Problem von Anonym - 36 Jahre

Ist unsere Ehe eine Ehe?

Hallo liebes Team.

Ich bin mit meinem Mann seit 11 Jahren zusammen, seit 3 Jahren sind wir verheiratet.
Wir arbeiten seit 9 Jahren eng zusammen. Wir verbringen so zu sagen Tag und Nacht miteinander.

Für mich fühlt es sich schon lang nicht mehr "richtig" an, seit einem starken Jahr überhaupt gar nicht mehr richtig.

Außer der Arbeit scheinen wir keine gemeinsamkeiten zu haben bzw. gehen uns eigentlich auf die nerven. In der Arbeit läuft es auch mehr schlecht als recht. Verschiedene Jobs fällt auf Grund der Situation weg. Wir kommen beide nciht los von unserem Job.

Seit wir verheiratet sind hatten wir 2x sexuellen Kontakt, selten Intime Momente. Das beschämt mich persönlich sehr. Ihm scheint es nichts auszumachen. Für mich fehlt ein essenzieller Teil des Lebens.
Er schläft seit gut einem Jahr auf dem Sofa.
Sehr unbefriedigend!

Miteinander kommunizieren ist auch ein Thema welches nicht so recht funktioniert. Ich beschreibe ihm wie ich mich fühle und das ich mir nicht vorstellen kann mein restliches Leben so zu verbringen wie es ist - er meint uns geht es doch gut, er braucht nichts zu ändern. Natürlich geht es uns "gut" - aber ist es das was ich will? Nein, für mich ist es das noch nicht gewesen. Ich hab noch nicht abgeschlossen mit mit meinem Leben.

Unternehmungen mache ich zu 95% selbst, gehe allein in Urlaub, verbringe meine Freizeit draußen.

Ich kann Seiten füllen mit Punkten die mir nicht gefallen die für ihn scheinbar aber wunderbar sind.
Wir haben keine Kinder die uns zusammenhalten - nur das Geschäft.

Ich suche nicht nach absolution, ich suche nach Anregungen wie ich es schaffe meine Koffer zu packen und mein eigenes Ding zu machen. Mir fehlt der letzte Mut es zu tun.
Wie schaffe ich das?

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Liebe Ratsuchende,
ich danke dir für deine Nachricht und dafür, dass du dich uns anvertraut hast.

Zunächst möchte ich dir sagen, dass ich es toll finde, dass du so reflektiert bist und genau weißt, was du möchtest und auch, was du definitiv nicht mehr möchtest.
Das ist unglaublich viel wert.
Deswegen werde ich mich jetzt auch nicht darauf konzentrieren dir zu schreiben, was ihr (noch) tun könntet, um eure Ehe zu retten/zu verbessern.
Außerdem hast du das ja schon versucht. Du hast ihm gesagt, wie es dir geht, dass du unglücklich bist etc.
Es ist schade, dass sich trotzdem nichts geändert hat.
Aber weißt du was? Das ist absolut ok. Es ist leider nichts das, was man sich für die gemeinsame Zukunft gewünscht hat, aber manchmal kommt es nun mal vor, dass man sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, andere Vorstellungen vom Leben hat als der Partner....dass es einfach nicht mehr passt.

Und dann ist es ganz wichtig, dass man dementsprechend reagiert.
Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Partnerschaft/Ehe das Leben verschönern und nicht verkomplizieren sollte.
Bitte nicht falsch verstehen. Ich meine damit nicht, dass man sich trennt, sobald es mal schwierig ist oder Probleme gibt, sowas sollte man natürlich gemeinsam durchstehen und zusammen daran wachsen, aber in eurem Fall, ist die Basis dafür ja nicht (mehr) gegeben.

Ganz rational betrachtet seid ihr ja quasi bereits getrennt. Ihr verbringt keine Zeit zusammen, habt kein Sexualleben mehr, er schläft seit Längerem auf dem Sofa usw.
Ganz überspitzt ausgedrückt, bist du ein verheirateter Single.
Um deine Frage in der Überschrift aufzugreifen:
Nein, das ist keine (glückliche) Ehe. Und damit solltest du dich nicht abfinden.
Ich bin zwar der Meinung, dass man trotz Beziehung auch in der Lage sein sollte, Zeit alleine und mit Freunden zu verbringen und das auch zu genießen.
Teil eines "Wirs" zu sein, darf und sollte nämlich niemals bedeuten, dass man kein "Ich" mehr ist.
Die Balance sollte natürlich gegeben/ausgeglichen sein.

Du hast ja offenbar bereits den Entschluss gefasst deine Koffer zu packen. Kannst du festmachen, was dich noch daran hindert? Liegt es zum Beispiel daran, dass ihr auch Arbeitskollegen seid?
Ein Jobwechsel würde die Situation natürlich vereinfachen, aber zwingend notwendig ist er für den Moment ja nicht unbedingt.
Da macht es immer einen großen Unterschied, "wie" man sich trennt.
Das kann man ja auch im Guten machen.
Ich würde vorschlagen ihm deine Entscheidung mitzuteilen und, ganz wichtig, ihm dabei keine Vorwürfe zu machen.
Sag ihm, dass du nicht mehr glücklich bist und er ja offenbar auch nicht. Eine Trennung gibt euch beiden die Chance, euer Leben neu zu ordnen und zu gestalten.
Es ist kein Versagen eurerseits, es hat sich einfach im Laufe der Zeit so entwickelt.
Ich denke es ist auch nicht in deinem Interesse ihm weh zu tun. Ihr habt euch verliebt, ihr habt euch geliebt, ihr habt geheiratet und wieso das mal so war, darf man einfach nicht vergessen.
Unabhängig davon wie die Situation aktuell ist, sollten Respekt und Wertschätzung gewahrt bleiben.

(Kleine Randbemerkung, auch für andere, die das hier lesen:
Ich beziehe mich dabei nicht auf Dinge wie Betrug, Gewalt in der Beziehung o.ä.
Es meine das in Bezug auf Paare, die sich auseinander gelebt haben)

Es kann am Anfang auf der Arbeit komisch sein sich zu begegnen, aber ich kann mir sogar vorstellen, dass es euch gut tun würde. Eine endgültige Trennung räumt alles aus, was momentan (ungesagt) zwischen euch steht.
Ich gehe wie gesagt davon aus, dass er auch nicht glücklich ist und vielleicht fehlt ihm der Mut es auszusprechen.

Ich hoffe sehr, dass ihr beide die Chance nutzt, die euch durch eine Trennung gegeben wird.
Ihr habt es beide verdient glücklich zu sein.
Es ist immer schwer sich zu trennen und eine etwaige Scheidung ist ja leider auch mit viel Belastung und Kosten verbunden, aber das darf nicht gewichtiger sein als Zufriedenheit und Glück.

Ich hoffe sehr, dass ich dir den nötigen Mut geben konnte den letzten Schritt zu gehen.
Sieh das eventuelle Ende bitte auch als Anfang von etwas Neuem.
Wer weiß, vielleicht gehört dazu auch in naher oder ferner Zukunft ein neuer Mann, mit dem du die Art von Beziehung führen kannst, die du dir vorstellst, gib dich bitte nicht mit weniger zufrieden. Kompromisse einzugehen gehört zwar dazu, aber die Basis sollte stets stabil sein.
Ich wünsche dir von Herzen, dass sich alles zum Guten wendet.
Melde dich gerne jederzeit wieder, wenn du noch Fragen hast oder erzählen möchtest, wie es weitergegangen ist.

Viele Grüße,
Sarah