Problem von Anonym - 16 Jahre

Ich weiß nicht mehr weiter

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
mein wirkliches Ich ist in einer Glaskuppel gefangen, welches es von der Außenwelt abschirmt. Es ist von Millionen Fassaden umgeben hinter denen es sich versteckt, die es schützen. Ich habe das Gefühl niemals ich zu sein. Immer nur eine Fassade, die mein Verstand kreiert hat um mich zu schützen. Auch diese Person, die ihnen das Problem schildert bin nicht ich. Es ist bedeckt von den Fassaden in der Glaskuppel abgeschottet von der Welt. Alles dringt nur dumpf zu meinem wirklichen ich, als wäre es in dieses Leben gar nicht wirklich involviert, es lebt nicht wirklich das Leben, es schaut eher zu, wie ein Beobachter. Meine Stimmungen sind nur meine wechselnden Fassaden, die nicht ich bin. Trauer, Glück und Einsamkeit. Manchmal wechseln diese Stimmungen unglaublich rasant ,ohne wirklichen ersichtlichen Grund und ich habe keine Chance diesen Wechsel zu stoppen, meine Emotionen, der Wechsel meiner Fassaden ist Herr über mich. Ich frage mich dann, ob ich überhaupt bin. Alle Menschen scheinen ihr Leben unter Kontrolle zu haben, nur meines scheint in Segmente zu zerbrechen, Glasscherben, in denen diese Illusion namens Lebens sich spiegelt und in Einsamkeit versinkt. Die Menschen, alles um mich herum nimmt nicht mich wahr, sieht nie mich, sondern nur immer eine der Fassaden, je nachdem, welche mein ich gerade schützt. Und sie begutachten diese Fassade. Befinden sie für gut genug oder eben auch nicht. Ihre Augen wandern über meinen Körper, meine Klamotten und gefärbten Haare. Viele wollen mich nicht. Die meisten. Und dann gibt es ein paar die sagen, dass sie mich lieben. Aber sie lieben doch eigentlich nur meine Fassade. Und manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mich hassen, dass alle mich hassen, obwohl sie mir gar keinen Grund dafür geben, aber ich bin doch so verkorkst und anders, wer sollte mich denn lieben? Selbst meine Fassaden machen keinen logischen Sinn. Sind Clownsmaskeraden.
In meinem Kopf kreiere ich eigene Illusionen. Du bist ein Mädchen. Mädchen sind dünn und zart, sie können leicht hoch gehoben werden, bloß nicht zu viel essen, dazu gehören, reinpassen, sodass man auch bloß nicht zu viel Platz einnimmt. Ich möchte perfekt sein. Deswegen lasse ich mein wirkliches Ich nicht hinaus. Fassaden kann man ändern. Ich selbst bin ich. Und ich glaube dieses ich will man nicht. Und ich bin so einsam. Obwohl ich Freunde habe, eine Familie die mich liebt. Aber ich bin doch in dieser Glaskuppel und niemand merkt es, sie alle reden mit einer Fassade, Lieben eine Fassade und ich will sie nicht enttäuschen, will perfekt sein, mir bloß keinen Fehler erlauben, sie haben alle schon genug Probleme, ich muss stark sein und dünn und zart, darf nur wenig Platz einnehmen, damit die anderen sich nicht bedrängt fühlen und so viel Platz haben wie sie möchten. Ich will reine Ästhetik sein, perfekt, makellos.
Ich liebe es zu nähen. Oder vielleicht liebt es meine Fassade zu nähen. Wahrscheinlich eher zweiteres, aber es hilft mir und das ist doch irgendwie genug. Wenn ich Kleider entwerfe bin ich so ich, wie ich es überhaupt noch kann. Und dann, wenn der Druck in der Glaskuppel zu groß wird, wenn ich nicht mehr atmen kann, weil dort zu wenig Platz in mir ist, dann nehme ich eine Nähnadel und steche kleine Löcher in meine Haut. Und der Schmerz löst so viel Druck und danach ist alles irgendwie größer und weiter und ich kann wieder atmen. Ich möchte das eigentlich nicht. Aber ich kann nicht anders. Ich möchte nicht, dass meine Eltern sich auch noch um mich sorgen. Ich will wenig Sorgen bereiten, wenig Platz einnehmen, da ist es am einfachsten mich zu verletzten wenn ich alleine bin.
Meine Familie hat schon genug Probleme. Meiner Mutter ging es noch nie wirklich gut, sie versucht alles um mir und meinen 3 Geschwistern alles zu geben was sie kann. Mein Vater auch. Ich möchte diesen Menschen, die ständig versuchen alles für mich zu geben nicht sagen, dass ich glaube, dass irgendwas nicht stimmt, dass mein Leben in sich zusammen fällt. Und das klappt gut. Denn meine Fassade schützt mich und zeigt ihnen Glück und sie wirken darüber so erleichtert. Außerdem nimmt meine große Schwester bereits Therapiestunden. Und wenn ich nun ihnen sagen würde, dass es mir nicht gut geht wäre ihre Reaktion wahrscheinlich:“Du machst das doch bloß, weil deine Schwester es macht, dir geht es doch gut.“ Und meine Mutter wäre wenn sie merken würde dass ich es ernst meine bestimmt totunglücklich. Das will ich nicht. Ich will nicht so sein wie ich bin. Ich fühle mich so kaputt. Also verletzte ich mich lieber selber, denn das macht sie nicht unglücklich, sie merken es nicht und sie können ihr Leben so leben wie eh und je.
Woran liegt es, dass ich so bin? So anders? Woran liegt es, dass meine Lehrer sagen, ich wäre nicht wie andere, ich wäre eine Persönlichkeit, woran liegt es, dass meine Mitschüler Gerüchte darüber verbreiten, dass ich meinen Körper verkaufe, nur weil ich aussehe wie ich aussehe. Sie reden über diese Fassade als wüssten sie etwas von ihr, was darunter liegt. Ich bekomme keine Luft. Spiele eine Fassade. Und selbst diese will man nicht. Doch solange ich meinen Schmerz nicht zeige, nichts sage, ist zumindest niemand in seinem Leben groß eingeschränkt. Sie reden über mich, aber brauchen sich keine Sorgen um mich zu machen. Ich will perfekt sein, klein und zart, makellos, schön, setze eine Maske auf, will keinen Kummer bereiten und füge mir wenn niemand hinsieht weil ich all diesem Druck nicht standhalte kleine Wunden zu, ebenfalls klein und zart, damit sich niemand sorgen muss. Sie lesen gerade den Text von meiner Maskerade. Womöglich macht das alles recht wenig Sinn. Doch so fühle ich gerade. Und meine Frage: Was soll ich tun?

