Problem von Anonym - 30 Jahre

Entscheidung - Eltern oder Freund zerreißt mich

Ich habe das Gefühl, ich muss mich zwischen meinem Freund und meinen Eltern entscheiden. Er ist vor 3 Jahren, nach 4 Jahren Fernbeziehung in mein Elternhaus gezogen, was ich ihm sehr hoch anrechne, da ich die Fernbeziehung kaum noch aushielt. Es war eine wunderschöne Zeit, dann kamen jetzt zwei Katastrophen Jahre, ich habe ihm viel Geld ausgelegt und er war eine Zeit lang unerträglich und ich war schon am überlegen, ob ich ihn rauswerfen muss, weil ich es kaum noch ertragen konnte (gab es auch schon früher solche Phasen, in denen ich weinend seine Mutter anrief und die sich nur entschuldigte). Er hatte so dermaßen schlechte Laune, war faul, hat nicht mehr gesprochen mit uns. Dann hat er sich mir endlich geöffnet und meinte: Er will Kinder er will endlich ausziehen und mit mir zusammen ziehen er schafft die wohnSituation hier nicht mehr, da meine Mutter einen recht großen Einfluss auf mein Leben hat, etc. Sie ist mir aber sehr sehr wichtig, das weiß er. Ich finde seine Gedanken völlig nachvollziehbar, aber wenn ich mir diese Alternative vorstelle zieht sich in mir alles zusammen, und auch meine Mutter will mich davor bewahren und sagt ich soll nicht den gleichen Fehler machen wie xy aus unserer Familie. Da mein Freund und ich beide psychisch nicht sehr stabil sind. Auch finanziell noch lange nicht in trockenen Tüchern. Und ich habe ja selbst irgendwie Zweifel. Er hilft nicht im Haushalt und öffnet seine Post nicht. Auf Bitten wird nicht oder dann mal 3 Tage reagiert, dann lässt er es wieder. Sie sagt, wenn ich diesen Fehler mache, erträgt sie das nicht, dann muss sie den Kontakt abbrechen und ich brauche dann auch nicht wiederkommen, wenn es nicht klappt, dann bin ich für die gestorben. Auch ihre Freundinnen sagen, dass ich nicht ganz richtig im Kopf bin, er ist rech faul, er lässt mich auch schwere Einläufe tragen etc. ich werde schon etwas ausgenutzt… aber ich will ihm nicht unrecht tun, sonst kommt wieder die schlechte Laune davor habe ich solche Angst.

Die andere Alternative beinhaltet aber, dass ich ihn verliere und die Situation hier ist auch nicht optimal, ich werde von meiner Mutter lebendig begraben mit ihrer übervorsicht. Ich kann ihm das auch nicht antun, er hat schon so viel Mist durch, sogar seine Mutter und sein Bruder haben ihn schon vor die Tür gesetzt, und es gibt im Gegenzug so viele wunderschöne Zeiten die ich mit ihm hatte aber grad sehe ich auch viele Momente, in denen ich unendlich gelitten habe, und ich habe Angst, es wird in einer eigenen Wohnung nicht besser, sondern schlechter…

Ich weiß nicht weiter… es tut beides so weh. Vllt. Weiß hier bitte jemand Rat für mich. Zusätzlich möchte ich auch lieber daheim helfen, da mein Papa auf Pflege angewiesen ist, und Mama alleine mit dem Haus das nicht schafft. Damit fühle ich mich halt wohl und es tut mir unendlich weh dass mein Freund meine Mama hasst und die Situation so nicht weiter erträgt. Ich weiß, man sollte mit 30 schon längst ausgezogen sein, aber ich traue mir das noch nicht zu. Bin sehr instabil zurzeit aufgrund aller Umstände

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

ich danke dir für dein Vertrauen.

Du steckst derzeit in einer sehr, sehr schwierigen Situation, bist hin- und her gerissen zwischen deinem Freund und deinen Eltern, beide sehr wichtig für dich. Da fällt eine Entscheidung für den einen oder den anderen wirklich nicht leicht. Fühl dich von mir gern gedrückt, wenn du magst.


