Problem von Anonym - 17 Jahre

Panische Angst vor Erste-Hilfe-Kurs

Hallo,

ich weiß echt nicht an wen ich mich wenden soll, da niemand dieses „Problem“ ernst nimmt, deshalb wende ich mich mal an euch. Ich leide unter Angstzuständen/Panikattacken die ich im Alltag eigentlich echt gut im Griff habe, doch bei Themen wie Tod/Krankheit/Blut bekomme ich eben diese Panik. Nun mache ich allerdings gerade meinen Führerschein und muss dafür ja den Erste-Hilfe-Kurs machen, ich weiß jedoch wirklich nicht, wie ich das schaffen soll. Mir wird übel, schwindelig, ich spüre meine Hände nicht mehr und denke ich kippe um. Bisher ist das zwar noch nie passiert in den 2 Jahren die ich jetzt schon Panik habe, doch trotzdem fühlt es sich jedes mal so an, als würde mein ganzer Körper nicht mehr funktionieren (schwer zu erklären, ich hoffe mich erklärt hier niemand für verrückt). Mein Umfeld nimmt das alles nicht ernst und sagt, dass ich mich einfach nicht so anstellen soll, aber ich weiß echt nicht weiter. Nun ist meine Frage, wie ich da möglichst ruhig ran gehen kann oder das „überleben“ kann, denn allein bei dem Gedanken kommen mir die Tränen und ich denke, dass ich einfach nie meinen Führerschein schaffen werde...

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Das klingt sehr belastend und ich möchte dir gerne beistehen, indem ich dir meine Einschätzung übermittle.
Zunächst einmal kenne ich die Problematik, dass das Umfeld sehr unsensibel und verständnislos reagiert, aus eigenen Erfahrungen und von anderen Betroffenen. Es kommt sehr oft vor, dass eine wirkliche Anteilnahme ausbleibt, vielleicht sogar die eigene Hilflosigkeit und Überforderung mit plumpen Worten wie den von dir genannten "Stell dich nicht so an" etc. übertüncht werden. Doch damit müssen wir uns nicht abfinden. Bis es da noch mehr Fingerspitzengefühl geben wird, ist es noch ein gewisser Weg, der zurückgelegt werden muss. Das bedeutet aber nicht, dass du dich damit abfinden musst. Es ist für alle deine Mitmenschen zumutbar, dass es dir mitunter schlecht geht und das auch offensichtlich wird. Es gibt schon so viel Maskerade und Anpassungsdruck, da musst du keinesfalls mitmachen! - Du kannst beispielsweise sehr bei dir bleiben und sagen: "Doch, ich stelle mich an, weil es sehr schwer für mich ist. Ich wünsche mir sehr, dass es anders wäre, doch es geht aktuell einfach nicht." Oder eben mit deinen Worten.

Das allein ist allerdings zu wenig, um dir wirkliche Unterstützung einzuholen. Du schreibst nicht, ob du bereits psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen hast. Genau das wäre sehr, sehr wichtig! Denn allein bekommt man solche gravierenden seelischen Schwierigkeiten seltenst "in den Griff" (ich finde die Bezeichnung schwierig). Hier ist unsere Soforthilfe zum Thema Psychotherapeut:in finden: https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html
In deinem Fall könnte sogar ein stationärer Aufenthalt in einer Fachklinik passend sein. Dazu auch ein entsprechender Link: http://dgkjp.de/kliniken
Wir haben speziell zu Panik, Angst, Phobie eine Soforthilfe, dich ich dir ebenfalls ans Herz legen möchte:
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/52/Angst-Furcht-Phobie-Panik.html

Nun zum Thema Führerschein machen: An sich kann ich nachvollziehen, dass du diesen jetzt unbedingt schaffen möchtest. Das ist ja auch ein Meilenstein, der unabhängiger machen kann. Gleichzeitig macht es eine:n stolz, es geschafft zu haben.
Dennoch sehe ich dich gerade an dem Punkt, dass du dich ganz dringend um deine psychische Gesundheit kümmern solltest - und der Führerschein auf einem viel weiter hinten liegenden Platz rangieren müsste. Alles andere ergibt gerade wenig Sinn. Selbst wenn du dich irgendwie durch den Erste-Hilfe-Kurs schleppen würdest, hättest du das Grundproblem nicht gelöst. Und sogar mehr als das: Es ist schlicht und ergreifend gefährlich! Solange du nicht therapeutisch und/oder psychiatrisch untersucht und behandelt wirst, ist es einfach fahrlässig, dich in so komplexe Situationen wie im Straßenverkehr vorhanden zu entlassen. Was machst du denn, wenn du beim Autofahren urplötzlich Panik hast und einen Unfall hast? Was machst du, wenn du anderen Menschen helfen musst, aber wegen Blut und anderen Triggern selbst in Gefahr gerätst? Die Liste der kritischen Fragen ließe sich beliebig fortsetzen.
Also: Es MUSS immer erst an die Beseitigung der Ursachen für die seelische Not gehen - alles andere muss hinten anstehen.

Du musst niemandem etwas beweisen. Der Führerschein läuft dir nicht davon - wer etwas anderes behauptet, ignoriert deine wahren Befindlichkeiten und Nöte. Deine Gesundheit geht vor! Und dann kannst du Schritt für Schritt weitermachen, in deinem persönlichen Tempo. Du musst dich nicht unter Qualen irgendwelchen äußeren Vorgaben anpassen. Sondern das Äußere ergibt sich aus deinem Inneren. Wenn es dir besser oder sogar gut geht, wirst du entsprechende Erfolge im Außen sehen können.

Übrigens ist es eine blöde Illusion, dass du deinen Führerschein nie schaffen wirst. Du bist erst 17 - manche Leute machen ihren Führerschein erst mit 54 oder auch gar nicht. Was soll es auch. Wir leben in Zeiten, in denen sowieso ein Umdenken stattfindet.
Versuche, ganz bei deinen wahren Bedürfnissen zu sein und dich nicht zugunsten von irgendwelchen fragwürdigen Idealen zu verraten. Schütze dich und deine Seele, lass sie heilen und gib dir selbst auch die nötige Zeit dafür!

Falls du noch mehr zum Thema Umgang mit Gefühlen, Selbstfürsorge, etc. erfahren möchtest, kannst du hier im Archiv ganz viel finden. Mein Tipp: Alle Gefühle dürfen da sein, durchlebt und angenommen werden. Versuche, sie durch dich durchfließen zu lassen, ohne Zensur und Vorbehalt. Je mehr du sie annehmen kannst, desto eher kannst du dir selbst helfen und gelassener werden.

Ich wünsche dir alles Liebe, viel Durchhaltevermögen und eine Zeit voller Heilung und Ruhe.

Nuala