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

ich danke dir für deine ausführliche Nachricht und dass du dich so geöffnet hast.

Aus deinem Text heraus lese ich, dass du wirklich sehr reflektiert bist für dein Alter. Du denkst viel über dich selbst und dein Leben nach und kommst zu tiefgründigen Erkenntnissen. Das ist schon mal sehr toll. Allerdings belasten dich diese Erkenntnisse auch sehr.

Ich lese aus deinem Text mehrere Probleme heraus, die ich mal herausstellen möchte:
1. Du bist nicht du selbst, du kannst dich anderen gegenüber nicht so zeigen, wie du bist. Die Gründe dafür, gilt es herauszufinden.
2. Du fühlst dich vermutlich dadurch auch unverstanden und einsam.
3. Du haderst mit deinem Leben, fühlst dich fremdbestimmt, als hättest du keine Kontrolle darüber.
4. Du kannst dich selbst nicht lieben, du leidest unter geringem Selbstwertgefühl und glaubst, dass du so schlecht bist und daher nicht liebenswürdig bist.
5. Du erliegst einem übersteigerten Perfektionismus, der dich daran hindert, dein Ich zu akzeptieren und auszuleben, weswegen du diese Fassaden aufrecht erhälst. Du willst es anderen recht machen, sie nicht enttäuschen, weil du geliebt werden willst.

Das sind jetzt für mich persönlich die wesentlichen Punkte, die ich in deinem Text gefunden habe.
Kannst du dich darin wiederfinden? Kannst du diesen Punkten zustimmen oder eher nicht?

Mich stimmt es traurig, dass du dich selbst verletzt. Einerseits kann ich verstehen, dass du das tust. Es kann durchaus auch eine befreiende und entspannende Wirkung haben. Du fühlst dich freier und wieder lebendig. Der Druck fällt von dir. Aber denkst du nicht, dass es besser wäre, andere Wege zu finden, um wieder Raum für dich zu bekommen und wieder atmen zu können?