Was willst du?

Ich würde dir raten, in dich zu gehen und herauszufinden, was DU willst: Möchtest du lieber zu Hause bleiben oder lieber mit deinem Freund zusammenziehen und wohnen? Für mich klingt es so, als könnte ein Zusammenleben mit ihm sehr schwer werden, wenn er keine Verantwortung übernimmt und du alles machen musst. Da verstehe ich auch die Bedenken der anderen, dass sie glauben, er würde dich ausnutzen. Wenn er an seinem Verhalten arbeiten und dir helfen würde, sehe das natürlich ganz anders aus. Du würdest ihm kein Unrecht tun, es ist eher dein gutes Recht, auch Hilfe einzufordern. Er wohnt dort mit und sollte dementsprechend auch etwas tun. Er ist ja nicht nur Gast, sondern nutzt das Zuhause.

Ich lese stark heraus, dass du dich sehr verantwortlich für deinen Freund und auch deine Familie fühlst. Du willst ihm das nicht antun. Aber er ist erwachsen und muss für sich selbst Verantwortung übernehmen. Du kannst nicht ständig auf andere Rücksicht nehmen, wenn du selbst dabei zu schaden kommst. Wer nimmt Rücksicht auf dich und ist für dich da? Du kannst nichts dafür, dass dein Freund schon so viel schlimmes erlebt hat. Das ist alles wirklich schlimm und traurig, aber es rechtfertigt nicht, wie er dich behandelt. Und für mich klingt das leider auch nicht nach einem wertschätzenden und respektierenden Verhalten. Er kümmert sich nicht, lässt dich alles machen und lässt auch seine schlechte Laune an dir aus. Du schreibst selbst, dass du unendlich leidest.


Über die Beziehung reflektieren

Jetzt frage dich bitte selbst: Wofür tust du das alles? Ist es das wert, dass du so leidest und wofür?
Was für eine Beziehung wünscht du dir und bist du glücklich? Ich vermute mal ganz stark, eher nicht, auch wenn es viele schöne Momente gab. Sie reichen nicht aus, um das Leid auszugleichen, oder? Bitte denke darüber nach, wie gut dir die Beziehung wirklich tut. Es hat sich einiges verändert, es gab viele Höhen und Tiefen. Was gibt, was dich an der Beziehung hält? Liebst du ihn? Was gibt dir die Beziehung positives?
Willst du diese Beziehung wirklich?
Wenn ja, wäre es ratsam, ihr würdet beide mal zum Paartherapeuten gehen.


Gespräch mit Freund und Mutter suchen

Ich würde dir raten, wenn noch nicht passiert, mit deinem Freund in Ruhe noch einmal über alles zu reden. Was genau meint er damit, er schafft die Wohnsituation nicht? Inwiefern bestimmt deine Mutter eurer Leben? Könnte man vielleicht auch deine Mutter mit ins Boot holen und ihr besprecht gemeinsam, was geändert werden kann?

Es ist natürlich schön, dass er sich dir geöffnet hat und den Wunsch äußert, mit dir eine Familie zu gründen. Aber du erkennst selbst, dass er weit davon entfernt ist, ein eigenständiges Leben zu führen, wenn er selbst kein Geld hat, nicht verdienen kann und sich auch nicht um bürokratische Sachen kümmert.
Wenn das jetzt schon so ist, wie soll sich das erst ändern, wenn ihr beide einen eigenen Haushalt führt? Das klingt für mich schon eher bedenklich und ich bin mir nicht sicher, inwieweit ihr beiden das packt, zumal du schreibst, dass ihr finanziell und psychisch nicht so stabil seid. Das wäre vielleicht keine gute Idee, dann auszuziehen. Vermutlich erst, wenn ihr das auch allein hinbekommt und vor allem finanziell. Wie sehr wünscht du dir eigentlich, ein eigenes Heim mit ihm zu beziehen?


