Problem von Felix - 22 Jahre

Innere Aggressionen

Ich besitze eine immense innere Wut.
Diese hat sich womöglich durch fehlendes Vertrauen etc. Aufgebaut.
Ich wurde in meiner Familie als drittes Kind nie ernst genommen und immer nur heruntergemacht. Es fällt mir nicht nur schwer andeen Leuten zu vertrauen, es funktioniert einfach nicht . Meine innere Wut lasse ich, und das tut mir umso mehr weh, ab den Leuten, die am wenigsten dafür etwas können heraus. Ich vavd damit meine Fast 3 jährige Beziehung kaputt gemacht, da ich, in betrunkebem Zustand (es ist mir bewusst, dass dies nicht gut ist) zu meiner Freundin gefahren und beinahe handgreiflich geworden.
Ich bin nun von zuhause ausgezogen, meine Probleme verfolgen mich leider immernoch.
Leider findet der lokale begegnumgskreis, welchen ich als Möglichkeit gesehen habe, um mit Menschen über meine Probleme zu reden, nicht mehr statt.
Über ein Gespräch O.ä. würde ich mich sehr freuen.

Mfg Felix

Lan Anwort von Lan

Lieber Felix,

danke, dass du dich uns anvertraut hast.


Gefühle annehmen

Auch wenn du dich innerlich dagegen wehrst, es ist wichtig, dass du deine negativen Emotionen also auch die Wut annimmst. Negative Gefühle sind nicht da, um dich zu belasten, sondern erfüllen eine wichtige Funktion. Sie sind Warnzeichen, Hinweise, dass etwas nicht in Ordnung ist und du dich damit auseinandersetzt, damit es dir besser geht. Sie zeigen an, dass etwas im Argen liegt. Darum nimm deine Wut wahr und verdränge sie nicht. Nur wenn du sie akzeptierst, kannst du auch lernen, damit umzugehen.


Wut verstehen

Wichtig ist, zu erkennen, was deine Aggressionen auslöst. Wann fühlst du Aggressionen oder eine Wut in dir? Wie macht sich das bei dir bemerkbar, emotional, mental und auch körperlich? Was machst du normalerweise, wenn du wütend wirst?

Setze dich mit deiner Wut auseinander: Ist es wirklich Wut, oder wird eine andere Emotion gedeckt? Möglicherweise könnten hinter der Wut auch Scham, Unsicherheit, Verletzlichkeit und Schmerz stecken.

Vielleicht hilft es dir aber auch erst mal, dich zurückzuziehen und über deine Gefühle nachzudenken und dich zu fragen: Wann kommt diese Wut hoch? Wie fühlt sie sich an? Welche Situationen lösen sie aus? Wie reagiere ich darauf? Wie äußert sich deine Wut? Gibt es Möglichkeiten, inne zu halten und dagegen zu steuern?
Ich denke, dass es wichtig ist, dass du dich auch mit deiner Vergangenheit befasst: Was hat das in dir ausgelöst. wenn du "heruntergemacht" und nicht ernst genommen wurdest? Wie hast du dich gefühlt? Wie hast du reagiert? Und wie hättest du anders reagieren wollen? Es kann sein, dass es da noch Konflikte mit deiner Familie gibt. Wie ist denn heute dein Verhältnis zu deiner Familie? Eventuell würde ich dir raten, das Problem anzusprechen. Du bist nicht mehr das kleine Kind von früher und kannst ganz anders mit deiner Familie umgehen. Vielleicht könnt ihr jetzt, wo einige Zeit vergangen ist, darüber reden. Es mag sein, dass dich deine innere Wut wieder packt und du dich getriggert fühlst. Das ist normal, aber ich denke, dass es schon wichtig ist, deine Vergangenheit aufzuarbeiten, vor allem, wenn sie einen noch immer verfolgt, wie du schon schreibst. Da scheint etwas noch immer in dir zu brodeln, was dich nicht loslässt. Und wenn du dich aber damit auseinandersetzt, kannst du besser mit deinem Problem umgehen und vielleicht auch mit den vergangenen Ereignissen Frieden schließen. Das geht nicht von heute auf morgen, das braucht Zeit und wahrscheinlich auch die Hilfe von Familientherapeuten, die euch da begleitend unterstützen können.

