Problem von Undercover - 22 Jahre

Keine Sexlust

Hallo liebes Kummerkasten Team,

Es ist so das mein Freund ADHS/ADS hat und ein Medikament (Medikinet) nehmen muss um es zu therapieren. Seit er es aber nimmt hat er keine Lust mehr mit mir zu schlafen geschweige denn zu mastubieren. Wir haben schon sehr oft darüber geredet und gestritten wo es dann viele Tränen gab, nun hat er ein neues verschrieben bekommen (Elvanse) was nicht so viele Nebenwirkungen haben soll und wo das mit der Erektion und sexunlust nicht zu stark ist aber dennoch ist die Situation gleich. Ich bin oft den Tränen nahe obwohl ich weis das er nichts dafür kann fühle ich trotzdem verletzt und habe das Bedürfnis zu weinen also (Druck im Kopf, Kloß im Hals, wässrige Augen) er war auch schon beim Urologen die könnten ihm aber nicht helfen. Ich liebe ihn wirklich sehr aber mir ist dennoch in einer Beziehung der Sex wichtig. Ich weiß einfach nicht weiter und seit dem es so läuft hab ich auch das Gefühl das er es gar nicht mehr versucht. Ich will mich nicht trennen oder ihn betrügen um das Bedürfnis zu stillen weil ich ihn nicht verlieren will aber es ist echt hart und nervenaufreibend. Was kann ich tun ?

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Undercover,

ich verstehe deinen Leidensdruck. Es ist für mich absolut nachvollziehbar, dass Sex für dich zu einer erfüllten Beziehung dazugehört.
Ich denke, es wäre durchaus eine Überlegung wert, weiter nach einem passenden Medikament zu suchen, das eben nicht solche Nebenwirkungen hat. Oder auch zu überlegen, ob es denn überhaupt ein Medikament braucht. Das sollte sich dein Freund sehr genau durchdenken und abwägen.

Was mir aber in deiner Beschreibung fehlt, ist seine Perspektive. Du schreibst, dass er es gar nicht mehr versucht. Das deutet für mich daraufhin, dass ihr beide dringend miteinander sprechen und euch emotional austauschen solltet. Denn es geht nicht nur um deine Bedürfnisse, sondern auch um seine. Zudem um das "größere Ganze", also welchen Wert ihr euch als Paar gebt und wie sehr ihr zusammenhalten möchtet. Du schreibst auch, dass du dich verletzt fühlst. Aber warum ist das so? Dein Freund kann nichts dafür, dass seine Lust verschwunden ist. Er ist auch nicht dazu da, dich dauerhaft sexuell zu befriedigen. Ihr seid ja aus wahrer Liebe, so der Idealfall, zusammen und nicht weil ihr Erwartungen aneinander stellt, die erfüllt werden sollen. Du solltest also bei dir mal schauen, was genau dich verletzt und welche Vorstellungen in dir vorhanden sind. Das einmal nachzuspüren und dann auch ehrlich mit dem Partner zu besprechen, kann sehr wohltuend und hilfreich sein.

Sexualität in Liebesbeziehungen kann sehr vielfältig sein. Vielleicht solltet ihr euch nach neuen Wegen und Möglichkeiten umsehen, um euch beiden Erfüllung zu bescheren - aber eben nicht so, dass es über Erwartungen und "Bestellungen" läuft, sondern über Einvernehmlichkeit, Rücksichtnahme und viel Kommunikation. Es gibt ja auch viele Berührungen, die sinnlich sind, aber nicht zu einem Geschlechtsverkehr führen müssen. Massagen beispielsweise unterstützen die Intimität, ermöglichen gute Gespräche und Sinnlichkeit. Also eher in die Richtung "Alles kann, nichts muss" als verzweifelt einem scheinbaren Ideal nachzuhängen. Vielleicht hat dein Freund ja auch Freude daran, dich zu verwöhnen, ohne dass sein Penis im Spiel sein muss. Es gibt ja auch viel gutes Sexspielzeug etc.

Es kann letztlich immer zu einschneidenden Veränderungen in der sexuellen Verbindung kommen - Medikamente sind ja auch bei vielen Frauen ein Lustkiller, die Pille beispielsweise. Vielleicht hilft es dir, sich in seine Lage zu versetzen und dich daran zu erinnern, dass es nicht immer so selbstverständlich ist, was einmal war. Alles verändert sich. Manche Paare bekommen ein Kind und haben danach ein komplett anderes Sexleben, andere entwickeln sich aus anderen Gründen auseinander, manche reifen und wachsen gemeinsam und erleben im Laufe der Jahre eine immer freiere und lustvollere Sexualität.

Was du noch tun kannst: Mach es dir selbst. Sex mit sich ist ein wunderbarer Liebesdienst, der deiner Seele und natürlich deinen körperlichen Gelüsten gleichermaßen zugute kommt. Selbstbefriedigung kann auch deine Akzeptanz der momentanen Lage stärken. Sie kann dir Kraft spenden und dir helfen, deine Energie zu halten. Und dies kann wiederum helfen, dass du deinem Freund mit Aufmunterung und Solidarität zur Seite stehen kannst - ohne unterschwelligen Frust, Anklage und Druck. Und so kann sich dann durch euren Willen zur Ehrlichkeit, offener Kommunikation und Nähe in verschiedensten Formen sicherlich auch eine neuartige sexuelle Basis entwickeln, mit der ihr beide zufrieden sein könntet.

Ich wünsche dir alles Liebe,
Nuala