Doch vielleicht eigene Wohnung suchen?

Es sieht momentan sehr schwierig bei dir aus, als ob du dich eben für einen von beiden entscheiden müsstest. Aber es gibt meist mehr als nur eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, bei der du beide behalten kannst. Ich lese heraus, dass du lieber zu Hause bleiben willst, aber du willst auch die Beziehung aufrecht erhalten. Wenn es ihn jetzt so sehr zu schaffen macht, weiter bei dir im Elternhaus zu wohnen, würde ich vorschlagen, dass er sich eine eigene Wohnung oder ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft sucht. Vielleicht würde euch der räumliche Abstand auch ein wenig helfen, denn derzeit scheint ihr euch gegenseitig sehr zu belasten. Ich weiß nicht, ob er Arbeitslosengeld bezieht oder nicht, am besten wendet ihr euch an eine Beratungsstelle. Den Leuten könnt ihr eure Situation schildern und sie wissen wahrscheinlich auch gut, was ihr für Möglichkeiten haben könntet.

Vielleicht wäre es für dich auch eine Chance, in eine eigene Wohnung zu ziehen, so gewinnst du räumliche Distanz zu deinem Freund und deiner Mutter. Beide scheinen dir sehr zuzusetzen. Du schreibst, du fühlst dich zu instabil und traust dir das nicht zu. Aber was wäre die Alternative? Zuhause scheinst du dich auch nicht wohl zu fühlen, wenn deine Mutter sich mit ihrer Übervorsicht belastet. Vielleicht könntest du ja in so eine Art Wohngemeinschaft gehen, in der Menschen wohnen, die ähnlich mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Dort werden sie betreut.


Zeit und Raum für dich finden

Ich glaube, was du am meisten jetzt brauchst, ist Zeit und Raum für dich. Ich rechne es dir hoch an, dass du für beide da sein willst. Ich lese heraus, dass du dich sowohl für deine Eltern als auch für deinen Freund verantwortlich siehst. Du willst es deinem Freund nicht antun, aber auch deine Mutter bei der Pflege deines Vaters allein lassen. Ich kann es sehr gut verstehen, dass du für beide da sein willst. Aber was ist mir dir? Wer kümmert sich um dich? So sehr du es nicht lesen willst: Du bist für andere nicht verantwortlich, du musst auch auf dich selbst schauen und dafür sorgen, dass es dir gut geht. Wenn es dir nicht gut geht, wie kannst und willst du dann anderen helfen? Nur du allein kannst auf dich achten, dass es dir gut geht. Es mag egoistisch klingen, aber wir vergessen es oftmals, weil wir uns für andere so aufopfern. Bis es irgendwann zu spät ist und wir uns damit kaputt machen. So weit muss es doch nicht kommen, findest du nicht auch?


Hilfe bei anderen suchen

Hast du ansonsten jemanden, mit dem du darüber reden könntest? Andere Freunde oder Vertraute?
Vielleicht könntest du dir auch Hilfe bei einem Paartherapeuten, beim Sozialpsychiatrischen Dienst oder Therapeuten suchen?
Es finden sich immer Wege, um aus diesem Dilemma herauszukommen. Wichtig ist, dass du aktiv etwas tust und dir auch Hilfe von anderen suchst. Du musst da nicht allein durch und das ist auch nichts, wofür du dich schämen solltest.


Hier findest du weitere Links mit Anregungen. Vielleicht wäre ambulant-betreutes Wohnen etwas für euch beide:

https://www.familienratgeber.de/schwerbehinderung/selbstbestimmt-leben/ambulante-wohnformen.php
https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/behindertenhilfe/ambulant-betreutes-wohnen/
https://www.condrobs.de/hilfe/sucht/wohnen/


Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und viel Kraft und hoffe, dass du diese schwierige Zeit packst. Wenn du etwas auf dem Herzen hast, schreib uns gerne.

Beste Grüße,
Lan