Anwort von Nuala

Lieber Leo,

ich kann verstehen, dass dich das sehr mitnimmt. Einerseits ist es schon fragwürdig, dass deine Mutter überhaupt so weit geht. Andererseits müsstest du dich vielleicht auch selbst fragen, ob es vielleicht eine entsprechende Vorgeschichte gegeben hat, die sie zu diesem Schritt bewogen hat? Hast du es möglicherweise mit dem Handykonsum übertrieben und dann z.B. zu wenig Schlaf gehabt?

Ich bin kein Fan von solchen strikten Maßnahmen, weil ich glaube, dass es meistens sanfte Möglichkeiten gibt. Das Gleiche gilt aber auch bezüglich deiner Freund;innen - bestimmt könnt ihr auch andere Wege finden, um im Austausch zu bleiben.

Ich rate dir: Erzähle deiner Mutter davon, wie es dir damit geht. Zeige deine Gefühle und lasse sie an deinen Gedanken und Sorgen teilhaben. Arbeite auf einen Kompromiss zu, vielleicht erlaubt sie dir dann sogar noch mehr, als es schon okay für dich wäre.
Zeige ihr: Auf mich ist Verlass! Nimm ihre Bedenken ernst und versprich nichts, was du nicht auch halten kannst.

Genauso rate ich dir, mit deinen Freund:innen zu sprechen und zu schauen, wie du trotzdem mit dabei sein kannst. Vielleicht am nächsten Morgen, vielleicht trefft ihr euch zu einer Videorunde, vielleicht kannst du Leute einzeln im Freien treffen (und sei es nur mit Abstand, besser als nichts).

Das Handy ist nicht der Nabel der Welt, also versuche es nicht als Heiligtum zu betrachten. Es ist und bleibt ein Funktionsgegenstand. Die wirklich wichtigen Dinge bestehen völlig losgelöst vom Smartphone. Liebe, Zuneigung, Freundschaft: Das alles gibt es auch ohne Handys. Und das kann man sich auch zeigen, indem man sich mal einen Brief schreibt, sich vom Fenster aus zuwinkt, auf dem Festnetz anruft oder ein Geschenk bastelt, das man bei der nächsten (erlaubten) Gelegenheit übergeben kann. Kleine Gesten erhalten die Beziehung. Dazu brauchst du kein Handy. Jedenfalls nicht zwingend am Abend. Und glaube mir: Es fühlt sich meistens nur so an, als würde man etwas gaaaanz Wichtiges verpassen. Aber das Wesentliche existiert eben auch außerhalb von Chats und Online-Verabredungen. Denn entweder ist man befreundet - oder halt nicht (und dann ist es ja auch nicht so wichtig, sich abends noch zu schreiben).

Überlege dir einmal, was genau dir am meisten fehlt und wie du es bekommen kannst! Geht es dir um die Nähe zu den Menschen, die dir etwas bedeuten? Dann kannst du es auf andere Weise tun, wie ich es oben schon benannt habe.
Geht es dir vor allem um Ablenkung, Unterhaltung? Dann schaue nach anderen Mitteln, denn das Handy ist ja nur eines von vielen Beschäftigungsquellen.
--> Übrigens kannst du die Abende auch ganz anders verbringen als vor dem Handy. Für deinen Schlaf und ein Entspannen ist es besser, nicht so viel vor dem Bildschirm zu sein. Aber sowas wie Bewegung, Musik hören, Lesen, etwas bauen, reparieren oder puzzeln, etc. können schöne Abendbeschäftigungen sein. Und vorher kannst du dich ja mit deinen Freund:innen austauschen.

Du kannst dir gerne noch eine andere Zuschrift anschauen, die etwas mit Corona und den Ausgangsbeschränkungen zutun hat: https://mein-kummerkasten.de/332618/Einsam.html
Ich habe dann noch diesen Artikel zur Frage entdeckt, ob deine Mutter dir überhaupt das Handy wegnehmen darf: https://anwaltauskunft.de/magazin/leben/ehe-familie/duerfen-eltern-ihrem-kind-das-handy-wegnehmen --> Vielleicht kannst du über diesen Inhalt mit ihr ins Gespräch kommen.
Außerdem kannst du dir unsere Soforthilfe zum Thema Familie ansehen: https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/10/Familie-allgemeine-Familienprobleme.html (aktuell noch nicht wieder aufrufbar wegen technischen Schwierigkeiten, schau am besten mal wieder rein)

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala