Problem von Annonym - 14 Jahre

Alkohol

Hallo Liebes Kummerkasten Team,
Ich hab schon 2 mal hier reingeschrieben jedoch trau ich mich nicht es jemanden zu sagen weil ich dann denke dass ich mehr probleme haben werde unzwar geht es um meinen Vater der sehr viel Alkohol trinkt und meiner mutter mir und meinem bruder reicht es langsam aber meine mutter kann es leider nicht meinem Vater sagen da er sonst austickt und mit austickt meine ich Ausrastet droht u.s.w. Das ist schon ein paar mal passiert und es wird leider nicht besser ich hab sogar den Gedanken meine mutter dazuzubringen mit ihm schluss zu machen weil ganz ehrlich mir reicht es schon. Selber traue ich micht ihm zu sagen das er aufhören soll weil ich angst von ihm habe. Wir haben in der schule Sozialpädagogen aber wegen Corona haben wir jetzt online Unterricht und ich kann da leider auch nicht hingehen und es alles erzählen und naja ich hätte es mir auch nicht zugetraut weil wie ich schon geschrieben habe denke ich ich werde nur mehr probleme haben...
Ich hoffe Sie können mir Helfen
Mit freundlichen Grüßen
Annonym

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

vielen Dank, dass du so mutig und stark warst, dich uns anzuvertrauen.

Zunächst einmal: Bitte hab keine Angst davor, dich jemanden anzuvertrauen. Ich kann mir vorstellen, dass du davor Angst hast, dass es rauskommt, dein Vater es mitbekommt und dann etwas schlimmes anstellt. Erst einmal mein Rat an dich: Frage dich, wovor du genau Angst hast. Und setze dich bitte mit den möglichen Gründen auseinander.

Und ganz wichtig: Du bist nicht für das Unglück deiner Familie verantwortlich. Dein Vater ist süchtig, deine Mutter scheint derzeit auch nichts tun zu wollen, womit sich der Leidensdruck verstärkt.

Auf jeden Fall solltest du dich nicht gedrängt sehen, das Problem allein zu lösen. Hol dir unbedingt Hilfe von außen, um auch mit deinen Eltern zu sprechen. Und vor allem was deinen Vater angeht: Er muss selbst einsehen, dass er ein Problem hat und bereit sein, sich helfen zu lassen. Da kann die Familie noch so unterstützend sein, der Wille muss vor allem bei deinem Vater sein.

Doch glaub mir: Es wird auf alle Fälle besser, wenn du dich jemandem anvertraust, über deine Probleme redest. Dann kann euch erst wirklich geholfen werden. Wenn du davon erzählst, wird es nicht mehr Probleme geben. Im Gegenteil: Eure Probleme können so auch gelöst werden, es kann besser werden.

Auch wenn es dir schwer fällt, es jemandem zu erzählen. Wenn du es für dich behälst, wird es eher schlimmer. Und du schreibst selbst, es wird nicht besser. Und wenn ihr es niemandem sagt und euch auch keine Hilfe holt, dann wird es auch so bleiben. Und nun frage ich dich: Willst du, dass es so bleibt? Oder willst du, dass es sich ändert? Ich weiß, dass es sehr provokativ ist.

Aber ich möchte dir und deiner Familie einfach ganz viel Mut und Hoffnung geben. Ich möchte, dass du dich aus der Opferrolle befreist, du kannst etwas tun, ihr seid eurem Vater nicht schutzlos ausgeliefert. Ihr könnt euch Hilfe suchen und werdet auch Menschen finden, die euch da professionell begleiten und euch aus der Krise und den Familienproblemen helfen.
Ich lege dir sehr ans Herz: Sei bitte mutig, hol dir Verbündete und sucht euch gemeinsam als Familie Hilfe.


Hilfe und Verbündete suchen

Ich nehme an, dass vielleicht auch eure Verwandten davon Bescheid wissen, oder liege ich falsch? Versuche mit ihnen zu sprechen oder dir jemanden zu suchen, dem du dich anvertrauen kannst in einem persönlichen Umfeld. Sei es der Sozialpädagoge in der Schule, ein Lehrer oder jemand anderen, dem ihr vertraut. Gibt es Freunde in eurer Familie oder deine, mit denen ihr darüber reden könnt?

Das ist ein wirklich ernst zu nehmendes Problem. Und ich denke, dass da auch unbedingt gehandelt werden sollte. Sonst belastet euch das zu sehr und irgendwann könnte es euch selbst richtig schlecht gehen. Das prägt einen auch sehr und macht einen kaputt.


Mit Mutter reden

Und versuche auch mit deiner Mutter nur zu zweit zu reden. Ermutige sie, dass sie unbedingt mit deinem Vater spricht, wie sehr es sie belastet. Erzähle dir ihr auch unbedingt wie sehr die ganze Familie darunter leidet und was das mit dir vor allem macht. Vielleicht kannst du ihr dann ein Stück weit die Augen öffnen und sie dazu bewegen, etwas zu ändern oder ihr geht alle gemeinsam zu einer Suchtberatungsstelle und lasst euch dort auch beraten.


Mit dem Vater reden

Wichtig ist auch, dass ihr unbedingt das Gespräch mit eurem Vater sucht. Auch wenn er austickt, es kann so nicht weitergehen. Ihr müsst unbedingt versuchen, ruhig und sensibel mit ihm zu sprechen.
Ihr solltet mit ihm darüber reden und vielleicht sieht er auch selbst ein, dass er ein Problem hat und vielleicht besteht ja auch die Hoffnung, dass er sich bessern und etwas dagegen tun will. Eventuell, wenn er sich verständig zeigt, könntet ihr euren Papa dazu ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen und eine Entzugstherapie zu machen. Das wäre auch für euch eine gute Auszeit, endlich mal wieder stressfrei zu sein und euch von dem Terror zu erholen.



