Problem von Carag - 13 Jahre

Was kann ich tun?

Ich bin trans. Mein neuer Name ist Carag. Jedoch benutzt niemand diesen.

Meine Mutter denkt, dass ich nicht trans bin und ignoriert meine Bitten. Mein Bruder weiß zwar von allem, ist jetzt aber weg. Meine Schwester ist nicht oft genug da, und außerdem nur die Halbschwester. Meine Oma misgendert mich trotzdem und hilft mir nicht wirklich. Meinem Vater habe ich nichts gesagt, da ich denke, dass er queerphob ist (falls es sowas gibt) oder versteht es nicht. Mein Opa ist denke ich so ähnlich wie mein Vater. Vertrauenslehrer haben wir keine. Meine Freunde akzeptieren es nicht oder es ist ihnen egal.

Was könnte ich noch machen? Ich hätte auch gerne einen Binder, aber bisher wollte meine Mutter mir einen kaufen. Also habe ich mir einen Binder und einen Psychologen zu Weihnachten gewünscht.

Ich würde gerne mit jemandem direkt reden, obwohl ich nicht gut reden kann. Aber ich denke es würde mir sehr viel helfen, wenn mich irgendjemand versteht und mir helfen kann.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Carag!

Du hast uns insgesamt drei Zuschrfiten zukommen lassen. In dieser Antwort "bündele" ich sozusagen die Infos zu allen drei Zuschriften.

Eines hast du schon geschafft: Du hast deinen Mitmenschen davon erzählt, wer und wie du wirklich bist. Das ist enorm wertvoll :)
Bedauerlicherweise nehmen sie dich damit (noch) nicht ernst. Damit sich das allmählich ändert, würde ich dir gerne eines empfehlen: Versuche, eine Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche oder eine Beratungsstelle für Trans*Jugendliche/Erwachsene aufzusuchen. Dort kennt man diese verzwickten Situationen und kann bei der Vermittlung helfen - sowohl auf diese Weise, dass deine Mutter/Eltern verstehen, wie schlecht es dir geht und wie wichtig es ist, dass sie dich endlich ernst nehmen. Als auch auf die Weise, dass du psychologische und ggf. sogar psychotherapeutische Unterstützung bekommen könntest (du schriebst in einer anderen Zuschrift auch von Wutanfällen, das wäre also auch noch ein bedeutsamer Punkt, der angeschaut werden sollte). Passende Beratungsstellen lassen sich gut über folgenden Link finden (da musst du die Filterfunktion nutzen):
https://dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/
Dann gibt es noch einschlägige Internetseiten, die da auch sehr nützlich sind:
* https://www.regenbogenportal.de/anlaufstellen
* https://abqueer.de/informieren/anlaufstellen/
* https://trans-kinder-netz.de/was-bieten-wir-an.html

Es ist leider keine Garantie, dass du bald ernster genommen wirst, wenn Fachpersonen "mitreden". Was jedoch sehr wichtig ist: Es geht ja um DICH und um deine Stärkung. Egal wie ignorant deine Umwelt mit dir umgeht, du kannst dich selbst als kostbar und achtenswert sehen und so behandeln. Das kann dir wiederum dabei helfen, die Widerstände durch Familie, Klassenkamerad:innen & Co. besser verkraften zu können. Je mehr du in dir ruhst und dich gleichzeitig in einer liebevollen Community bewegst, desto eher kannst du die Intoleranz und Ignoranz aushalten, die dir noch entgegenschlägt.
Es ist so, dass Umdenken und Umgewöhnen auch teilweise sehr viel Zeit benötigt. Es ist deswegen ratsam, dass du versuchst, dich nicht automatisch als Person angegriffen zu fühlen. Unsere Gesellschaft lernt momentan in Babyschritten, sich zu öffnen und zu verinnerlichen, dass Menschen so viel unterschiedlicher und vielschichtiger sind, als es früher geglaubt wurde. Du bist ein Teil dieser Veränderung und das kann dir auch ein Gefühl von Selbstermächtigung verleihen :)

Um das nicht so alleine anstellen zu müssen, würde ich dir auch sehr empfehlen, dir genau anzusehen, wer wirklich ernsthaft mit dir befreundet sein möchte. Echte Freund:innen nehmen dich nämlich ernst oder versuchen zumindest, Verständnis für dich aufzubringen. Vielleicht solltest du gezielter nach Gleichgesinnten aus dem LGBTQI*-Bereich suchen (siehe meine Verlinkungen) und allgemein mal überlegen, wo du dich mit netten und toleranten Menschen umgeben könntest. Hier fallen mir als Erstes Vereine ein, z.B. Pfadfinder:innen (der BdP ist z.B. sehr offen und bunt, auch der BDP).

Zum Thema Binder: Ich finde deinen Weihnachtswunsch coool :) Soll deine Mutter ruhig merken, dass sich Dinge nicht einfach ändern, nur weil es ihr als Erwachsener nicht in den Kram passt! Sollte sie dir keinen Binder schenken, würde ich an deiner Stelle versuchen, mir einen von einer Person aus dem Netzwerk schicken zu lassen, also von jemandem, der:die einen gerne verschenkt. Vielleicht gibt es bei dir in der Nähe auch ein Jugendzentrum oder einen Jugendtreff, wo du andere queere Jugendliche treffen kannst und die dir aushelfen können.

Hier noch allgemeine Infos:
https://www.regenbogenportal.de/informationen/jung-und-trans

Diese Zuschriften hatte ich mal beantwortet:
* https://mein-kummerkasten.de/332928/Ich-will-nicht-mehr.html
* https://mein-kummerkasten.de/332939/Falsches-Geschlecht.html

Also: Schau bitte, dass du nach Weihnachten einen Beratungstermin bekommst - entweder zusammen mit deiner Mutter, alleine oder mit einer Freundin, einem Kumpel, etc. Jede Unterstützung ist hier willkommen und die wünsche ich dir sehr.

Ich habe dir abschließend noch etwas Feines zum Thema Umgang mit Wut herausgesucht, probier das gerne aus. Das ist eine sehr umfangreiche Hilfe, die du dir immer wieder anschauen kannst. https://de.wikihow.com/Wutausbr%C3%BCche-kontrollieren

Und selbstverständlich sind wir ebenfalls für dich da, wenn du dir erneut etwas von der Seele schreiben möchtest.

Alles Liebe und einen angenehmen Jahresausklang,
Nuala