Problem von Laura - 18 Jahre

Lebe in der Vergangenheit

Eigentlich zieht sich dieses Problem durch mein ganzes Leben. Nämlich dass ich nicht über meine Vergangenheit hinwegkomme. Genauer gesagt ein paar spezielle Menschen aus meiner Vergangenheit, für die ich starke Gefühle hatte. Ich war mal verliebt in meine beste Freundin, doch sie mochte ein anderes Mädchen mehr als mich und die beiden wurden dann beste Freundinnen. Seitdem ist mein Leben irgendwie aus den Fugen geraten. Man könnte sagen, dass ich meine ganze Jugend damit verbracht habe diese Lücke mit einer neuen besten Freundin irgendwie füllen, aber übrig geblieben sind mir nur die Erinnerungen an etliche missglückte Versuche mich jemandem zu öffnen und die Person in meiner Nähe zu behalten. Diese Erinnerungen sind es, die mich bis heute in meinen Träumen und Gedanken verfolgen. Schon seit Jahren habe ich mich emotionaler Nähe verschlossen und mit Menschen nur oberflächlich Kontakt, aber in meinem Innenleben hat sich zu früher nicht viel verändert. Ich denke täglich an die Menschen, die ich geliebt habe, mit denen ich auch intime Freundschaften hatte und kann damit einfach nicht aufhören. Dieses Muster jemanden zu lieben, der mich nicht liebt hat sich in meiner Vergangenheit mehrmals wiederholt, noch schlimmer, dass es immer jemanden gab, der besser war als ich und mir meine beste Freundin irgendwann quasi "wegnahm". Ich bin mir momentan nicht mal sicher, ob ich jemals wieder jemand neuen kennenlernen und so nah an mich ranlassen kann, weil ein Teil von mir sich schon fast sicher ist, dass es sowieso nicht für immer hält. Auch weil ich Probleme damit habe anderen zu vertrauen und ziemlich besitzergreifend und eifersüchtig bin. Diese Person würde schlussendlich nur eine traurige Erinnerung mehr werden, an die ich jahrelang zu nagen habe, obwohl ich mich manchmal schon frage wieso ich nicht einfach von meiner Vergangenheit loslassen und weitermachen kann. Ich weiß mir irgendwie nicht zu helfen. Danke fürs Durchlesen.

Lan Anwort von Lan

Liebe Laura,

ich danke dir für deine Nachricht. Du musstest lange auf deine Antwort warten, aber hier ist sie endlich. Ich hoffe, sie kommt nicht zu spät.

Ich lese heraus, dass du sehr an der Vergangenheit und den Menschen, die dir wichtig waren und die du geliebt hast, hängst. So sehr, dass du einfach nicht mehr loslassen kannst. Das kann ich sehr gut verstehen, schließlich sind sie Teil deines Lebens gewesen. Es wäre der falsche Weg, das alles einfach zu vergessen oder zu verdrängen. Wichtiger ist doch, dass du eben die schönen, aber auch traurigen und schmerzhaften Erinnerungen an die verlorenen geliebten Menschen akzeptierst und auch wertschätzt. Sie sind Teil deines Lebens und haben dich zu dem Menschen auch gemacht, der du jetzt bist. Vielleicht hast du das alles noch nicht verarbeiten können. Wenn eben so schöne Dinge in der Vergangenheit passieren, will man davon nicht Abstand halten, Besonders wenn das einem auch Kraft gibt, die Gegenwart zu ertragen, die leider nicht mehr so schön ist. Es ist daher nur menschlich, dass du in deinen Erinnerungen Halt suchst. Das würde wahrscheinlich jedem so gehen, du musst dich deswegen nicht schlecht fühlen oder schuldig.

Du hast in deiner Vergangenheit Liebeskummer erfahren, das ist immer schmerzhaft, wenn die Person, in die man verliebt ist, sich für jemand anderen entscheidet. In deinem Fall war es deine beste Freundin, die sich für eine andere beste Freundin entschieden hat. Dieser Verlust ist sehr schmerzhaft und nagt am eigenen Selbstwertgefühl, war und ist dir die Freundin wahrscheinlich sehr wichtig (gewesen).

Konntest du denn damals mit ihr darüber sprechen, über deine Gefühle und dass du darunter gelitten hast, dass sie sich für eine andere Freundin entschieden hat? Habt ihr noch Kontakt? Und wenn ja: Könntest du nochmal mit ihr darüber sprechen? Wenn du das nicht getan hast und auch nicht tun willst: Vielleicht schreibst du ihr einen Brief, wo du alles niederschreibst, was dir auf dem Herzen liegt. Du entscheidest, ob du ihn verschickst, aber du kannst ihn auch behalten oder auch verbrennen. Das steht symbolisch auch fürs Loslassen. Vielleicht hilft dir das, zumindest ein Kapitel in deinem Leben abzuschließen.

