Problem von Anonym - 29 Jahre

Ich kann es nicht beschreiben

Guten Morgen,
Ich hoffe ich bekomme es halbwegs hin. Den reden war noch nie meine Stärke. Irgendwie gehts mir seid vielen Jahren nicht gut, aber es war auch schön. Ich hatte trotz Reisplan-Änderung ein tolles Leben. Zwischen 18 und 21 ging es mir gut: aber
Es gab vor vielen Jahren ein Vorfall den mit keiner glaubte. Ich kam wegen selbstverletztendem Verhalten in die Psychiatrie bekam in Teenie alter die Diagnose Borderline, ich wusste und weiß das es einfach nicht stimmt und das Merkte jeder im Umfeld und ich weiß es sowieso: aber nachdem mir keiner geglaubt hatte, redete ich nie wieder über meine Gefühle oder sogar Bedürfnisse , ich machte alles mit mir selber aus. Aus Angst mir glaubt keiner oder es wird auf meine Narben reduziert.

Und jetzt hab ich das Gefühl, es kommt alle wieder hoch. Ich hab Alpträume, ich fühl mich als ob ich neben mir stehe. Ich war vier Jahre in einer Beziehung der Hölle, danach musste ich alleine wieder raus, und jetzt wo ich Luft haben sollte, bin ich so starr; denke sehr viel über alles nach, alles was war die letzten von zu vielen Jahren, wie mir die Beziehung passieren konnte. Die Erniedrigungen, die ich in der Beziehung ertragen hab. Was danach noch alles kam. Es war so viel ich stand Monate unter voll Strom, dann noch Corona, keine Ablenkung, ich rannte vor allem weg. Und jetzt denke ich mir , wie ich jetzt bin , wieso bin ich so ? Ich kann mich nicht im Spiegel anschauen. Ich schäme mich , kann nicht mehr , kraftlos. Auf einmal Angst in normalen Situationen, ich ertrage Nähe nicht. Ich hab keine Ahnung wer ich bin . Aber ich muss, ich bin alleine und ich hab eine Tochter. Und ich hab das Bedürfnis zu reden, ich weiß nicht wie , ich schaff das nicht , ich schäme mich und wenn ich rede, dann denke ich , dass mir sowieso keiner glaubt.

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

danke, dass du dich uns anvertraut hast. Ich bitte um Entschuldigung für die späte Antwort und hoffe, sie hilft dir trotzdem weiter.

Ich finde es wirklich sehr stark und mutig von dir, dass du uns geschrieben und dich uns so anvertraut hast. Ich finde es toll, dass du dir Hilfe suchen willst und deine Probleme angehen willst.
Mach dir bitte keine Sorgen, dass du dein Problem nicht gut formulieren kannst. Ich konnte dir sehr gut folgen. :)

Es stimmt mich allerdings sehr traurig, dass du bereits so viel durchgemacht hast und auch offensichtlich unter vielen Dingen leidest. Das tut mir sehr leid, fühl dich von mir gern gedrückt, wenn du magst.


Diagnose Borderline und Psychiatrie-Aufenthalt

Mich würde interessieren, wie es zu dieser Diagnose kam? Anhand welcher Symptome hatte dein damaliger Psychiater diese Feststellung getroffen?

Es tut mir leid zu lesen, dass du seitdem das Vertrauen verloren hast und nicht über deine Gefühle und Bedürfnisse mehr sprichst. Dabei ist das doch sehr wichtig. Und dass du alles für dich behalten hast. Ich kann es verstehen, dass du das so machst, um dich selbst zu schützen und weil du Angst hast, dass dir niemand glaubt.


Mit Freunden oder Verwandten reden

Das alles mit sich selbst auszumachen, kann wirklich sehr belastend sein. Und das wirst du vermutlich auch selbst merken. Gibt es niemanden in deinem Umfeld, mit dem du darüber sprechen kannst, wie Familie oder enge Freunde? Hast du da auch Angst, dass sie dir nicht glauben könnten?


Herausfinden, wer man ist

Was ich auch als großes Problem gerade bei dir sehe ist, dass du derzeit sehr orientierungslos bist. Du schreibst selbst, dass du nicht weißt, wieso du so bist wie du bist und du nicht weiß, wer du eigentlich bist.

Ich denke, dass es jetzt wichtiger denn je ist, dass du inne hälst und dich, bevor du vielleicht Hilfe im Außen suchst, dich mit dir beschäftigst.

