Problem von Anonym - 14 Jahre

Ich weiß nicht wie ich mit meinen Problemen umgehen soll.

Ich bin in letzter Zeit immer öfter traurig und fühle mich alleine. Meine Eltern sind seit ich klein bin getrennt und selbst das macht mir manchmal zu schaffen. Jetzt hat mein Bruder wahrscheinlich die Schlafkrankheit, weswegen ich mir unglaubliche Sorgen um ihn mache, habe aber trotzdem das Gefühl das sich alles nur noch um ihn dreht womit ich auch nicht so gut umgehen kann. Außerdem hatte meine Oma vor kurzem Hautkrebs. Sie muss ein Haufen Medikamente nehmen etc. Jetzt habe ich Angst das sie bald stirbt weil sie schon relativ alt is. Ich weiß einfach nicht wie ich mit dem allem und meinen Gefühlen umgehen kann. Vielleicht könnt ihr mir ja helfen.

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

vielen Dank, dass du uns geschrieben und dich uns anvertraut hast.

Ich bitte um Entschuldigung für die verspätete Antwort und hoffe, dass du trotzdem etwas daraus mitnehmen kannst. Wie geht es dir inzwischen? Hat sich etwas bei dir getan?

Ich merke, dass du sehr unter den Problemen der anderen und unter deinen eigenen leidest. Du weißt nicht, wie du damit umgehen solltest und vor allem bist du sehr traurig und einsam. Das tut mir leid, dass du so viel gerade auf einmal durchmachen musst. Fühl dich bitte von mir gedrückt, wenn du magst.
Du weißt nicht, wie du das alles bewältigen sollst. Und das ist nichts wofür du dich schlecht fühlen solltest. Du machst derzeit eine sehr schwere Zeit durch und bist mit ernsten Problemen konfrontiert und das obwohl du noch so jung bist. Ich kann das absolut nachvollziehen, dass du daher nicht weißt, was du jetzt tun sollst.

Ein wirkliches Lob muss ich dir aussprechen: Es ist toll, dass du dich so um deine Familie sorgst. Und es ist wirklich sehr mutig von dir, dass du uns geschrieben hast und damit den ersten Schritt gehst, dir Hilfe zu suchen. Du merkst vermutlich selbst, dass die Sorgen um deine Mitmenschen dich sehr belasten. Es ist einfach gerade zu viel für dich. Vorweg will ich dir aber Hoffnung geben und sagen: Du bist deinen Gefühlen nicht ausgeliefert, es ist möglich, etwas dagegen zu tun und besser mit diesen Gefühlen umzugehen. Du selbst kannst etwas tun, aber kannst dir auch durchaus Hilfe suchen, wenn du merkst, es geht nicht mehr. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern wahre Stärke, weil du dich öffnest und anderen anvertraust.

Ich merke, dass du jetzt vor allem für dich selbst sorgen musst, sonst wird dich das am Ende nur noch fertig machen.


Gefühle annehmen

Zunächst einmal bitte ich dich, dich mit den Gefühlen, die du hast, auseinanderzusetzen. Was fühlst du da genau? Wie fühlt sich die Trauer und Einsamkeit an? Was löst diese Gefühle aus? Du hast schon einige mögliche Gründe genannt, vielleicht schaust du noch einmal, ob noch mehr dahinter steckt.

Du musst wissen, dass Trauer und Einsamkeit zum Leben leider dazugehören, auch wenn sie sehr belasten können. Auch wenn es schwer fällt, bitte akzeptiere, wie du dich gerade fühlst. Es ist okay, dass du dich auch mal der Trauer hingibst und diese auch auslebst. Gib dir selbst die Erlaubnis, auch zu weinen, wenn das für dich befreiend ist. Diese Gefühle sind zwar belastend, haben aber auch einen Grund. Und dem Grund auf die Spur zu kommen, das ist deine Aufgabe.

Gleichzeitig kann ich dir aber auch sagen, dass beides wieder vorübergehen kann. Ich möchte dir die Hoffnung geben, dass es auch wieder besser wird. Vorausgesetzt du wirst aktiv und tust etwas für dich selbst, damit es dir gut geht und suchst dir Hilfe.

Um mit der Trauer besser zurecht zu kommen, wäre eine Möglichkeit, das alles aufzuschreiben. Nimm dir ein Notizbuch und schreibe, ohne großartig nachzudenken, ganz unzensiert auf, wie du dich gerade fühlst, was das alles mit dir macht. Das Aufschreiben hilft Gedanken und Gefühle zu sortieren, Klarheit zu schaffen und diese Gefühle auch besser zu verarbeiten.


Sich jemandem anvertrauen

Du schreibst auch, dass du dich alleine fühlst. Wie kommt es dazu? Fühlst du dich vielleicht vernachlässigt? Gehe auch diesem Gefühl der Einsamkeit auf dem Grund und überlege dir, wie du das ändern kannst.