Sei dir aber im Klaren: Auch wenn sie sich für eine andere beste Freundin entschieden hat, bedeutet das nicht, dass du deswegen weniger liebenswert bist. Und auch wenn deine Gefühle damals nicht erwidert wurden, bedeutet es nicht, dass es künftig immer so sein muss.


Erwartungen an andere reflektieren

Du schreibst, dass du versuchst hast, danach andere Menschen zu finden, die deine beste Freundin ersetzen. Doch es klappte nicht, du konntest dich nicht öffnen und sie nicht in deiner Nähe behalten. Magst du vielleicht in dich gehen und dich fragen, woran es gelegen haben könnte? Hast du vielleicht gemerkt, dass sie deine beste Freundin nicht ersetzen können? Konntest du nicht dasselbe Vertrauen entwickeln?

Ich erahne, dass da gewisse Blockaden dahinter stecken, vielleicht auch damit verbunden, dass du in diesen Menschen einen Ersatz gesehen hast. Wenn man solche Erwartungen an andere hat, kann das meist auch nicht gut werden. Niemand wird deine beste Freundin ersetzen können, weil sie ein besonderer Mensch für dich war. Die Freundschaft war etwas besonderes, genau genommen ist jede Freundschaft etwas einzigartiges, keine gleicht der anderen. Darum müssen wir scheitern, wenn wir in anderen Menschen das suchen, was wir mit jemand anderem hatten.


Vertrauen wieder zulassen

Etwas hindert dich daran, die Menschen näher an dich heranzulassen. Frage dich, woran das liegt. Ich will jetzt nichts Falsches sagen, aber meine persönliche Vermutung ist, dass du Angst davor hast, verletzt zu werden. So wie damals, als deine beste Freundin sich für ein anderes Mädchen entschieden hat. Das hat dich sehr verletzt und vielleicht auch dein Vertrauen in sie und generell in andere zunichte gemacht.

Weißt du, mir ging es auch mal so ähnlich. Ich hatte auch eine beste Freundin, in die ich zwar nicht verliebt war, aber die mir sehr nahe stand und die mir so viel bedeutete, mehr als alle anderen Menschen. Doch auch sie habe ich damals an eine andere verloren, die scheinbar besser mit ihr harmonierte. Ich wurde durch sie ersetzt und seitdem waren und sind wir auch nicht mehr beste Freundinnen. Unsere Freundschaft hat sich seitdem immer mehr verändert, bis wir keine Freundinnen mehr waren. Wir hatten uns auseinander gelebt. Das war nur eine Frage der Zeit.

Ich muss gestehen, dass ich mich immer noch an diese Zeiten sehne, in der wir unbeschwerte beste Freundinnen waren. Ich hänge ähnlich wie du an diesen Erinnerungen, will sie nicht loslassen, habe deswegen noch Kontakt zu ihr gehegt. Doch heute weiß ich: Das, was wir mal zusammen hatten, das kann uns keiner nehmen. Das sind tolle Erinnerungen, die ich immer hegen werde wie meine liebsten Schätze.
Doch ich muss auch schmerzhaft erkennen, dass diese schönen Zeiten vorbei sind. Wir sind jetzt anders, haben unser eigenes Leben und das gilt es zu akzeptieren. So versuche ich auch Stück für Stück die Vergangenheit hinter mich zu lassen, nach vorn zu schauen. Heute habe ich einige Freunde, aber eben keine beste Freundin. Manchmal schmerzt es, aber es ist total okay, alles Teil eines langen Prozess, um endlich loszulassen.

Vielleicht kann dir meine persönliche Geschichte helfen, deine eigenen Gefühle und Erinnerungen zu sortieren. Ich fürchte, dass du weiter in einer Vergangenheit lebst, die nicht mehr ist. Klar, sie gehört zu deinem Leben und es ist okay, sie in Erinnerung zu haben. Aber dein Leben spielt sich im Hier und Jetzt ab, deine Zukunft kann ganz anders aussehen. Wenn du auch bereit bist, das hinter dir zu lassen und abzuschließen.


Immer die wollen, die einen nicht wollen?

Es ist interessant, dass du schreibst, dass du glaubst, dass da ein gewisses Muster dahinter steckt. Du verliebst dich in Menschen, die deine Gefühle nicht erwidern. Und dann kommt jemand, der dir die geliebte Person wegschnappt.