Du schreibst, dass du gegenüber deiner Freundin beinahe handgreiflich geworden bist. Ich bin froh, dass es nicht so weit gekommen ist. Aber das ist ein eindeutiges Warnzeichen, ich finde es gut, dass du jetzt etwas unternehmen willst. Was hat bei dir Wut im Zusammenhang mit deiner Ex-Freundin Wut ausgelöst? Vielleicht rufst du dir frühere Situationen ins Gedächtnis, in denen du wütend geworden bist. Wie hast du reagiert und hättest du dich auch anders verhalten können?


Warnzeichen erkennen

Du solltest Zeichen deines Körpers verstehen lernen, damit du besser damit umgehen kannst. Konzentriere dich auf deinen Körper, schon das kann auch beruhigend wirken: Beobachte dich selbst, wie sich dein Körper verändert, spannt sich etwas an wie deine Schulter oder dein Kiefer, bekommst du einen Knoten im Bauch, atmest du schnell und flach, bekommst du Herzklopfen?

Wenn du die Warnzeichen gefunden hast, kannst du nun besser darauf reagieren. Du kannst lernen, deiner Wut nicht nachzugehen, sondern inne zu halten und Techniken anzuwenden, um dich zu beruhigen. Konzentriere dich beispielsweise auf deinen Körper, atme tief ein und aus, bewege dich, um die angestaute Energie loszuwerden. Höre entspannende Musik, dehne dich oder massiere dich. Zähle im Kopf langsam von zehn herunter, um deine Wut-Gedanken unter Kontrolle zu bekommen.


Die Wut auf positive Art ausdrücken

Wut in sich hineinzufressen ist auch nicht gut und kann dich auch krank machen. Es geht nicht darum, die Wut einfach so zu ignorieren, sondern auf gesunde Art und Weise auszuleben, ohne dass du oder jemand anderes zu schaden kommt.

Vielleicht hilft ein Spaziergang oder Sport, um die Wut herauszulassen.

Wichtig ist, dass du lernst, mit deinen Gefühlen umzugehen. Unterdrücken ist auf keinen Fall gut.
Möglich wäre, dass du einmal mit bei dir anfängst und eigene Wege findest, mit den inneren Aggressionen besser zurecht zu kommen, eine Art Eigentherapie: Spaziergang an der frischen Luft, versuche über deine Wut zu reflektieren und sie zu verschriftlichen, treibe Sport vielleicht auch Kampfsport, um deine Aggression anderweitig ohne Verletzungsgefahr auszudrücken. Oder du versuchst Wut auch kreativ auszudrücken, in dem du Musik machst, etwas schreibt.

Vielleicht helfen dir auch Entspannungsübungen, oder auch intensives Ein- und Ausatmen in Krisensituation.
Auch Musik und vielleicht auch mehr Humor könnten helfen.

Ich empfehle dir, dass du auch Anti-Aggressions-Trainings absolvierst, um auch zu lernen, die Wut in Worte auszudrücken und sie nicht körperlich sichtbar zu machen.


Wut-Situationen entschärfen

Nicht immer ist es möglich, dass wir Wut-Situationen vermeiden können. Dann ist es wichtig, diese zu entschärfen und nicht zu verschlimmern. Und da kannst du selbst viel machen.

Du bist deinen Gefühlen nicht ausgeliefert. Auch wenn es sich beinahe so anfühlt, als könntest du dich anders reagieren, es ist möglich: Du kannst lernen, in den Momenten, wo die Wut hochkommt, das zu realisieren und innezuhalten. Wenn es passiert, gehe aus der Wutsituation heraus, frische Luft schnappen, dich ablenken. Finde heraus, welche Situationen deine Wut auslösen, Wenn du sie hast, dann gibt es drei Wege: Die Situation vermeiden, sie verändern oder akzeptieren.

Wenn du merkst, dass das alles in Eigenregie nicht klappt, suche deinen Hausarzt auf. Dieser kann dich dann in die Hände eines Fachtherapeuten überweisen. Vielleicht könnte dir eine Psychotherapie helfen, deine Wut in den Griff zu bekommen.

Du schreibst, dass du einen lokalen Begegnungskreis aufsuchen wolltest, der jetzt nicht mehr besuchen kannst. Das ist natürlich jetzt in Corona-Zeiten schwierig, sich zu treffen. Aber wäre es vielleicht möglich, auch online jemanden zu finden, mit dem du dich austauschen kannst? Vielleicht kannst du den lokalen Begegnungskreis darauf ansprechen und fragen, ob das denn eine mögliche Alternative wäre. Es ist nicht dasselbe, keine Frage, aber es könnte dennoch bereichernd sein, um den Kontakt zu halten und sich dennoch auszutauschen.
Oder du schaust im Internet, ob es nicht Gruppen gibt, die vielleicht auch nicht lokal sind, aber digital etwas unternehmen und miteinander sprechen.


