Problem von Anonym - 13 Jahre

Ich habe mich geritzt und bereue es

(Es tut mir schon im Vorfeld leid, wenn dies schon einmal beantwortet wurde)

Ich habe mich vor kurzem geritzt und habe im Internet nach Hilfe gesucht, da ich die Narben verstecken will. Aber keine einzige scheint mir angemessen zu helfen.

Ich weiss nicht, wie die Narben aussehen werden, denn ich habe erst vor kurzem angefangen, mich mit einer Rasierklinge zu schneiden. Ich kann aber mit keinem darüber reden, da ich es meinen Freunden und meiner Familie nicht sagen will. Ich habe nur eine Freundin, die ich übers Internet kennen gelernt habe und schon seit über einem Jahr kenne, mit der ich über alles reden kann. Da ich aber ziemlich oft Handyverbot von meiner Mutter bekomme und mein Handy am Abend abgeben muss, bleibt mir kaum Zeit, bzw. habe ich kaum eine Möglichkeit, mit ihr über meine Probleme zu reden.

Anfags ist das ritzen für mich ziemlich befreiend, aber wenn ich dann immer auf meinem blutenden Arm runter schaue, bereue ich es im nachhinein, doch trotzdem kann ich nicht aufhören.

Wie kann ich die Wunden verstecken? Mit wem kann ich über meine Probleme reden?

Ich habe Angst.

Danke schon mal.

LG

Anwort von Shannon

Liebe Fragestellerin,

es ist sehr mutig von dir, dass du dich hier gemeldet hast.
Du schreibst, dass du dich seit einiger Zeit selbst verletzt, weil es sich für dich befreiend anfühlt.
Ich kann nachvollziehen, dass es dir schwer fällt, mit deinen Freunden oder deiner Familie darüber zu sprechen. Vielleicht möchtest du sie nicht belasten oder hast Angst, dass sie sauer werden.
Eventuell ist es für dich aber nicht so unvorstellbar, mit ihnen darüber zu sprechen, warum es dir schlecht geht, anstatt ihnen zu sagen oder zu zeigen, dass du dich verletzt hast. Dieses Reden allein kann sich schon sehr erleichternd anfühlen.

Wenn du dir selbst nicht sicher bist, warum es dir gerade nicht gut geht, hilft es dir vielleicht, deine Gedanken mal aufzuschreiben und so zu sortieren. Komplett wertfrei und ungeordnet schreibst du einfach alles auf, was dir durch den Kopf geht und dich belastet. Was stimmt dich traurig, einsam oder nachdenklich? In welchen Situationen hast du das Bedürfnis, dich zu verletzen? Welche Gedanken hast du davor und dabei? Das sind zum Beispiel Fragen, die du versuchen kannst, zu beantworten.
In diesem Zuge kannst du auch aufschreiben, was dir gerade in deinem Leben gefällt. Deine Hobbys beispielsweise oder Dinge, die du an dir magst oder an deinem Umfeld schätzt. Einfach alles, was dich glücklich macht.
Nachher kannst du dir deine Gedanken nochmal genau anschauen und versuchen, Struktur hinein zu bringen.

Dass du in der Freundin, die du über das Internet kennengelernt hast, jemanden gefunden hast, mit dem du über alles reden kannst, ist super!
Für den Fall, dass du dich deiner Mutter gegenüber nicht öffnen willst, wird es vermutlich schwierig, sie davon zu überzeugen, das Handyverbot aufzuheben, damit du mit der Freundin sprechen kannst. Je nach dem, aus welchem Grund du Handyverbot bekommst, kannst du es aber vielleicht verhindern, oder versuchen, mit deiner Mutter einen Kompromiss zu finden. Zusätzlich ist es vielleicht einen Gedanken wert, sich einer weiteren Person anzuvertrauen, sodass du nicht auf dein Handy angewiesen bist.
Wenn es für dich in Frage kommt, dich jemandem zu öffnen, du dich aber nicht an deine Freunde oder Familie wenden willst, gibt es noch einige andere Anlaufstellen, zum Beispiel Vertrauenslehrer. Außerdem gibt es die Möglichkeit, mit Therapeuten zu sprechen, die genau dafür ausgebildet sind. Du kannst aber auch erstmal zu deinem Haus- (oder Kinder-)arzt gehen. Entweder kannst du ihm davon erzählen, was dich belastet, oder du sagst nur, dass dich etwas belastet und du nicht weißt, mit wem du darüber reden kannst. Er kann dir weitere Tipps geben und (wenn du das möchtest) eine Überweisung zu einem Therapeuten ausstellen. Sowohl Therapeuten als auch der Arzt unterliegen selbstverständlich der Schweigepflicht, aber auch darüber darfst du sie alles fragen, was du wissen willst, bevor du dich ihnen anvertraust.

Wie deine Wunden verheilen und danach aussehen werden, kann ich dir nicht sagen. Dass du sie verstecken willst, zeigt aber ja, dass du selbst gar nicht willst, dass man überhaupt etwas sehen kann. Du bist dir dem Problem, das mit dem Verletzen einher geht, bewusst, das ist eine sehr gute Basis. Der nächste Schritt, nämlich aktiv ins Handeln zu kommen, ist definitiv auch nicht einfach, aber es gibt Menschen, die dich dabei unterstützen. Du kannst mit der Freundin und dann auch weiteren Bezugspersonen beispielsweise absprechen, was du dir vornimmst, das nächste Mal zu tun, wenn der Drang, dich zu verletzen, einsetzt. Wenn du das nächste Mal mit ihnen sprichst, könnt ihr überprüfen, ob es dir geholfen hat, und eventuell weitere Strategien erarbeiten.

Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen!

Liebe Grüße

Shannon