Was könnte vielleicht dahinter stecken? Könnte es auch sein, dass du dich selbst in solchen Dingen sabotierst? Es ist eher unwahrscheinlich, dass du gezielt nach Menschen suchst, die deine Gefühle nicht erwidern. Es sei denn, du leistet deinen Beitrag dazu.
Hast du vielleicht Angst vor Nähe, weil du nicht wieder verletzt werden willst? Lässt du deswegen keinen mehr nah dich ran?

Oder glaubst du vielleicht, dass du nicht wertvoll und liebenswert bist, dass jemand eine tiefere Bindung zu dir aufbaut? Glaubst du, du wärst vielleicht nicht genug? Hast du Selbstzweifel?

Ich vermute, dass du vielleicht gefangen bist in einem Dilemma zwischen Nähe und Freiraum. Du schreibst, dass es dir schwer fällt, anderen zu vertrauen und sie in deiner Nähe zu haben. Vielleicht verhälst du dich auch unbewusst so, wodurch mehr Distanz entsteht und so auch keine Intimität und Gefühle bei der anderen Person entstehen kann. Vielleicht tust du unbewusst alles dafür, damit es nicht klappt. Vielleicht ist es auch die Nostalgie an deine beste Freundin, auch wenn es paradox klingt: Willst du vielleicht dasselbe unbewusst durchleben, denselben Schmerz, weil es dir so vertraut vorkommt? Das ist natürlich eine gewagte These und muss nicht stimmen, aber lass dir das mal durch den Kopf gehen.

Erinnere dich mal zurück: Was hatten diese Personen gemeinsam? Und überlege mal, warum du dich in sie verliebt hast. Erkennst du Gemeinsamkeiten? Lag es daran, dass sie nicht zu dir passten? Dass sie für dich unerreichbar schienen? Was hast du getan, damit diese Personen Gefühle für dich entwickeln? Was meinst du hättest du anders machen können?
Natürlich muss es nicht unbedingt an dir liegen, oftmals können wir nichts dagegen tun, wenn sich jemand nicht für uns interessiert. Da kann man sich noch so viel Mühe geben, Gefühle lassen sich leider nicht so lenken, wie wir es gern immer hätten.

Es mag ein Muster sein, aber auch Muster können sich ändern. Das ist sicher ein schwieriger Prozess. Doch wenn du dich mit deinen Vorstellungen für die Zukunft auseinandersetzt und wie deine Partner sein sollten, gewinnst du Klarheit. Dafür musst du dich aber deinen eigenen Mustern stellen, schonungslos ehrlich zu dir und vollkommen bewusst sein. Du musst ehrlich sein, was du damals gedacht, gefühlt und getan hast. Nur wenn du offen und ehrlich reflektierst, kannst du auch etwas an deinem Verhaltensmuster ändern.


Besitzergreifend und eifersüchtig

Du schreibst, dass du dich selbst als besitzergreifende und eifersüchtige Person siehst. Indem du dich selbst so siehst, sabotierst du dich eigentlich selbst dabei, wieder intime Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen. Du schiebst dich in Schubladen und tust es so ab, als würdest du das nicht ändern können. Es mag sein, dass du damit Probleme hast, aber an diesen lässt sich arbeiten. Du gehst ja schon davon aus, dass es nicht klappt, weil du eben so oder so bist. Es sind deine Gedanken, die sich enorm auf dein Verhalten und auf deine Beziehungen auswirken. Damit stehst du dir selbst im Weg.
Versuche diese Eigenschaften nicht als gesetzt zu sehen, du kannst an ihnen arbeiten.

Dazu musst du aber erstmal herausfinden, was dahinter steckt. Wieso bist du ziemlich besitzergreifend und eifersüchtig? Welche Angst steckt dahinter? Angst vor der Einsamkeit? Vor Verletzungen? Vielleicht glaubst du aber auch, nicht genug zu sein. Fehlt es dir vielleicht an Selbstwertgefühl?

Wer besitzergreifend und eifersüchtig ist, hat meist mit eigenen Defiziten zu kämpfen. Wenn du dir selbst bewusst machst, wie wertvoll und liebenswert du bist, dann wird es vielleicht auch einfacher werden, mit der Eifersucht und Verlustangst zurechtzukommen. Gehe mal in dich und überlege, was du an dir magst und gut findest. Schreib das auch mal ruhig auf und frage auch andere Menschen, wenn dir wirklich nichts einfallen sollte.


Lass die Vergangenheit nicht deine Zukunft bestimmen

Du schreibst, dass du denkst, dass es nie lange mit jeder neuen Person halten könnte. Deine Vergangenheit scheint das zu bestätigen. Aber deine Vergangenheit muss nicht deine Zukunft werden. Was vergangen ist, ist vergangen, vorbei. Aber die Zukunft bietet dir neue Chancen. Es ist ein Fehlschluss, wenn wir davon ausgehen, dass sich alles aus der Vergangenheit wiederholen muss. Sind wir denn Hellseher? Das Leben ist unberechenbar, oftmals kommt es ganz anders als erwartet.

