu Freunden kann ich nicht weil es mir unangenehm wäre und meine Freunde sowas nicht wirklich nachvollziehen könnten. Zu meinem Vater habe ich seitdem ich 3 bin keinen Kontakt. Ob ich mich beim Jugendamt melden soll ? Ich möchte nicht in irgendeinen heim kommen, irgendwie will ich es ihr auch nicht antun aber ich muss an mich denken. Es geht schließlich um meine Zukunft. Ich hoffe irgendeiner kann mir weiter helfen.

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Liebe Ratsuchende,

Ich danke dir sehr für dein Vertrauen und möchte mich direkt auch bei dir entschuldigen, das Du so lange hast warten müssen.

Alkohol hat viele Nachteile im Leben von uns Menschen, vor allem dann wenn man es maßlos übertreibt und den Alkohol braucht. Daran geht vieles kaputt und es ist meiner Einschätzung nach die schlimmste Droge, die wir in Deutschland frei verkaufen und trotzdem obliegt es nun mal jeden Erwachsenen Menschen selbst zu entscheiden, ob man die eigenen Grenzen (und dann meist auch die der Mitmenschen) überschreitet, oder ob man andere Wege und Möglichkeiten für sich selbst auch sehen kann. Ich bin absolut niemand der hier urteilen möchte - denn man darf nicht vergessen: Es ist eine schwere Krankheit, wenn man tief in der Sucht steckt und es ist unglaublich wertvoll, wenn man es schafft, sich davon zu entfernen. Aber ich denke, das es unfassbar schwer ist. Trotz das es eine Krankheit ist möchte ich dir trotzdem eines ganz klar mitteilen: Was deine Mutter dir damit antut ist absolut schrecklich und es gibt meiner Meinung nach keine Entschuldigung dafür, wenn man das eigene Kind beleidigt, schlägt und psychisch belastet. Krankheit hin- oder her. Das musst du absolut nicht "ertragen" und Ich bin hier in deinen letzten Sätzen ganz bei dir. Du musst da raus und Du musst nun an deine Zukunft denken!

Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, wie sehr du bereits unter der Situation deiner Mutter gelitten hast und wie sehr es dich schon durch die letzten Jahre - vielleicht sogar durch dein ganzes Leben begleitet hat. Umso viel Stärke zeigt es, das Du ausbrichst und den Kreislauf der sich abspielt unterbrichst. Nun müssen wir bei allem weiteren sehen, du gehst derzeit noch zur Schule und zum anderen das Du 17 Jahre alt bist. und es nur noch wenige Tage dauern wird das du volljährig bist. Mit der Volljährigkeit tut sich für dich rechtlich natürlich einiges. Zum Einen ist das Super, denn Du kannst vieles selbst entscheiden. Zum anderen geht aber auch ein wenig an Begleitung verloren.

Wenn hier in Deutschland eine junge Frau mit 17 Jahren das Elternhaus verlassen muss, dann wird es nicht zwingend dazu kommen, das Du in ein Heim kommst. Lass dir das hiermit von jemandem mitteilen, die sich hier ganz sicher sein kann. Neben dem klassischen Heim, gibt es noch viele weitere Betreuungsformen. Wohngruppen und auch Möglichkeiten alleine zu wohnen, mit Betreuung, die dann zu einem Nachhause kommt. Hab also nicht zwingend Angst, das man dich wie früher in ein 8-Bett Zimmer packt mit Gemeinschaftsbad auf dem Flur. So sieht das heute nicht mehr aus. Oft hat man Einzelzimmer, oder ist zu zweit. Du musst da keine Angst haben, denn Du bist beim Jugendamt von Menschen umgeben, die dir helfen werden. Die wollen dir sicher nichts schlechtes und du hast auch nichts zu verlieren, wenn Du dich informierst und in eine andere Wohnsituation kommst. Es wird nirgendwo so sein, wie nun bei dir Zuhause und du wirst überall Menschen finden auf deinem Weg, die dich wertschätzen werden. Genau so soll es auch sein.