Es tut mir so leid, dass du die ganze Zeit mit so viel Druck durchs Leben gehst. Das muss sehr schwer sein, immer wieder vorzugeben, jemand zu sein, der du nicht bist. Du leidest sehr darunter, eigentlich willst du doch nur du selbst sein. Du willst, dass dich die anderen eigentlich so sehen, wie du bist. Du willst tief in deinem Inneren einfach nur geliebt werden, bedingungslos, ohne dich so zu verbiegen, damit du anderen gefällst. Und ich denke, dass du das ruhig auch zulassen darfst. Du darfst sein, wie du bist. Denn du bist genug, du musst dich nicht ständig verbiegen, damit die anderen dich mögen. Ich bin mir sicher, dass du ein liebenswertes Mädchen bist. Und schau mal: Du bist einzigartig, keiner ist so wie du. Dich gibt es nur einmal. Und allein deswegen bist du schon ein Geschenk für alle anderen. Mit deiner unverwechselbaren Persönlichkeit bereicherst du andere Menschen und die Welt.

Es wäre doch zu schade und traurig, wenn du dieses wahre Ich weiter verstecken würdest. Wozu? Was bringt es, wenn du einfach nicht du selbst sein kann. Es ist toll, dass du dich so um deine Mutter sorgst, dass du niemandem zur Last fallen willst. Du willst Harmonie haben und dass es anderen eben gut geht. Du sorgst dich sehr um andere und das ist echt wundervoll. Das spricht sehr für dich, schätze das an dir wert!

Aber bitte löse dich von dem Gedanken, dass du auf der Welt bist, damit dich andere lieben und damit du die Erwartungen der anderen erfüllst. Du bist nicht für ihre Zufriedenheit verantwortlich. Du bist hier auf der Welt, um dein Leben zu leben und um dich zu entfalten.

Ich lese stark heraus, dass du dich versteckst, dass du dich selbst zurücknimmst, um deiner Mutter vor allem nicht zur Last zu fallen. Aber warum glaubst du denn, weniger wert zu sein oder so wenig wert zu sein, dass du dir keine Hilfe suchen kannst? Dein ganzer Text schreit eigentlich förmlich nach Hilfe und wenn genau in dich hineinhörst, wirst auch du das erkennen. Warum hast du uns sonst immer wieder geschrieben? Vielleicht auch, um überhaupt jemandem dein wahres Ich und deine wahren Gefühle und Gedanken mitzuteilen. Aber vor allem auch, weil du doch Hilfe suchst. Oder irre ich mich da?

Es stimmt mich sehr traurig, dass deine Mitschüler schlecht über dich reden und dann solche Gerüchte verbreiten. Dabei scheinen sie dich nicht wirklich zu kennen. Noch trauriger macht es mich aber, dass du nicht zulässt, dass andere sehen, wie schlecht es dir geht und dass du dich so abmühst, nur für die anderen. Ich frage mich: Wie gesund ist das wirklich? Was bekommst du dadurch? Hattest du selbst geschrieben, dass du das Gefühl hast, sie würden dich hassen? Was bringt es also dann wirklich, den anderen etwas vorzuspielen?

Ich merke, dass du dich stark nach außen orientierst, dass du nur die anderen und deren Wohlergehen und Erwartungen im Blick hast. Aber merkst du denn nicht selbst, dass dich das unglücklich macht? Denkst du, du wirst jemals alle glücklich machen? Das wird nämlich nicht funktionieren. Und willst du wirklich, dass die anderen etwas in dir sehen, was du nicht bist. Willst du für etwas geliebt werden, was nicht wirklich echt ist?

Ich weiß nicht, inwiefern es sich wirklich um Fassaden handelt. Das ist der Fall, wenn sich das für dich nicht stimmig und echt anfühlt. Wenn du sagst, dass das alles nicht deinem wahren Ich entspricht, würde ich auch von Fassade sprechen.


