Problem von Daniel - 18 Jahre

Ich denke ich werde wie mein Vater

Also naja wie im Titel steht habe ich die Befürchtung das ich zu meinem Vater werde.
Damit man das versteht muss ich ein bisschen ausholen also mein Vater hat meine Mutter sehr lange betrogen und ich bin nie wirklich mit seiner neuen Freundin zurecht gekommen dazu Kamm dann noch die Manipulationen das ich denke meine mum hätte schuld gehabt und das konstante schlecht machen von allem was ich mache und denn Druck das ich auf mehr Partys und so einen dreck gehe auch wenn es mir nicht gefällt sowas halt...ich habe immer gedacht das ich das ganze recht gut verkraftet habe aber anscheinend nicht. Ich hatte jetzt vor kurzem eine echt gute Freundin aber ich habe es kaputt gemacht weil ich kein Vertrauen zu ihr haben konnte auch wenn sie nichts getan hat und nach schon einer kurzen Zeit (1 Monat) hatte ich komplett das Interesse an ihr verloren und habe sie dann nur noch hingehalten weil ich nicht alleine sein wollte...ich hatte auch öfters ans Fremdgehen gedacht um sie einfach nur zu verletzen und als ich dann diese Gedanken bekommen habe habe ich es sofort beendet weil sie sowas nicht verdient hat.
Ich weiß nicht was ich machen soll...ich habe Angst das ich ihm doch so ähnle...

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Daniel,

ich möchte dich beruhigen - denn ich glaube, dass deine Sorge unberechtigt ist.

Es ist schon so, dass wir sehr geprägt werden von unseren frühesten Erfahrungen in unserer Familie. Das kann sich durchaus auf das Bindungsverhalten auswirken und auf das Vermögen, anderen Personen Vertrauen zu schenken.
Aber: Du bist nicht einfach nur die Kopie deines Vaters. Wir alle sind hochkomplexe Wesen, die viele, viele Seiten in uns tragen! Dazu kann unter anderem auch mal gehören, dass wir mal Lust auf etwas Böses haben - ohne tieferen Sinn. Das zu akzeptieren halte ich für viel gesünder, als sich selbst dafür Vorwürfe zu machen.
Und schon gar nicht bist du das Produkt deiner Vergangenheit. Du kannst dein Leben komplett selbst gestalten und dich dabei immer für das Gute, für die Liebe im weitesten Sinne entscheiden. Das ist dein Wille! Und wenn du selbst alles in der Hand halten möchtest, dann schaffst du das auch. Du entscheidest dich also bewusst dafür: "Ich gehe respektvoll mit meiner Freundin um.", "Ich bin ehrlich und hintergehe niemanden.", "Ich spreche Dinge an, die mir auf der Seele liegen." usw.

Ich kann mir vorstellen, dass du sehr tief enttäuscht und gekränkt bist. Das darf auch sein! Wir sind doch alle mit dem Disney-Bild von Liebe und Beziehung aufgewachsen. Wir wollen auf keinen Fall Seitensprünge, Trennungen, Scheidungen erleben. Und doch gehören sie auf gewisse Weise dazu - denn Scheitern an sich gehört zum Auf- und Ab des Lebens dazu.
Letztlich wurdest du "ent-täuscht", also entzaubert. Dein Vater hat nicht so gehandelt, wie du es dir gewünscht hättest. Und diese Entzauberung macht etwas mit dir. Es ist ja auch so viel schöner, die eigenen Eltern als Vorbilder zu sehen und mit ihnen in einer tragenden Verbindung zu sein. Doch die Realität sieht längst nicht so rosig aus. Besser gesagt: Es ist nicht alles so eindimensional,wie wir es oft gerne hätten.

Sieh es einmal so: Menschen haben ganz verschiedene Gründe, warum sie etwas tun. In deinem Fall kann es sein, dass du ganz andere "Motive" hast, warum du dich bei deiner Ex-Freundin so benommen hast, als es bei deinem Vater für dich rückblickend ausgesehen hat.
Streng genommen weißt du doch gar nicht, was in deinem Vater vorgegangen ist und wie er alles wahrgenommen hat. Vielleicht sind das komplett andere Ursachen im Spiel und andere Blickwinkel, die er hat. Das anzuerkennen kann sehr viel zur Versöhnung beitragen.

Trotzdem möchte ich betonen, dass es sehr unerfreulich ist, einen jahrelangen Betrug mit Manipulationen zu bemerken.
Doch hey - auch daraus kannst du lernen: Du bist da jetzt sensibilisiert und kannst andere Personen frühzeitig warnen, falls dir z.B. im Bekanntenkreis etwas Ähnliches auffallen sollte.

