Problem von Anonym - 16 Jahre

Angst vorm Melden

Hallo,
ich habe total das Problem mich mündlich im Unterricht zu beteiligen und das zieht teilweiße schon meine Noten echt runter. Ich habe versucht mit Freunden immer wieder darüber zu reden, aber die verstehen mich nicht richtig. Ich verstehe mich auch nicht so richtig. Es hat eigentlich nichts mit einer schüchternen Persönlichkeit zu tun, die habe ich nämlich nicht bzw. nicht besonders stark ausgeprägt. Deswegen frage ich mich immer wieder, was der Grund für meine Angst ist. Ich möchte einmal schildern, wie ich mich fühle, wenn ich weiß, jetzt könnte ich mich eigentlich melden, ich hätte gerade eine gute Antwort: Ich bin plötzlich total aufgeregt, bekomme schwitzige Hände, Herzrasen und Bauchschmerzen. Besonders jetzt im Distanzunterricht bemerke ich, wie ich auch noch unregelmäßig atme. Diese Meldeangst ist aber auch unterschiedlich stark ausgeprägt, also je nachdem in welchem Fach ich gerade bin. Dort wo ich weiß, dass der Lehrer mich nicht einfach so drannehmen würde geht dass voll klar, aber in den Fächern, wo das schon vorgekommen ist sitze ich total angespannt und hab teilweiße schon Stunden davor diese innere Anspannung. Es ist manchmal so stark das ich nicht mal etwas essen kann. Aber auch in Fächern, die ich mündlich hab, ist diese Anspannung da, weil ja meine Note nur davon abhängt. Auf jeden fall hab ich versucht den Grund meiner Angst zu finden. Ich dachte, vielleicht habe ich Angst Fehler zu machen, aber jeder macht ja Fehler und wenn ich höre was meiner Mitschüler manchmal reden, kann es bei mir gar nicht schlimmer werden. Dann dachte ich, ich hätte Angst wie immer rot zu werden, aber die Meldeangst blieb ja trotz Distanzunterricht, wo mich keiner gesehen hat. Ich weiß nicht ob ich Angst habe, was die anderen Leute von mir denken, in erster Linie würde ich sagen nein, aber vielleicht ist das der unbewusste Grund für meine Angst. Heute war wieder so eine Stunde, bei der ich praktisch gezwungen war etwas zu sagen aufgrund eines Spieles und ich hatte auch schon eine richtig gute Antwort parat, aber weil ich so ne Angst hatte etwas zu sagen, habe ich einfach nichts gesagt und damit allen das Spiel verdorben. Das tat mir richtig leid, aber ich konnte mich einfach nicht überwinden. Es ist übrigens bei mir meistens so, dass wenn ich in der Stunde mich einmal überwunden habe was zu sagen, es in dem Rest der Zeit mir viel leichter fällt. Meine Frage ist jetzt, was ich tun soll? Ich habe überlegt, ob ich möglicherweise eine soziale Phobie habe oder so..., aber ich will einfach diese Angst loswerden, bzw. so klein machen, dass sie mich nicht mehr behindert. Hast du da Vorschläge?

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo liebe Ratsuchende,

Vielen Dank für deine Zuschrift!

Ich kann sehr gut verstehen, das es dir gar nicht so leicht fällt dich in der Schule mündlich zu beteiligen. Vielen geht es da wie dir. Für einige ist es schwerer, für andere etwas leichter. Nun mit dem Distanzunterricht kann es für einige Schüler und Schülerinnen Segen und leid zugleich sein, denn natürlich ist man eben in Distanz - andererseits ist es so, das es dadurch auch nicht viel einfacher für dich geworden ist.

Erst einmal möchte ich anmerken, was mir bei dir direkt aufgefallen ist - du denkst super viel nach und machst dir deine Gedanken über Ursachen und Lösungswege und das ist toll! Alleine das du hier geschrieben hast, zeigt eines ganz klar: Du willst es ja gerne anders und dir fehlt vielleicht einfach der kleine Anstoß, wie du das machen solltest. Aber dein Wunsch ist voll und ganz da!

Es macht es natürlich schwierig, das gar nicht so genau fest steht, warum diese Angst in dir steckt. Aber ich denke auch, das es für mögliche Lösungen doch gar nicht so wichtig ist, denn es geht einfach darum, etwas zu verändern und die Ursachen zu erforschen, ist vielleicht eine Aufgabe auf dem Weg dorthin. Aber es ist wichtiger zu handeln, anstatt zu denken. Zumindest in der Situation. Angst ist eigentlich etwas tolles! Sie beschützt uns, vor Gefahr. Mach dir immer wieder bewusst, das es keine Gefahr gibt. Frag dich in den Momenten der Angst, ob diese Angst nun berechtigt ist (Manchmal ist Angst sehr berechtigt!) Aber im Grunde kann in deiner Situation mit dem Melden nichts wirklich schlimmes passieren!

Wenn du mal etwas falsches sagst - Da ist nichts schlimmes dabei! Dann hast du halt mal etwas gesagt, was der Lehrerin oder dem Lehrer nicht ausreichend war oder auch total am Thema vorbei geredet war. Aber dann hast du dich beteiligt. Wenn jemand dann etwas doofes sagt, dann kannst du dir sicher sein, das auch Sie oder Er früher oder später schonmal eine falsche Antwort gegeben hat oder geben wird. Das passiert jedem mal und ist kein Weltuntergang!