Warum es gut ist, authentischer zu sein

Mache dir die Vorteile bewusst, mit denen Authentizität einher gehen würden. Du machst dich unabhängig von der Meinung anderer. Du kannst zu dir stehen, deine Ansichten vertreten. Du bist du selbst, du musst nichts mehr vorspielen. Du gehst deinen eigenen Weg. Du führst dein eigenes Leben. Du wirst gelassener und musst dich nicht mehr zurückhalten. Du triffst eigene Entscheidungen. Du achtest auf dich und deine Bedürfnisse. Du bist ehrlich und echt. Du nimmst dich selbst so an wie du bist und lernst dich zu mögen. Du bist insgesamt einfach freier. Du siehst, es gibt viel Gutes, wenn du einfach du selbst sein kannst.


Konzentriere dich mehr auf dich selbst

Es wird Zeit, dass du dich mit dir selbst mehr beschäftigst und herausfindest, wer du wirklich bist. Ich möchte dich bitten, dass du den Blick weniger auf andere, sondern bitte nur auf dich lenkst. Das wird dir vielleicht schwer fallen, weil du immer die anderen im Kopf hast und hattest. Das ist vielleicht etwas, was dich schon sehr lange beschäftigt und lässt sich vermutlich nicht so leicht ausschalten. Aber das sollte kein Hindernis und keine Ausrede sein, es nicht zu probieren.
Also bitte, versuch mal für eine bestimmte Zeit nur bei dir zu bleiben, bitte höre in dich, höre auf deine innere Stimme. Beobachte mal, wie du dich fühlst, wenn du dich verstellst. Was geht da in dir vor? Und höre mal hinein, wonach du dich sehnst. Was für ein Mensch willst du wirklich sein. Vergiss bitte mal das, was alle von dir erwarten. Was willst DU wirklich? Nur darauf kommt es.
Und dann frage dich: Was brauchst du wirklich? Was fehlt dir gerade? Warum bist du gerade so unglücklich? Gehe bitte deine Gedanken und auch deinen Text nochmal durch und du wirst deine Antworten finden.


Selbsterkenntnis ist der erste Schritt

Finde heraus, wer du bist und was dich ausmacht. Schau dir auch mal deine Fassaden an, die ja ganz offensichtlich nicht dein wahres Ich widerspiegeln. Gibt es aber auch bei diesen Eigenschaften, die vielleicht doch deinem Ich entsprechen? Sich diese Fassaden anzuschauen, kann dir auch weiterhelfen auf der Suche nach deinem wahren Ich.
Versuche Parallelen aber auch Unterschiede zu finden.

Du bist so, wie du bist. Das Leben hat dich so geprägt, vermute ich. Erinnere dich mal an Ereignisse, die einen großen Einfluss auf dich hatten.
Jeder Mensch ist anders, keiner gleicht dem anderen. Und es ist auch deswegen keiner besser oder schlechter, eigentlich dürften wir uns nicht miteinander vergleichen, das macht keinen Sinn, weil jeder unvergleichlich ist.


Akzeptiere dich wie du bist

Lerne dich mit deinen Stärken aber auch Schwächen zu akzeptieren. Jeder Mensch hat Macken, Fehler und Schwächen, niemand ist perfekt. Das kann auch nie gelingen und das brauchst du nicht. Mache dich frei davon, ständig nach Anerkennung und Liebe durch andere zu suchen. Gib dir stattdessen selbst das, was du so gerne von anderen brauchst. Wir können nur Liebe und Zuneigung erfahren, wenn wir uns das auch selbst geben können. Und du bist ein tolles Mädchen, das unbedingt Zuneigung, Liebe und Glück verdient.

Wichtig dabei ist, dass du mehr auf dich und deine Reaktionen und Gedanken achtest und achtsam wirst:
Frage dich daran: Was genau stört daran, wenn du dich nicht authentisch verhälst? Was fühlt sich gut an, wenn du dich authentisch verhälst? Was ist für dich aber belastend? Wie fühlt es sich überhaupt an, wenn du dich so zeigst, wie du wirklich bist?

Du kannst selbst entscheiden, in welchen Situationen und bei welchen Menschen du authentisch bist. Es zwingt dich niemand. Aber du kannst dich selbst auch fragen, wann du das sein willst?

Wichtig wäre dabei, auch immer zu reflektieren, wie du darauf reagierst. Dabei solltest du den Fokus auf dich selbst richten und nicht darauf, wie andere reagieren.
Vielleicht merkst du dann auch selbst, dass es sich gar nicht so schlimm anfühlt, authentisch zu sein.