Ich rate dir unbedingt, das alles nicht für dich zu behalten. Dass du uns schreibst, zeigt doch, dass du bereit bist, dich jemandem anzuvertrauen. Nun stellt sich mir die Frage, ob du vielleicht Freunde hast, mit denen du darüber reden kannst oder auch geredet hast. Gibt es jemandem, dem du das alles auch persönlich erzählen kannst? Fühlst du dich dazu bereit? Wenn nicht, lass dir Zeit, dich langsam anderen zu öffnen, das ist okay.

Ich denke, dass dir das Reden sehr helfen kann. Reden löst zwar nicht immer Probleme, aber es kann unglaublich entlastend sein, sich die Probleme von der Seele zu reden, es wird dir damit besser gehen.

Du bist nicht allein, du musst mit deinen Problemen nicht allein zurecht kommen. Es wird immer jemanden geben, der dich unterstützen kann. Voraussetzung ist aber, dass du dich anderen anvertraust. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, da kann es helfen, die Meinungen anderer zu hören und gemeinsam nachzudenken, welche Lösungen es gibt.


Mit Eltern wegen Bruder und Trennung sprechen

Ich denke, dass du auch unbedingt, wenn du es nicht getan hast, auch mit deinen Eltern darüber sprechen solltest, vor allem was die Trennung und deinen Bruder betrifft.

Eine Trennung der Eltern hinterlässt immer große Spuren bei den Kindern, ich kann das auch aus eigener Erfahrung sagen, so geht es vermutlich vielen Trennungskindern. Das ist nicht leicht, das zu verarbeiten und vielleicht solltet ihr auch noch einmal offen darüber sprechen, warum dich das so mitnimmt und alle tun können, damit du damit besser klar kommst.

Es mag sein, dass du denkst, dass du andere damit belastet und es dir nicht zusteht, zu klagen, obwohl dein Bruder mit einer Schlafkrankheit zu kämpfen hat. Aber du sollst wissen: Auch wenn ein Sohn mit so einem Problem zu kämpfen hat, sollten Eltern die eigene Tochter deswegen nicht vernachlässigen. Sie sind beide gleich wichtig. Und darum denke ich, kannst du das ruhig ansprechen, versuch da möglichst bei dir zu bleiben, keine Vorwürfe oder schlechtes Gewissen zu machen. Schildere nur, wie du dich fühlst und was du dir wünscht.


Abstand gewinnen

So schwer es auch fallen mag: Bitte versuche jetzt eine Grenze zu ziehen und von den Problemen der anderen Abstand zu gewinnen. Das fällt schwer, schließlich stehen dir dein Bruder und deine Oma vermutlich sehr nah. Es ist natürlich okay, dass du an ihrem Leid Anteil nimmst und mit ihnen fühlst. Du scheinst ein sehr empathischer Mensch zu sein, der auch mit anderen sehr leidet, wenn sie in Not sind. Das ist toll, aber ich wenn du es übertreibst, wirst du nur noch unglücklicher und beginnst vielleicht auch Depressionen zu entwickeln.

Ich weiß nicht, ob das der Fall ist, das kann und darf ich nicht feststellen. Aber es klingt schon nach einer ernsten Traurigkeit, die unbedingt angegangen werden sollte.

So schön es auch ist, dass du dich so für deine Mitmenschen einsetzt: Denke bitte auch an dich. Versuche unbedingt dich nicht zu sehr da hineinzusteigern. Ich weiß, es ist leichter gesagt als getan. Aber es ist nicht unmöglich. Vergiss nicht, dass du selbst etwas tun kannst.


Probleme der anderen

Auch wenn du sehr mit deinem Bruder und deiner Oma mitleidest, darfst du dich davon nicht zu sehr vereinnahmen. Du kannst leider die Probleme der anderen nicht lösen und du bist nicht dafür verantwortlich. Ich merke, dass du dir da zu viel aufbürdest, indem du dich zu sehr in die Sorgen hineinsteigerst.

Du kannst zwar nicht ihre Probleme lösen, aber trotzdem etwas für die beiden tun, indem du einfach für sie da bist und ihnen deine Unterstützung anbietest, wenn sie diese brauchen.

Lerne aber auch dich abzugrenzen und rechtzeitig Stopp zu sagen, wenn wir das alles zu viel wird.

Vielleicht denkst du, dass es egoistisch wäre, wenn man jetzt, wo einen die anderen am meisten braucht, sich zu distanzieren. Aber das ist es keineswegs. Du kannst anderen nur helfen und für sie da sein, wenn es dir gut geht, das ist wichtig zu wissen. Es bringt deinem Bruder und deiner Oma nichts, wenn du jetzt selbst in ein schwarzes Loch fällt und leidest. Du musst auch an dich denken und dich um dich kümmern.
Vielleicht kannst du das ja auch auf eine sensible Art und Weise vermitteln, dass dir das zu viel wird und du Zeit für dich brauchst. Aber dass du sie nicht im Stich lassen willst, sondern Energie tanken willst, um wieder für sie dazu sein.