Anderen wieder vertrauen lernen

Es kann sein, dass es dir schwerer fällt, anderen zu vertrauen, weil deine Eltern womöglich dir kein Vertrauen entgegen gebracht haben. Das hat dich verletzt und dir wahrscheinlich auch dein eigenes Selbstvertrauen genommen. Wenn die eigenen Eltern einen nur kritisieren, wahrscheinlich demütigen und nicht ernst nehmen, kann das sich negativ auf spätere Beziehungen auswirken.

Ein erster Schritt, um Vertrauen wieder aufzubauen, wäre, die Konflikte mit deiner Familie zu verarbeiten. Ich denke, dass es danach einfacher für dich ist, dich wieder für andere zu öffnen und dich das auch weiterbringt.

Vielleicht analysierst du auch mal selbst, warum es dir denn wirklich so schwer ist anderen zu vertrauen: Hast du Angst vor Demütigungen, Enttäuschungen, Leid und Verletzungen? Was müsste passieren, damit du anderen wieder mehr vertrauen könntest? Konntest du deiner damaligen Freundin besser vertrauen? Wenn das so war, woran lag das?

Du musst nicht gleich aufs Ganze gehen, du kannst dich herantasten und dich immer weiter, immer ein bisschen mehr anderen anvertrauen und so auch lernen, anderen wieder zu vertrauen. Gib immer mal ein wenig mehr von dir preis, zeige immer mal wieder ein bisschen deine verletzliche Seite.

Du kannst anderen vertrauen lernen, indem du dich ihnen öffnet, mit ihnen so oft wie es geht kommuniziert. Versuche dabei authentisch zu sein, also das, was du denkst und fühlst, auch auszudrücken und dich so zu zeigen, wie du wirklich bist. Versuche offen und ehrlich zu sein, vor allem, wenn es um etwas geht, was dich stört oder was du nicht magst. Suche dich Menschen, die auf dich vertrauenswürdig wirken und teile mit ihnen erst einmal kleine Geheimnisse und schau, ob sie diese für dich behalten. Wenn sie das tun, kannst du dich auf sie verlassen.

Vielleicht hast du ja Freunde oder gute Bekannte, mit denen du das zuerst üben kannst. Und wenn du dich selbstbewusster fühlst und mehr Vertrauen fassen kannst, könntest du das auch bei weniger vertrauten Menschen oder gar Fremden ausprobieren. Am besten fängst du ganz klein an und steigerst dich langsam, machst langsam und überforderst dich nicht.

Versuche nicht zu viel darüber nachzudenken, was passieren und wie es dich verletzen könnte, das könnte dich eher blockieren. Dass wir enttäuscht und verletzt werden, können wir nicht vermeiden. Viel mehr kommt es darauf an, wie wir damit umgehen, damit es uns nicht mehr so trifft. Darum lege ich dir ans Herz, deine Resilienz, also emotionale Widerstandsfähigkeit zu stärken, damit dich das nicht immer wieder aus der Bahn wirft.


Selbstvertrauen als Voraussetzung für Vertrauen in andere

Wir brauche auch Vertrauen in uns, dass wir auch mit Enttäuschungen und Verletzungen umgehen können. Darum ist es so wichtig, dass du dich selbst akzeptierst und dich mögen lernst. Dass du dich innerlich stärkst und es eben nicht immer auf dich beziehst, wenn es doch nicht gut klappt mit dem vertrauen.

Ich denke, dass fehlende Selbstliebe ein großes Thema für dich ist, da du anscheinend von deinen Eltern wenig Wertschätzung und Akzeptanz erfahren hast, dafür mehr Kritik und Ablehnung. Ich kann mir vorstellen, dass das verletzende Verhalten deiner Eltern dazu geführt hat, dass du dich eher ablehnst und an dir zweifelst. Wahrscheinlich fühlst du dich nicht genug und nicht liebenswert. Das sind Erfahrungen, die dich auch heute noch prägen und dazu führen, dass du anderen nicht vertraust und sie nicht an dich heranlässt. Darum rate ich dir, dich mit dich selbst mehr zu befassen.