Anlaufstellen

Vielleicht könnt ihr gemeinsam mit eurem Vater oder auch erst mal ohne deinen Vater eine entsprechende Beratungsstelle aufsuchen, die auf solche Probleme spezialisiert ist.

Ihr könntet vielleicht auch mal beim Jugendamt nach einem Familienhelfer, einem Sozialarbeiter, fragen. Der könnte auch für eine Weile vor Ort sein und die Probleme mit euch gemeinsam aufarbeiten.

Vielleicht wäre es auch für euch ratsam, eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Alkoholsüchtigen/kranken aufzusuchen. Dort finden sich Menschen, die vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Der Austausch kann helfen und ihr findet dort auch Unterstützung.
Ihr könntet euch auch an die Anonymen Alkoholiker, die es wahrscheinlich auch bei dir geben wird, wenden. Diese helfen nämlich auch den Angehörigen.


Meine Erfahrungen mit alkoholkrankem Vater

Weißt du, ich habe mir deine Zuschrift direkt ausgesucht, weil ich nämlich in meiner Kindheit und Jugend in einer ähnlichen Situation war. Es ist nicht vergleichbar, aber ich sehe doch einige Parallelen und wenn du magst, kann ich dir auch meine Geschichte erzählen:
Ich hatte mal einen Stiefvater, der ebenso ein großes Alkoholproblem hatte, er hatte das selbst erkannt, hatte Therapien gemacht, die aber nie anschlugen. Kurze Zeit später war er immer wieder rückfällig geworden. Er ist zwar nicht wirklich ausgetickt, wenn er zu viel trank, aber er würde psychisch schon sehr verletzend, dass hat sowohl meine Mutter und mich sehr belastet. Beide haben viel miteinander gestritten, meine Mutter hatte zwar auch Angst, aber sie hatte immer versucht, ihm Kontra zugeben. Doch insgeheim hoffte sie immer, er würde irgendwann trocken werden, denn eigentlich liebte sie ihn ja und wollte mit ihm zusammen bleiben. Und diese Hoffnung gab ihr auch die Kraft, weiter bei ihm zu bleiben.

Doch wie eurer Familie reichte es auch mal meiner Mutter und mir. Und sie entschied sich dazu, sich von ihm zu trennen. Irgendwann war der Schlusspunkt doch erreicht, keine Besserung in Sicht. Es war nicht leicht, es kostete sehr viel Überwindung, sie ließ von der Hoffnung los, dass es besser wird. Und entschied sich für unser Wohlergehen als Familie. Vielleicht auch als Schutz vor meinem Stiefvater. Aber bis es soweit kam, dauerte es sehr lange, glaub mir. Es war eine sehr schwere Zeit, aber gemeinsam haben wir es doch geschafft.

Ich hoffe, dass dir meine kleine persönliche Geschichte vielleicht auch Hoffnung und Kraft geben kann, etwas aktiv zu tun.


Trennung, wenn gar nichts mehr geht

Wenn wirklich gar nichts mehr geht, dein Vater nicht mit sich reden lässt oder jegliche Versuche, dass er mit professioneller Hilfe die Alkoholsucht besiegt, scheitern, dann wäre vermutlich eine Trennung das Beste für euch alle. Ich hoffe natürlich, dass es bei euch nicht so sein wird wie bei mir. Auch wenn ich jetzt gestehen muss, dass es das Beste für meine Mutter und mich war, wir waren sehr erleichtert, konnten endlich ein normales Familienleben führen, es hat uns zusammengeschweißt und wir sind sehr froh darüber. Eine Trennung ist nicht per se etwas schlechtes, auch wenn es schwer fällt. Es kann auch ein wunderbarer Neuanfang für alle sein. Denkt aber bitte unbedingt an euch und dass es euch gut geht. Das ist das Wichtigste.

Falls du gerade niemanden zum reden hast, aber jemanden brauchst, empfehle ich dir als Akut-Ratgeber die Nummer gegen Kummer (116 111 oder unter https://www.nummergegenkummer.de/und die Telefonseelsorge (0800.1110111 oder 0800.110222 oder unter der Webseite https://www.telefonseelsorge.de).


Hier habe ich dir noch einige Links zusammengestellt, die dir als Anregungen dienen können:

http://www.a-connect.de/beratungsstellen.php https://www.anonyme-alkoholiker.de/kontakt/angehoerige/
https://www.vigozone.de/vater-ist-alkoholiker/
https://www.anonyme-alkoholiker.de/kontakt/angehoerige/
https://nacoa.de
https://www.netdoktor.at/krankheit/alkoholismus-angehoerige-tipps-6451631
https://cosucht-frei.de/erkenntisse-alkoholikerkind/

https://www.beratung.help/a/hilfe-fuer-angehoerige-von-alkoholikern
https://mein-kummerkasten.de/309678/Mein-Vater-ist-alkoholiker.html
https://mein-kummerkasten.de/index.php/164578/Alkoholproblem-meines-Vaters.html
https://mein-kummerkasten.de/250328/Mein-Vater-trinkt.html


Ich wünsche dir ganz viel Mut, Kraft und alles Gute! Ich hoffe, ich konnte dir mit meiner Antwort irgendwie helfen.
Wenn du Fragen hast oder noch etwas auf dem Herzen, schreib uns jederzeit.


Viele Grüße,
Lan