Umgang mit negativen Gefühlen

Sobald du also merkst, dass du wieder von zu vielen Sorgen und Grübeleien überwältigt wirst, rufe laut "Stopp" (oder schreie es gedanklich). Das wird dich aus deiner Sorgenschleife herausholen. Dann versuche, inne zu halten, und dich abzulenken.

Wenn du die Sorgen nicht leicht abschütteln kannst, ist das auch okay, das ist nicht leicht. Aber es gibt Hoffnung, du musst nur dran bleiben.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass du dir feste Zeiten pro Tag einplanst, in denen es nur um deine Sorgen und deine Trauer geht. In der Zeit kannst du deinen Gedanken freien Lauf lassen. Aber wenn die Zeit rum ist, versuche bitte, nicht länger an den Sorgen festzuhalten, sondern dich abzulenken.

Entspannungstechniken wie Meditation, Progressive Muskelentspannung oder auch Qi Gong könnten dir auch helfen, deinen Geist zu beruhigen und ihn bewusst von deinen Sorgen wegzulenken.


Sorge dich um dich selbst

Ablenkung ist ein wichtiges Stichwort, um Abstand von diesem Kummer zu kriegen. Versuche etwas zu machen, was dir Freude macht, dir hilft, deine Sorgen zu vergessen. Was macht dir Spaß? Was tut dir gut? Wo kriegst du bessere Laune, auch wenn es dir mal nicht gut geht?

Sehr gut sind Tätigkeiten, bei denen du nicht viel nachdenken musst, wie beispielweise Sport treiben oder andere Hobbys, in denen du alles vergessen kannst. Oder dich mit einer Freundin oder einem Freund treffen, etwas Schönes unternehmen und vielleicht auch versuchen, auch über andere Dinge als Probleme zu sprechen.

Auch wenn es dir schwer fällt, von der Trauer loszukommen: Versuche trotzdem auch deinen Blick für Positives zu schärfen. Vermutlich wird dir das schwer fallen, weil man, wenn man traurig ist, auch eher nur das Negative sieht. Versuche es trotzdem, gib nicht auf: Vielleicht kannst du ja täglich mal eine Sache aufschreiben, die positiv war und für die du dankbar bist. Es reicht, wenn es auch nur Kleinigkeiten sind wie beispielsweise der Sonnenschein oder ein Lächeln oder Dankeschön von jemandem. Wenn du das täglich wirklich machst, könnte es dir auch langsam aber sicher besser gehen.

Du hast es in der Hand, du bist deinen Gefühlen nicht ausgeliefert. Trotzdem sollst du dich aber auch nicht unter Druck setzen. Manchmal können wir eben einfach nicht anders, als traurig zu sein, da hilft es nicht einmal lustige Videos zu schauen. Aber auch das darf sein, wenn dir eben nicht nach lachen zu mute ist oder du dich nicht mit jemanden treffen willst, ist das auch absolut okay.


Angst vor Verlust der Oma

Ich kann deine Sorge um deine Oma sehr gut nachvollziehen. Aber auch wenn es schwer fällt: Tod und Verlust gehören zum Leben dazu, irgendwann müssen wir auch Abschied nehmen. Aber noch ist es nicht soweit. Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, das würde jedem so gehen. Aber sich jetzt um etwas Sorgen zu machen, was nicht ist, kann dich sehr fertig machen. Und deine Oma möchte bestimmt nicht, dass du wegen ihr so leidest.


Telefonseelsorge

Falls du dich persönlich niemanden anvertrauen magst, aber trotzdem über deine Probleme reden willst, empfehle ich dir die Telefonseelsorge. Unter der bundeseinheitlichen Telefonnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 kann kostenlos angerufen werden. Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge hören zu, nehmen Anteil und verweisen bei Bedarf an andere Einrichtungen.


Beratungsstelle aufsuchen

Du kannst dich erst an Beratungsstellen wenden.
Der Beratungsführer online von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB) listet mit einem guten Suchsystem unter www.dajeb.de viele Beratungsangebote auf. Da könntest du auch mal schauen.


Professionelle Hilfe suchen

Eine weitere Möglichkeit wäre auch, dass du mit deinem Hausarzt sprichst, der könnte dir auf jeden Fall auch weiterhelfen und dich möglicherweise auch an einen Therapeuten überweisen.


Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, die dir helfen könnten, deine Gefühle zu bewältigen. Du musst auf keinen Fall alles ausprobieren, manches hilft mehr, manches weniger. Entscheide bitte für dich, welchen Weg du gehen willst, was sich für dich am besten anfühlt. Die Entscheidung kann ich dir leider nicht abnehmen. Ich hoffe jedoch sehr, dass ich dir einige Möglichkeiten aufzeigen konnte.

Ich wünsche dir wirklich ganz viel Kraft und Mut, diese schwere Zeit zu bewältigen.

Wenn du noch Fragen oder etwas auf dem Herzen hast, schreib uns gerne jederzeit.

Viele Grüße,
Lan