Bei dir würde ich wirklich meinen "Wer nicht wagt, kann nicht gewinnen", denn es wird sicher besser werden als jetzt. Es geht nun darum, das Du lernst auf dich zu achten und deine Bedürfnisse wahr zu nehmen und das umzusetzen, was Du brauchst. Du orientierst dich jetzt und in den nächsten Jahren für deine weitere Zukunft und legst kleine Hilfen hierfür an. Was ist es, was Du dir für dein Leben wünscht? Ich kann mir deine Zweifel vorstellen, das Du auch deine Mutter nicht alleine lassen möchtest und Ihr das nicht antun möchtest, sie zu verlassen. Aber es geht um dich. Hier darfst du egoistisch sein, zumal sich deine Mutter auch nicht wirklich bemüht, das Du dich Zuhause wohl fühlen kannst, oder? Mach es ihr klar wie es ist. Du gehst, um für dich gutes zu tun und nicht um Sie zu schaden! Es muss auch nicht heißen, das Ihr euch nie wieder sprechen werdet - aber es geht darum, das Du in Zukunft einen schützenden Rahmen bekommst irgendwo in einer Wohnung oder Einrichtung, wo Du dich sicher fühlen kannst und wo Du dich um dich kümmern kannst. Und dann wenn Du das auch möchtest und es dir gut tut, dann kannst du dich an deine Mutter wenden. Schritt für Schritt. Oft ist so ein Abstand auch ganz hilfreich, damit man die Momente, die man dann hat, anders nutzen kann und eben auch dafür gut, damit beide Seiten einmal überlegen können, was anders laufen sollte. Ich sehe so viele Vorteile bei einem Auszug, aus deiner jetzigen Situation. Und wie geht es dir nun damit?

In einer akuten Situation, wenn deine Mutter dich schlägt oder du totale Angst hast Zuhause zu bleiben - dann kannst du natürlich in jedem Moment auch die Polizei anrufen und bitten, das Du nicht Zuhause bleiben musst. Dann wird sich auch eine Möglichkeit finden. Geplanter ist da natürlich das Jugendamt hilfreicher, sodass Du hier einmal anrufen oder hingehen kannst, um Hilfe zu erbitten. Wenn Du klar machst, das Du Zuhause nicht bleiben kannst und deine Situation schilderst, wirst du nicht ohne Hilfe vor die Tür gesetzt, sondern man wird sich mit dir überlegen, was möglich ist und was helfen kann. Vielleicht gibt es auch Mittel und Wege, das Du Zuhause bleibst, aber sich dort etwas ändert und dort Hilfe gegeben wird - aber all das was möglich ist wird man herausfinden. Wenn Dir das Jugendamt hier als erster Ansprechpartner zu "groß" "schnell" was auch immer ist, dann sind auch Beratungsstellen in deiner Nähe hilfreich, die dich unterstützen können bei nötigen Gängen. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, das Du mit finanzieller Unterstützung selbst eine Wohnung bekommen kannst. Man wird es sehen.

Hier findest Du Beratungsstellen in deiner Nähe: https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/

Auch möchte Ich dir noch weitere Links ans Herz legen:
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/28/Alkoholmissbrauch.html
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Das deine Mutter dein Schulgeld nicht bezahlen möchte/ nicht bezahlen kann kommt natürlich auch hinschwerend hinzu. Hast du diesbezüglich mal direkt in deiner Schule bei Klassenlehrkraft oder Schulsozialarbeit/Vertrauenslehrer Rat gesucht? Manchmal haben diese vor Ort auch noch passende Ansprechpartner für dich, die dir auch nochmal weiterhelfen können.

Es ist irgendwo schade, das Du mit deinen Freunden darüber nicht sprechen kannst und nicht möchtest, weil Sie dich vielleicht nicht verstehen würden. Manchmal reicht es aber auch, wenn uns jemand zuhört und man einfach mal alles loswerden kann, ohne das derjenige oder diejenige eine Antwort parat haben muss. Es wäre schon gut, wenn Du dich anvertrauen könntest. Außerdem ist es vielleicht in deiner Schule mit Nachmittagsangeboten so, das Du auch dort neue Bekanntschaften und neue Hobbies für dich entdecken kannst, sodass Du dich auch neben der Beschäftigung mit deiner Persönlichen Situation etwas Ablenken kannst und nicht ständig daran denken musst. Du bist jung und solltest bei all dem nicht vergessen selbst auch zu LEBEN und Dinge zutun, die dir gefallen, die dir Spaß machen und dich weiterbringen werden. Das ist ganz wichtig, damit du dich wohl fühlen kannst - versuche es mal!

Mein Rat an dich: Geh da raus und fange an, das Du dich um dich kümmern kannst! Du kannst dich natürlich auch jederzeit erneut an uns wenden oder gerne auch berichten, wie Sich deine Situation weiter verändert. Im Voraus wünsche Ich dir auch einen schönen 18! Geburtstag, wann immer im Dezember - es dauert nicht mehr lange.

Ich wünsche Dir Alles Liebe und Gute,
Julia