Finde heraus, wer du bist. Finde auf deine Fragen Antworten. Es reicht, wenn du dich zurückziehst, für dich bist und darüber nachdenkst, was dich ausmacht. Hilfreich kann es sein, wenn du auch was zum Schreiben dabei hast und deine Gedanken festhälst. Überlege dir, was für ein Mensch du bist. Diese Antworten kannst nur du finden, indem du nachdenkst. Was macht dich aus? Welche Eigenschaften hast du? Was sind deine Stärken und Schwächen? Was fühlst du im Moment? Setze dich auch mit all deinen Gefühlen auseinander, aber übertreibe es nicht, mache es immer schrittweise und mit Pausen. Es könnte sonst zu überwältigend und überfordernd sein. Wenn du merkst, es wird dir zu viel, mach unbedingt eine Pause und später weiter, wenn es dir besser geht. Was sind deine Wünsche und Bedürfnisse? Was willst du? Und was willst du in deinem Leben ändern? Wohin soll dein Leben gehen? Das sind einige Fragen, die du dir stellen solltest.

Warum schämst du dich? Warum kannst du dich nicht mehr im Spiegel ansehen? Schreibe bitte auch auf, was du an dir selbst doch gut findest und magst. Ich befürchte, dass du aufgrund der Erniedrigungen auch ein schlechteres Bild von dir hast und dein Selbstwertgefühl stark gelitten hat. Das gilt es, nach und nach zu stärken. Und ich weiß, du kannst es schaffen, auch wenn es sich gerade alles sehr belastend und hoffnungslos anfühlt.

Du schreibst, dass du vor allem weggerannt bist. Ich fürchte, dass du tatsächlich viele Dinge in der Vergangenheit und auch mit dieser Beziehung nicht ausreichend verarbeiten konntest. Doch so kann es nicht weitergehen, denke ich. Darum denke ich, sollte eine Aufarbeitung unbedingt unter professioneller Begleitung erfolgen.


Toxische Beziehung

Es ist sehr stark von dir gewesen, dass du diese Beziehung hinter dich lassen konntest. Ich kann mir vorstellen, dass sie dich sehr belastet hat und du hast immer noch mit ihr zu kämpfen, nehme ich mal an. Es tut mir sehr leid, dass du das alles erleben und ertragen musstest..Das muss und ist hart gewesen...

Wenn du magst, kannst du uns schildern, warum diese Beziehung so schlimm war. Aber du musst natürlich nicht, wenn du nicht willst.

Unbedingt finde ich, solltest du auch diese Beziehung, die dich stark belastet hat, nochmal reflektieren und darüber nachdenken, was schief gelaufen ist und was das mit dir gemacht hat. Aber vielleicht wäre es da besser, das in Begleitung eines Therapeuten zu machen, der dir beisteht.


Professionelle Hilfe suchen

Wichtig wäre also, dass du dir Hilfe suchst. Das ist für dich vermutlich richtig schwer, da du schlechte Erfahrungen mit Psychiatern gemacht hast. Ich kenne deinen Hintergrund nicht, aber denke, dass es auch durchaus Ärzte gibt, die anders vorgehen.

Es mag schwer für dich fallen, jetzt wieder Vertrauen in Therapeuten oder auch Psychiater oder generell in anderen Menschen zu fassen. Das kann ich mir gut vorstellen. Schließlich hast du darauf vertraut, dass dir geholfen wird und du hast dich geöffnet, dich verletzlich gemacht und du hast Glauben und Vertrauen geschenkt. Doch du schreibst, dir wurde nicht vertraut, stattdessen hatte man bei dir etwas Falsches diagnostiziert. Ich vertraue dir, und möchte nicht infrage stellen, was du geschrieben hast. Da ich jetzt leider nur deine Seite höre, darf und kann ich mir kein Urteil fällen, ob die Diagnose richtig oder falsch war.

Das eigentliche Kernproblem ist jedoch, dass man dir kein Vertrauen und keinen Glauben geschenkt hat, dass man einfach etwas getan hat, was für dich nicht richtig war und was du nicht wolltest. Und darum hast du dich verschlossen, keinen an dich herangelassen, nicht mehr über deine Gefühle und Bedürfnisse gesprochen. Das stimmt mich sehr traurig, das zu lesen.

Aber ich merke, dass du sehr darunter leidest und dass du doch eigentlich dringend Hilfe brauchst und willst. Nun ist es sehr schwer, nach so etwas wieder Vertrauen zu entwickeln. Die Vergangenheit prägt uns im Denken und Handeln und Fühlen nachhaltig. Das lässt sich nicht einfach so vergessen. Und es ist okay, dass du da nur schwer vertrauen kannst. Aber ich will dir Mut und Kraft geben: Du kannst lernen, wieder zu vertrauen.

Und glaub mir, es gibt sicherlich viele Psychiater und Therapeuten, die dir helfen können und die keine Fehldiagnosen machen. Es gibt leider, wie überall in allen Bereichen, auch im psychiatrischen Bereich schwarze Schafe. Aber man sollte sie nicht alle über einen Kamm scheren. Auch wenn es schwer fällt, zu glauben, es gibt auch kompetente Psychiater. Diese zu finden, kann schwierig und langwierig sein, aber es lohnt sich.

