Problem von Anonym - 33 Jahre

Müde genervt gelangweilt

Hallo zusammen, ich lobe euch dass ihr eure Zeit in die Hilfe für unsere Probleme steckt. Super, danke.

Dann zu mir. Ja irgendwie stecke ich im Leben fest und komme nicht weiter. Klar macht der Lockdown unser aller Leben einen Strich durch jede Rechnung. Das nervt ja sowieso. Doch eigentlich lief das bei mir immer so, viele Kontakte war nie mein Leben. Aber der Turnverein, Musikunterricht und Freunde treffen sind dann ja auch wegfallen. So bleibt zu Hause sitzen oder spazieren. Aber schnell kommen mir dann Grübeleien wie eigentlich wäre jetzt. ... Ich kann aber arbeiten. Arbeite in der Seniorenarbeit. Der Kontakt mit Bewohnern macht mir viel Freude. Eigentlich. Aber das Klientel wird immer anstrengender und entfernt sich immer weiter von meinen Vorstellungen. Dazu kommen Kollegen die Hetzen und lügen. Es wird viel Mist erzählt. Ich bin ein ruhiger Mensch und rede selten mit Kollegen dafür aber umso mehr mit Bewohbern. Naja aber da ich ruhig bin halten mich Kollegen für bescheuert oder denken ich tratsche weiter was Kollegen in meiner Nähe erzählen. Dabei ist mir das nichts als egal. Oder ich arbeite zu langsam gegenüber meiner hektischen Kollegin. Auf der anderen Seite mag sie mich sehr gern aber macht auch Bemerkungen die mich kränken. Die bringen verschiedene Leitungpersonen auch
Jedes mal denke ich dann ich will weg am liebsten Autor sein. Ich arbeite seit Jahren an verschiedenen Büchern. Aber veröffentlicht ist noch keins. Theoretisch mein Traum aber verdienen tut man ja kaum daran. So befürchte ich in man davon eine Wohnung zahlen kann.
So und dann such ich weiter nach einer Freundin. Im Imternet. Da bekomme ich auch viele Anfragrn aber die meisten stellt sich heraus dass sie nur Sex wollen. Wir vergeht auch die Lust auf egal was auch auf interessantes zu antworten.
Ja irgendwie fühle ich mich gefangen. Es geht irgendwie weiter aber nicht do dass es mich glücklich macht. Ich will raus aus dieser langweiligen Öde. Auch Wochenede macht kein Spaß mehr. Lang schlafen und dann ärgern das Die Zeit rum ist. Und dann wieder Angst vor Montag.

PaulG Anwort von PaulG

Lieber Anonymer,

du hast vollkommen recht: Wir alle wurden durch den Lockdown mehr oder weniger stark ausgebremst. Es ist auch nachvollziehbar, dass du als Beschäftiger im Pflegesektor derzeit besonders stark in Anspruch genommen bist, und die Arbeit entsprechend an deinen Kräften zehrt.

Aber seien wir doch mal ehrlich: Die Entscheidung, ob du etwas an deinem Leben ändern willst (wenn dich denn wirklich alles stört), die triffst du ganz allein. Es gibt unter den aktuellen Bedingungen zwei Gruppen von Menschen: Es gibt die, die sich davon unterpflügen lassen und sich einreden, ihre Probleme seien mehr oder weniger einzigartig - was nicht heißen muss, dass sie nicht tatsächlich schlimm sind. Dennoch ist der Lockdown keine Entschuldigung dafür, zu glauben, man sei für sein eigenes Wohlergehen nicht letztlich selbst verantwortlich. Das ist die eine Gruppe. Die andere Gruppe besteht aus Menschen, die zwar ebenfalls unter der Situation leiden, sie aber auch als Chance betrachten und sich darüber Gedanken machen, ob die Entschleunigung nicht auch ihre guten Seiten hat. Und ob man nicht jetzt - wo das Übliche nicht möglich ist - die vielen Dinge machen kann, die man sonst womöglich nie gemacht hätte, und die man sonst immer vor sich hergeschoben hat.

In welcher Gruppe siehst du dich, lieber Anonymer?

Bei deinem Text ist eines auffällig: Wenn von jemandem etwas Schlechtes, Kontraproduktives ausgeht, so bist niemals du derjenige. Du äußerst nicht ein Wort der Selbstreflexion, sondern arbeitest dich an Vorwürfen gegen alles und jeden ab. Deine Kollegen, die Pflegebedürftigen, die Frauen auf Dating-Apps... alle, aber auch wirklich alle missachten dich, erkennen deine Gefühle nicht, denken sich nicht in dich hinein, behandeln dich schlecht, sehen deine Bedürfnisse nicht. Vielleicht mag das ja stimmen... aber woraus, lieber Anonymer, sollte ich schließen, dass du es besser machst? Ich kann kein Anzeichen dafür erkennen, dass du reflektierst, um wie viel komplizierter und trauriger die Lebenslage vieler Leute um dich herum sein mag. Und dass jemand nicht der rechte Umgang für dich ist, hast du offenbar immer schon entschieden, bevor du die Person überhaupt getroffen und dich auf sie eingelassen hast.

So wird das nichts... und das weißt du. Ich kann dir nicht helfen, deinem Leben eine neue Richtung zu geben, wenn du dich lieber der Langeweile hingibst und dir darin gefällst, von allen Menschen ermüdet und genervt zu sein - außer von dir selbst. Wirklich nicht. Du kannst noch zehn oder zwanzig oder dreißig Jahre so weiterleben, wie du sehr wohl weißt, und immer noch "müde genervt langweilig" sein. Aber irgendwann ist es zu spät, und das wird dann am Ende nur an einem einzigen Menschen gelegen haben: Dir.

Nachdenkliche Grüße,

Paul