Vielleicht gibt es ja bereits doch Situationen, in denen du ganz du selbst sein kannst. Vielleicht, wenn du alleine bist? Dann musst du dich ja nicht anpassen und die Erwartungen der anderen erfüllen. Versuche dann ganz bei dir zu bleiben und so zu sein, wie du sein willst und fühle mal hinein, wie du darauf reagierst.


Selbstwertgefühl stärken

Stärke auch dein Selbstwertgefühl, denn an diesem mangelt es dir. Vielleicht kannst du versuchen, dir täglich positive Sätze über dich zu sagen: Ich bin ein wertvoller Mensch. Ich darf so sein, wie ich bin. Ich gut so. Ich bin genug, so wie ich bin. Ich bin da, um mich glücklich zu machen. Ich darf auch mal Schwäche zeigen. Ich darf auch mal egoistisch sein und mich um mich kümmern.

Schaue auch mal in den Spiegel, betrachte dich eine Weile und sage dir dann diese oder auch andere Sätze, bei denen du merkst, dass sie dir gut tun. Das mag anfangs etwas komisch sein, weil du diese Sätze vielleicht für nicht wahr hälst. Aber versuche es trotzdem, immer wieder, irgendwann werden diese Sätze deine negativen Glaubenssätze, die du von dir hast überlagern.

Vielleicht gibt es da in dir auch eine Stimme, die dich ständig kritisiert und schlecht macht, weswegen du nicht du selbst sein kannst. Höre nicht auf deinen inneren Kritiker, hinterfrage, was er sagt: Stimmt das denn wirklich? Wo sind die Beweise, dass du vielleicht nur gehasst wirst? Gibt es auch Gegenbeweise?
Führe auch ein Glückstagebuch, in dem du jeden Tag reinschreibst, was heute gut war, was gut lief und was du an dir selbst gut findest, was du gut gemacht hast.


Raus aus der Glaskuppel: Ängsten stellen

Du schreibst, dass du dich selbst in einer Glaskuppel gefangen siehst. Das ist für mich ein sehr starkes Bild. Du bist eher der Beobachter, umgeben von vielen Fassaden. Du bist gefangen, kommst also nicht raus. Du schreibst, dass diese Fassaden dich schützen. Aber wovor, frage ich mich. Vor Verletzungen, Enttäuschungen, Ablehnung und Einsamkeit?

Du beschreibst es so, als würden dich diese Gefühle und Fassaden überwältigen, als hätten sie die Kontrolle über dich. Das mag vielleicht für dich so scheinen, aber hast du jemals versucht, dagegen anzukämpfen?
Vielleicht willst du es gar nicht hören, weil du dich eben schon an die Opferrolle gewöhnt hast. Aber du hast immer die Wahl. Egal, was ist, auch wenn du etwas Schlimmes zustößt. Wir entscheiden, wie wir darüber denken und wie wir uns dann fühlen.

Ich glaube es dir, dass es dir schwer fällt aus deiner Glaskuppel zu kommen. Es scheint so, als könntest du dich nicht daraus befreien. Vielleicht willst du da gar nicht raus. Fühlst du dich da sicher, ist das deine Komfortzone? Ich denke mir, dass du hin- und her gerissen bist. Einerseits würdest du schon gerne dein wahres Ich rauslassen und entfalten. Aber andererseits gibt es so vieles, was dich hindert, wovor du Angst hast. Dann willst du lieber drinnen bleiben. Das kann ich verstehen, das ist nur menschlich.

Wovor hast du Angst? Angst davor, dass andere dein wahres Ich sehen und es nicht akzeptieren, sondern ablehnen? Hast du Angst davor, am Ende allein da zu stehen? Aber woher willst du denn wissen, dass die anderen dein wahres Ich nicht mögen, wenn du es die ganze Zeit versteckt? Du kannst es nur herausfinden, indem du diese Fassaden loslässt.
Willst du niemanden zeigen, wie schlecht es dir geht, weil du weiter stark bleiben willst und niemandem zur Last fallen willst? Ergründe mal, warum es dir so schwer fällt, dich offen und verletzlich zu zeigen.

Das Problem ist, dass wir niemals vollkommen geschützt sind. Das ist ein Irrtum, diese Dinge, so sehr sie weh tun, gehören dazu. Es wird immer vorkommen, dass wir verletzt, kritisiert, abgelehnt werden und uns auch mal allein fühlen. Das ist schmerzhaft, aber es ist so. So ist das Leben. Wenn du das erkennst und lernst, zu akzeptieren, dann wird es dir auch vielleicht leichter fallen, besser damit umzugehen.