Ich möchte mal ein weiteres Beispiel aus meinem Leben bringen. Ich war viele Jahre lang Single und immer nur unglücklich verliebt. Ich hatte bis zum 17. Lebensjahr die Hoffnung aufgegeben, jemals einen Menschen zu finden, der meine Gefühle erwidert. Ich hatte mich schon damit abgefunden, einsam zu bleiben und Liebe niemals zu erfahren. Doch gerade als ich die Hoffnung aufgeben wollte, klappte es doch und ich traf jemanden, mit dem ich bis heute glücklich (verheiratet) bin. Eine Sache, von der ich glaubte, dass sie niemals passieren könnte, trat doch ein.

Das klingt vielleicht unrealistisch und wie in einem Märchen, aber manchmal passieren doch Wunder. Allerdings oft nur, wenn wir uns dafür öffnen und die Hoffnung nicht aufgeben. Tief in mir war da immer noch Hoffnung, die mir half, mich dafür auch zu öffnen. Vielleicht kannst du auch den Glauben daran, doch mit jemandem glücklich zu sein und geliebt zu werden, aufrecht erhalten. Du weißt nie, was noch kommt. Aber mit einer positiveren Einstellung wirst du achtsam für Wunder und glückliche Zufälle. Wer davon ausgeht, dass ihm nichts Gutes widerfährt, wird jedoch das erleben. Das nennt sich selbsterfüllende Prophezeiung. Wir ziehen durch die negative Einstellung schlechte Dinge an. Aber umgekehrt können wir durch eine positive Einstellung Positives anziehen.


Übernimm Verantwortung für dein Leben

Du musst dir im Klaren werden, dass deine Vergangenheit deine Identität sehr geprägt hat, aber nicht dein Leben bestimmt. Du kannst dich entscheiden, deine Zukunft zu verändern. Die Vergangenheit mag dich sehr beeinflussen, auch dein Leben, aber sie ist nicht alles. Du hast es in der Hand.


Distanz zur Vergangenheit schaffen

Vielleicht hilft es dir, nochmal gedanklich in jene Situationen zu gehen, die dich besonders geprägt haben. Versuche mal das Ganze anzusehen, aber nicht so, als würdest du mitten drin sein, sondern als objektiver Beobachter von Außen. Versuche eine andere Perspektive zu gewinnen. Das nennt sich auch Selbstdistanzierung und kann dir helfen, anders über die Situationen zu denken.
Du kannst deine eigene Geschichte umschreiben, aber nur, indem du selbst aktiv wirst.

Lerne, achtsamer zu werden und mehr im Hier und Jetzt zu leben. Dabei können dir Entspannungsübungen, aber auch Yoga und Meditation sowie Sport helfen. Wenn du etwas tust, tue es auch mit voller Konzentration, lasse die Gedanken schweifen und vorbeiziehen. Spüre in dich hinein, was empfindest du? Und was nimmst du draußen wahr? Je öfter du das tust, desto achtsamer kannst du werden. Auch das hilft, sich nicht zu sehr in der Vergangenheit zu verlieren.

Frage dich auch, was du aus deiner Vergangenheit lernen kannst. Aus deinen Fehlern. Auch darin steckt immer etwas Sinnvolles und Positives.

Hier findest du weitere Ideen, um Vergangenes loszulassen:
https://rosinageltinger.de/vergangenheit-loslassen/
https://anchukoegl.com/vergangenheit-loslassen/
https://www.selbstbewusstsein-staerken.net/vergangenheit-loslassen/


Hilfe suchen

Wenn du merkst, dass du allein nicht weiterkommst, empfehle ich dir unbedingt, Hilfe zu suchen. Jemanden, dem du dich anvertrauen kannst. Vielleicht auch jemanden von einer Beratungsstelle oder auch Psychologen oder Therapeuten könnten dir weiterhelfen.


Hier sind weitere Links, unter denen du Anregungen finden kannst:
https://www.beziehungsweise-magazin.de/singles/suchen-finden/warum-will-ich-immer-die-die-mich-nicht-wollen/2/
https://mein-kummerkasten.de/index.php/290145/Vergangenheit-laesst-mich-nicht-mehr-los.html
https://zeitzuleben.de/vergangenheit-loslassen-akzeptieren-diese-methode-hilft-dir-dabei/
https://strategien-zum-leben.de/vergangenheit-loslassen/


Ich wünsche dir von Herzen alles Gute für deinen weiteren Lebensweg und hoffe, dass du deine Vergangenheit akzeptieren, loslassen und dein Leben so leben kannst, wie du es willst.


Viele Grüße,
Lan