Wenn du mal rot wirst und alle es sehen - Na und? Dann sagst du halt, das du etwas aufgeregt bist - das Gefühl kennt auch jede Schülerin und jeder Schüler. Vielleicht ist es vor allem im Distanzunterricht eben deine Chance, da genau jetzt diese Angst gar nicht da sein muss, weil dich niemand sieht. Dann wirst du eben rot - aber nach einigen Minuten ist doch wieder alles gut und dann redet jemand anderes weiter.

Es geht darum, nun erst einmal das "Eis zu brechen" - Der Lehrer erinnert sich letztlich an deine Beteiligung und die anderen Schülerinnen und Schüler wissen spätestens nach wenigen Tagen schon nicht mehr, das du dich gemeldet hattest. Es ist gut, wenn man erst einmal anfängt, denn du sagst selbst: Fängst du erst einmal an dich mündlich zu beteiligen, dann wird es auch einfacher für dich, dies zu tun! Das ist eine tolle Erkenntnis, zu der du dort selbst gekommen bist. Anfangen ist das schwerste am ganzen, aber wenn das erst einmal überwunden wurde - dann wird deine Hand auch öfter nach oben gehen und du wirst merken, wie mündliche Beteiligung nicht nur deine Note verbessert, sondern auch wirklich Spaß machen kann, wenn man eben wirklich - dabei - ist, in der Klasse.

Was ich dir auch raten würde: Vielleicht könnte es dir helfen, wenn du deine Lehrkraft informierst. Nämlich darüber, das es dir wirklich sehr schwer fällt, dich mündlich zu beteiligen. ABER das du dabei bist, daran zu arbeiten und du versuchst dich zu überwinden. Das du Sie/Ihn vielleicht darum bitten möchtest, das du nicht mehr spontan und überraschend dran genommen wirst in der nächsten Zeit und du selbst versuchst dich mehr zu beteiligen - von dir aus? Wäre das eine Möglichkeit? Lehrkräfte haben oft mehr Verständnis dafür, als man denkt. Du arbeitest immerhin an dir und möchtest dich verbessern und das ist auf jeden Fall etwas, was positiv bemerkt werden sollte! Hilf du deinen Lehrkräften dabei, das Sie die Veränderung bei dir mitbekommen.

Und noch ein Tipp: Mach es langsam und in Ruhe! Das ist kein Wettlauf, sondern ein Prozess. Setze die kleine und erreichbare Ziele. Wie wäre es zum Beispiel wenn du zukünftig dir vornimmst, dich in jedem Fach zukünftig 1 Mal zu beteiligen? Wäre das denkbar? Oder du sagst dir 3 Mal am Schultag, melde ich mich. Entscheide dich und dann Verinnerliche dieses Ziel und dann kannst du starten mit deiner mündlichen Beteiligung. Es ist besser als nichts und wenn du dann merkst, das du dich beteiligt hast und schon wieder eine Antwort weißt, dann versuch es direkt noch mal! Du solltest dich gut dabei fühlen, deine Note zu bessern und dir selbst darüber hinaus, etwas gutes zu tun! Setz dir dieses Ziel für dich, wie oft du dich melden möchtest! Und dann umsetzen! Ja, du hast Recht wenn du nun denkst, das es doch einfacher klingt, als es so umzusetzen! Da stimme ich dir zu! Doch, wer nicht wagt kann nicht gewinnen und ich glaube daran, das es hilft, wenn man klein startet und sich dann steigert.

Lass dich von deiner Familie unterstützen oder von guten Freunden, die dich ab und zu sonst einfach mal motivieren können, dich zu melden oder dich später fragen, ob du dich gemeldet hast. Es gibt auch immer Themen in der mündlichen Beteiligung durch Quantitativ sind. Wenn du dich meldest und eine Verständnisfrage stellst und das gesagte der Lehrkraft wiederholst um dich bestätigen zu lassen, es richtig verstanden zu haben, ist es auch gut. Es ist auch gut, wenn du deine Hausaufgaben vorträgst oder Wenn du etwas was vorgelesen werden soll, vorliest. Schau, was dir einfacher fällt. Und wenn es im Zweifel zu Beginn nur die Bitte zum Toilettengang ist oder das Melden, um zu sagen, das Du das gesagte nicht akustisch verstehen konntest und um Wiederholung bittest. Klar sind diese Meldungen dann nicht zwingend so notenverbessernd - aber es wäre ein Anfang, wenn du dann überhaupt gesprochen hast! Das ist entscheidend! Anfangen!

Von einer sozialen Phobie auszugehen, ohne ärztliche Diagnose steht nun hinten an! Wenn du wirklich denkst, das es daran liegen könnte und du auch in kleinsten Schritten keine Verbesserung erreichen kannst, dann könntest du dich mit deinen Symptomen und Beschwerden mal an eine Psychologische Sprechstunde in einer Klinik oder an eine Psychologische Praxis wenden, um dir da Rat zu suchen. Erstmal jedoch denke ich, das Du sehr sehr gut in der Lage bist, etwas zu verändern, da du erste Schritte bereits zeigst. Sowas klappt nicht von heute auf Morgen und eine Verbesserung wird sich einstellen, wenn du dran bleibst - da bin ich sicher. Es geht nur langsam, aber es geht!

Du kannst dich gerne jederzeit wieder melden und gerne auch berichten, wie es für dich weiterhin in der Schule läuft und ob du dich bereits mehr beteiligen kannst.

Ich wünsche Dir Alles Liebe und Gute,


Liebe Grüße,
Julia