Es ist dein Leben. Willst du weiter nur Beobachter bleiben und zusehen, wie dein Leben davonzieht, ohne, dass du dich selbst entfalten kannst? Willst du so leben? Ist es das, was du wirklich willst? Ich glaube, du weißt die Antworten sehr gut. Lasse sie auf dich wirken.

Nochmal zurück zur Opferrolle: Es sind nicht die Umstände, wir sind es, die über unser Leben entscheiden. Du musst nicht weiter Beobachter spielen, du kannst und solltest der Hauptakteur in deinem Leben sein. Du gestaltet dein Leben. Dazu musst du aber Mut finden, diese Glaskuppel zu sprengen. Du hast bereits alles, was du dazu brauchst, tief in dir. Die Kräfte müssen von dir gefunden werden. Ich glaube ganz fest an dich, dass du das schaffen kannst. Doch dazu musst du einsehen, dass du da raus musst. Du musst die Perspektive wechseln, dich selbst als Akteur sehen, nicht mehr als Beobachter. Wenn du das nicht tust, werden andere für dich entscheiden und dein Leben leben. Du wirst zur Marionette deiner Fassaden.


Sich jemandem anvertrauen

Ich finde es toll, dass du Freunde und Familie hast, dich sich um dich sorgen, sich um dich kümmern und dich lieben. Das ist etwas, was nicht selbstverständlich ist. Und vielleicht erinnerst du dich öfter mal daran und lernst, dankbarer dafür zu sein. Diese Menschen können dich stärken, sie sind für dich da, wenn du sie brauchst. Versuch dich mal, ihnen zu öffnen. Hast du das alles mal mit jemandem beredet? Und wenn nicht: Was hindert dich so sehr daran? Ich glaube, es täte dir gut, wenn du dich auch persönlich jemandem anvertrauen würdest. Das könnte eine Möglichkeit sein, etwas Ballast loszuwerden.


Probleme erkennen und daran arbeiten

Ein wichtiger Schritt wäre, deine Probleme zu erkennen und nicht mehr weiter zu verdrängen, was du tust. Du machst das alles mit dir selbst aus, verletzt dich und findest so für kurze Zeit Erleichterung. Aber es ist ein Teufelskreis, aus dem du nur ausbrechen kannst, wenn du deine Probleme akzeptierst. Es ist okay, dass du mal schwach bist und Hilfe brauchst. Es fällt dir schwer, weil du wahrscheinlich heile Welt vorspielen willst. Aber es macht dich doch nur unglücklicher, das siehst du wahrscheinlich selbst.

Ich denke, dass dir ein Therapeut schon wirklich sehr viel helfen kann. Überhaupt mit jemandem darüber zu sprechen und nicht alles in dich hineinzufressen.


Ich habe dir noch ein paar Links zusammengestellt, die dir weitere Anregungen geben können:

https://mein-kummerkasten.de/333023/ich-kann-mein-Problem-nicht-beschreiben-mein-groesstes-Problem-bin-ich-selbst.html
https://www.selbstbewusstsein-staerken.net/authentisch-sein/
https://zeitzuleben.de/authentizitaet/
https://www.stephanwiessler.de/authentisch-sein/
https://www.selbstbewusstsein-staerken.net/selbstwertgefuehl-staerken/
https://www.gluecksdetektiv.de/authentisch-sein/
https://www.flowfinder.de/authentisch-sein/


Du hast lange gekämpft, ich weiß, dass du nur alles richtig machen und jeden zufrieden stellen willst. Das ist toll, das schätze ich an dir. Aber nun ist es Zeit, dass du mehr an dich denkst und dich um dich kümmerst.

Es ist ein langer Prozess, bis du dich selbst findest und auch lernst, authentischer zu sein. Versuche es Schritt für Schritt, werte dich aber nicht ab, wenn es Rückschläge gibt oder du auf der Stelle trittst. Nimm dir die Zeit, suche dir auch gerne Unterstützung. Du musst da nicht allein durch. Aber ich glaube ganz fest, dass du das schaffen kannst.
Wenn du Fragen hast oder nochmal Rat brauchst, schreib uns gerne.

Viele Grüße,
Lan