Vielleicht fällt es dir auch schwer, anderen zu vertrauen, weil du dir selbst schwer vertrauen kannst. Du haderst mit dir selbst aufgrund deiner inneren Aggressionen. Versuche diese zu akzeptieren und Seiten an dir zu sehen, die du magst. Versuche trotzdem wertschätzend dir gegenüber zu sein, auch wenn du Wut verspürst. Das ist normal, keiner ist perfekt, wir alle haben uns immer wieder mal nicht im Griff. Aber ich merke, dass du etwas dagegen tun willst und das finde ich toll! Versuche dich mehr auf deine Stärken und guten Eigenschaften zu fokussieren, deine Fähigkeiten zu fördern. Je mehr du dich selbst wertschätzt, desto weniger wirst du auch anfällig sein für Verletzungen.. Schreibe alles auf, was du an dir magst und gut findest, erinnere dich immer wieder dran, führe auch gerne ein Tagebuch, in das du täglich eine Sache reinschreibst, die du an dir magst oder die du gut gemacht hast.


Zeit und Geduld haben

Zu vertrauen ist eine Entscheidung, die du treffen musst, damit es klappt. Natürlich fällt es sehr schwer, man kann es auch nicht erzwingen. Vertrauen muss erst einmal langsam wachsen, erst einmal musst du Vertrauen in dich haben, damit du anderen vertrauen kannst. Das braucht Zeit und die solltest du dir geben. Anderen vertrauen heißt das Risiko eingehen, enttäuscht, verletzt und abgelehnt zu werden. Es gibt weder eine Garantie, dass es immer so schief läuft, noch dass es gut läuft. Da gehört leider eben auch eine Menge Mut dazu, anderen zu vertrauen.

Wieder Vertrauen in andere haben, ist ein Prozess und funktioniert nur, wenn du dich auch für andere öffnest. Du kannst das nur üben, indem du Beziehungen eingehst und dich anderen näherst. Natürlich birgt das immer das Risiko verletzt zu werden. Es ist normal, Angst davor zu haben und sich schützen zu wollen. Doch wenn wir uns nicht öffnen, anderen nicht vertrauen, können auch keine tieferen Beziehungen entstehen, die doch so wichtig für uns alle sind.

Falls du niemanden hast, mit dem du reden magst, aber doch jemanden brauchst, dann empfehle ich dir die Nummer gegen Kummer (116 111 oder unter https://www.nummergegenkummer.de/und die Telefonseelsorge (0800.1110111 oder 0800.110222 oder unter der Webseite https://www.telefonseelsorge.de).

Ich habe dir noch einige Links zusammengestellt, die dir weitere Anregungen geben können:
https://de.wikihow.com/Wutausbr%C3%BCche-kontrollieren
Hier sind weitere Links, die dir weiterhelfen können:
https://mein-kummerkasten.de/165311/habe-meine-Aggression-nicht-unter-Kontrolle.html
https://praxistipps.focus.de/wohin-mit-meiner-wut-wut-kontrollieren-lernen_116257
https://www.gesundheit-und-wohlbefinden.net/wut-und-aggressionen-abbauen-und-bewaeltigen/
https://www.deeskalation-deutschland.de/wie-du-wut-und-aerger-schnell-und-stressfrei-abbauen-kannst

Diese Seite befasst sich auf verschiedenen Ebenen mit Aggressionen und wie man sie abbauen kann.
https://www.aggressionen-abbauen.com

Links, um zu lernen, wieder mehr zu vertrauen:

https://www.loveandcompass.de/warum-liebe-ohne-vertrauen-niemals-funktioniert/
https://praxistipps.focus.de/vertrauen-aufbauen-7-grundregeln-fuer-beziehungen_104519
https://www.ich-habe-auch-angst.de/wege-wieder-vertrauen/
https://www.angst-panik-hilfe.de/angst-zu-vertrauen.html

Ich hoffe, dass ich dir weiterhelfen konnte und wünsche dir alles Gute. Du kannst gerne einige Ideen ausprobieren, aber sei nicht hart zu dir, wenn es nicht sofort klappt. Es ist wie geschrieben ein langer Prozess, aber dass du etwas tun willst, ist schon mal ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Schreib mir doch gerne, wenn du Fragen hast oder nicht weiter weißt oder auch wenn du Erfolge erzielt hast.

Viele Grüße,
Lan