Es ist manchmal sehr schwierig und auch solche Experten sind Menschen und können sich irren. Das soll keine Entschuldigung für das Verhalten sein, aber ich will dir nur verdeutlichen, dass wir uns alle mal irren und Fehler machen. Aber du darfst dich davon nicht ewig gefangen lassen. Es ist passiert und es nicht rückgängig zu machen. Es war belastend für dich. Aber du kannst selbst entscheiden, ob du das weiter dein Leben dominieren lässt oder nicht. Oder du entscheidest dich dafür, jemand anderem eine Chance zu geben und ihm zu vertrauen.

Du könntest eventuell auch der Therapeutenkammer schreiben und ihnen deine Probleme erklären. Diese können dir Vorschläge machen, welche Art von Therapie für dich geeignet wäre.

Vielleicht kannst du dich einfach an deinen Hausarzt wenden und dich beraten lassen, was in deiner Situation am besten wäre, wenn du selbst unsicher bist: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten wie Klinik, Psychotherapie oder ambulante klinische Anbindung.

Vielleicht wäre es für dich auch ratsam, eine Beratungsstelle oder den sozialpsychiatrischen Dienst in deiner Stadt aufzusuchen?

Du schreibst, dass du gerne reden willst, aber nicht weißt wie und du dich fürchtest, dass man dir nicht glaubt. Aber versuche mir bitte zu glauben, wenn ich schreibe: Es gibt Menschen, Therapeuten und auch Psychiater, die dich und dein Leiden ernst nehmen und dir glauben. Es ist nicht leicht, darüber zu sprechen und ja, du musst dich darauf erst einlassen. Aber nur wenn du bereit bist, zu vertrauen, kann dir geholfen werden. Vielleicht kannst du das dann, je nachdem, wo du dir Hilfe suchst, das auch vorsichtig ansprechen. Du musst ja nicht sofort alles sagen, sowieso wird es einige Sitzungen brauchen, bis du dich öffnen kannst. Und das ist mehr als in Ordnung und ein guter Therapeut wird das verstehen, sensibel mit dir umgehen und dir Zeit lassen. Und er wird sich vor allem auch ausreichend Zeit nehmen, dich und deine Probleme kennenzulernen und erst nach reiflicher Überlegung Diagnosen anstellen.

Vielleicht würde es dir auch schon helfen, wenn du das alles nochmal niederschreibst in einem Brief und diesen an deinen Hausarzt oder auch später an einen Therapeuten übergibst. Dann kannst du deine Gedanken so wie jetzt in deinem Text sortieren und du hast weniger die Hemmnis, dich gleich so zu öffnen. Langfristig tut es dir aber gut, wenn du wirklich darüber sprichst. Aber wenn es anfangs gar nicht geht und du dich so erstmal besser öffnen kannst auf schriftlichem Wege, wäre das auch eine Möglichkeit.

Falls du vielleicht aktuell niemanden zum reden hast, aber jemanden dringend zum Reden brauchst, empfehle ich dir als Akut-Ratgeber die Nummer gegen Kummer (116 111 oder unter https://www.nummergegenkummer.de/und die Telefonseelsorge (0800.1110111 oder 0800.110222 oder unter der Webseite https://www.telefonseelsorge.de). Beides geht auch ganz anonym und die geschulten Zuhörer können dich auch beraten.


Ich habe dir noch einige Links zusammengestellt, die dir auch vielleicht helfen könnten:

https://www.sueddeutsche.de/wissen/psychiatrie-der-verirrte-blick-in-die-seele-1.913350
https://forum.rotetraenen.de/index.php/Thread/78417-Fehldiagnose-Borderline-und-das-Leben-das-dabei-kaputt-ging/
https://www.dissoziation-forum.de/index.php/willkommen/system-antworten/355-frage-von-jesse-fehldiagnose-borderline-wie-erging-es-euch-damit
https://gedankenwelt.de/ein-schlechter-psychologe-kann-eine-menge-schaden-anrichten/
https://mein-kummerkasten.de/331688/Moechte-trotz-Problemen-nicht-wieder-in-Psychatrie.html


Abschließend wünsche ich dir wirklich alles Gute, ganz viel Mut, Kraft, all diese Schwierigkeiten zu bewältigen. Du bist auf jeden Fall nicht allein, glaub mir, es wird immer Menschen geben, denen du vertrauen kannst und die dir helfen können. Suche dir bitte Hilfe und lasse dir auch helfen. Ich wünsche dir von Herzen, dass es dir dann wieder gut geht.

Schreib uns doch gerne, wenn du Fragen oder noch etwas auf dem Herzen hast.

Viele liebe Grüße,
Lan