Außerdem möchte ich dir noch etwas mitgeben: Betrogenwerden ist immer mies und fühlt sich schrecklich an - meistens auch für diejenigen, die den Betrug vollziehen. Denn das schlechte Gewissen ist oft mit dabei. Gleichzeitig ist es ziemlich normal,dass man nicht alles richtig machen kann. Das an den eigenen Eltern zu bemerken, ist natürlich sehr unangenehm. Aber genauso wie deine Eltern tolle Dinge für dich getan haben, machen sie eben auch Fehler. Und das solltest du auch deinem Vater zugestehen. Hast du denn mal überlegt, was dir besonders an ihm gefällt? Was ihr aneinander habt? Auch wenn dir auf Anhieb nichts Positives einfallen sollte, so ist es vorhanden! Und es lohnt sich, sich das sehr genau vor Augen zu führen.

Und auch wenn es dich vielleicht verstören mag: Selbst die liebsten Zeitgenoss:innen können einen Seitensprung begehen und dabei den Mumm nicht aufbringen, es direkt zu beichten. Weil Angst vieles verhindert, was eigentlich Verbesserungen und Heilung bringen würde. Wir sollten uns dessen einfach bewusst sein, dass Lügen und Betrug ein Bestandteil unseres Lebens sind - nichtsdestotrotz sollten wir alles dafür tun, sie so gering wie möglich zu halten, um das Negative nicht "salonfähig" zu machen. Sich am Positiven und moralisch Einwandfreien zu orientieren ist immer der richtige Weg! Nur sollten wir nachsichtig sein mit denjenigen, die es nicht schaffen, das konsequent einzuhalten, auch wenn sie eigentlich gute Absichten haben. Solange es Feigheit, Druck und Verstrickungen gibt, wird es stets eine Herausforderung sein. Deswegen sollten wir uns in Vergebung üben, anstatt jemanden immer zu verurteilen. Und vielleicht kannst du das auch eines Tages für deinen Vater schaffen.

Zurück zu dir und deiner Freundin.
Versuche, dich und deine Beziehung getrennt von dem zu sehen, was dein Vater getan hat. Schaue also nur auf das, was aktuell zwischen euch los ist. Bzw. arbeite an dir und an dem, was bei dir kaputtgemacht wurde (hier helfen u.a. Familienberatungsstellen, ggf. wäre auch ein psychologisches Gespräch gut für dich).
Außerdem dachte ich mir noch Folgendes, da kannst du einmal hineinfühlen:
- Es kann doch sein, dass dieses Mädchen nicht so gut zu dir passt und du das unbewusst gespürt hast. Möglicherweise hat dich das überfordert? Da wäre es ja denkbar, dass du "aus Not heraus" irgendwelche Auswege zusammenfabuliert hast, nur um dich zu lösen... das sind ganz menschliche Regungen, für die du dich nicht schämen müsstest.
- Vielleicht bist du auch einfach noch nicht bereit für eine Beziehung. Mit 18 Jahren bist du noch relativ jung - und auch wenn immer suggeriert wird, dass es total normal sei, in deinem Alter schon x Beziehungen gehabt zu haben, kannst du dich da wirklich entspannen und schauen, was du WIRKLICH brauchst. Es schadet nicht, sich (viel) Zeit zu lassen und nicht "wahllos" Beziehungen einzugehen. Sich irgendwie toll zu finden sollte keine Grundlage für eine Partnerschaft sein.
- Egal was es genau war - du kannst daraus lernen und dir gute Vorsätze ableiten. In jedem Fall gibt es keinen Anlass zur Annahme, dass du ein "schlechter" Mensch sein könntest oder so Käse. Du kannst dich eigentlich schon auf zukünftige Partnerschaften freuen, denn wenn du auf dich achtest, deine Persönlichkeit so annimmst, wie sie ist und dir dadurch selbst treu bleibst, wirst du sicherlich auch eine entsprechende Frau anziehen, die sich bei dir sehr wohlfühlt. Und bei sehr starker Liebe können auch die tiefsten Gräben gemeinsam durchschwommen werden!

Abschließend habe ich noch einen Vorschlag, um die Situation mit deiner Ex-Freundin zu einem angenehmeren Abschluss zu bringen. Bitte sprich mit ihr und erkläre ihr alles. Sonst bleibt auch sie ggf. verstört zurück, mit unnötig vielen Fragezeichen und Verunsicherungen. Und auch das könnte sich wiederum negativ auf ihre weiteren Beziehungsversuche auswirken - also übernimm hier bitte Verantwortung und kläre sie über deine Motive auf. Hier kannst du auch am deutlichsten beweisen, dass du anders handeln kannst, als es dein Vater einmal getan hat: Indem du dich für menschliche Wärme, Mitgefühl und Ehrlichkeit entscheidest.

Ich wünsche dir alles Liebe,
Nuala