Problem von Leseratte2005 - 16 Jahre

Ich mache mir Sorgen um meine beste Freundin.

Hallo liebes Kummerkastenteam,
Ich mache mir Sorgen um meine beste Freundin bzw um ihren Speedkonsum. Ich kenne mich in dem Bereich Drogen überhaupt nicht aus und hoffe, dass man mir hier ein paar Ratschläge gibt.
Meine Freundin hat eine etwas schwierige Vergangenheit und konsumierte viel Alkohol und auch Drogen (Speed, Gras, Kräuter) ich bin noch nicht sehr lange mit ihr befreundet ca 3 Monate. Da ich in der Schule und in meiner Freizeit ein sehr anständiges Mädchen bin, hat mein guter Einfluss was das Thema Alkohol und Drogen angeht, sie positiv mitgerissen. Nun nimmt sie aber seit mehreren Wochen Speed zu sich. Ob es regelmäßig ist, kann ich nicht genau sagen. Sie konsumiert es meist in der Schule bzw immer. Schon allein das, ist überhaupt nicht gut. Da ich mich, wie oben bereits gesagt, mit Drogen gar nicht auskenne, habe ich das Thema noch nicht wirklich angesprochen.
Sie ist oft stolz, wenn sie nach ein paar Lines die Wirkungen spürt und auch immer zeigt, wie sehr ihre Hände zittern.
Ich hab nach ein paar Nebenwirkungen gegoogelt, welche bei ihr auch zu treffen. Außerdem leidet sie unter Migräne mit Aura und ich hab gelesen, dass Speedkonsum das Risiko von Schlaganfällen erhöht.

Ich hoffe auf gute Ratschläge und bleibt gesund!
Liebe Grüße
Leseratte2005 xD

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Leseratte2005!

Klasse, dass du dich bei uns gemeldet hast und deiner Freundin helfen möchtest. Wir sagen immer: So eine Freundin ist Gold wert! <3

Dass sie schon in der Schule konsumiert (da also keine Hemmungen bestehen), ist schon ein Alarmzeichen. Ich vermute, dass ihre Drogengeschichte schon recht weit in die Vergangenheit reicht - oder dass sie zumindest einige Probleme mit sich herumträgt, die bisher ungelöst geblieben sind.
An sich finde ich sehr zentral, dass du dich da möglichst weit von den Drogen bzw. der Thematik fernhältst, um dich zu schützen. Andererseits ist es gerade gut, als Freundin der Strohhalm zu sein und auch zu bleiben, nach dem man greifen kann. Es ist eine Gratwanderung! Ich bitte dich, da gut auf dich zu achten. Wenn du merkst, dass dich alles überrollt und dir viel zu viel wird, solltest du Abstand nehmen! Das bedeutet nicht, deine Freundin im Stich zu lassen. Du kannst ihr sagen, dass dich das alles fertig macht und du nicht mit ansehen kannst, was der Drogenkonsum mit ihr macht. Dass du aber für sie da bist, wenn sie Hilfe braucht, reden möchte, in den Arm genommen werden will. Das müsstest du einschätzen, indem du auf dich selbst hörst und deine inneren und äußeren Grenzen achtest.

Falls du für dich gerade feststellst, dass du noch zurechtkommst, auch wenn es dich emotional mitnimmt, kannst du schon noch mehr tun.
Das Erste, was mir einfällt, ist das direkte Benennen deiner Beobachtungen und der Sorgen, die damit verbunden sind. Du musst dich keineswegs mit Drogen auskennen, um das Offensichtliche anzusprechen! Es kann sehr viel bewirken, wenn du in einem ruhigen Moment, wenn sie nüchtern ist, aus deiner Ich-Perspektive deine Befürchtungen teilst. Das könnte zum Beispiel so klingen: "Ich kenne dich noch nicht so lange, du bist mir aber eine wichtige Freundin geworden. Deswegen mache ich mir Sorgen, weil du viel konsumierst. Mir macht die Vorstellung Angst, dass du durch Speed (und X, Y) bleibende Schäden davontragen könntest. Manche Sachen bemerkst du ja jetzt auch schon. Für mich ist das nichts, worauf du stolz sein könntest! Du machst dich damit kaputt und das möchte ich nicht." Eventuell kannst du ihr das auch als Brief schreiben, den sie dann zu einem selbstgewählten Zeitpunkt lesen kann.

Zweitens: Du könntest ihr dann anbieten, dass ihr zusammen mit einer Vertrauensperson sprecht bzw. zu einer Drogenberatung geht. Das wäre definitiv sehr wichtig!
Ich würde dir außerdem empfehlen, dass du für dich schaust, mit deinen Sorgen nicht allein zu bleiben. Vielleicht sind deine Eltern froh, wenn du mit ihnen redest und sie daran teilhaben lässt. Sie könnten dich zu einem Beratungstermin begleiten, falls deine Freundin vorerst abblockt. Es ist entscheidend, dass du bzw. ihr euch möglichst gut informiert bzw. du aus dieser gefühlten Allein-Verantwortung rauskommst. Du kannst damit nur überfordert sein, solange du versuchst, es allein zu schultern. Je mehr Erwachsene um euch herum bzw. pädagogische Fachkräfte Bescheid wissen, desto besser. Dazu zählen auch die Eltern deiner Freundin. Wie genau es da weitergehen sollte, wäre meiner Einschätzung nach das große Thema in einem Beratungstermin. Ich verlinke dir dazu noch Infoseiten. Ich war selbst mal in der Situation, dass ich mir große Sorgen um einen Jugendlichen gemacht habe, der viel konsumiert hat. Gemeinsam mit einem anderen Erwachsenen war ich in einer Drogenberatung. Das hat uns damals echt erleichtert und uns aufgezeigt, was dir als Nächstes tun könnten und wer noch behilflich sein kann.

Generell: Vielleicht kannst du deine Gedanken und Gefühle mit anderen Freund:innen teilen - insbesondere dann, wenn sie deine Freundin nicht kennen. Da könnten auch noch hilfreiche Ideen und eigene Erfahrungen dabei sein.
Auch das Schreiben in einem Tagebuch ist sehr entlastend! Falls du Haustiere hast, kannst du auch ihnen von deinen Erlebnissen berichten.
In der Natur spazieren zu gehen, deine Probleme sozusagen in den Wind zu sprechen und forttragen zu lassen, mit den Bäumen zu sprechen oder einfach die Ruhe zu genießen, kann ebenfalls total entlastend wirken.

Es ist ja schon auch ein Stück weit okay, mal eine Drogenphase zu haben, solange man es nicht übertreibt und Drogen nicht als Mittel zur Betäubung bei seelischem Schmerz missbraucht. Meiner Ansicht nach hat Drogenkonsum auch nichts mit "Anständigsein" zutun - Drogen sind ein Teil der Menschheitsgeschichte, auch wenn man ihre Existenz und den Gebrauch sehr kritisch sehen kann und darf. Man muss sie aber auch nicht von Grund auf verteufeln. Es ist höchstens ein moralisches Abwägen bei sich selbst, ob man das verantworten kann. Natürlich auch im weiteren Sinn bei den Mitmenschen, die die Auswirkungen mitunter ausbaden müssen. Ich würde das am meisten von Eltern von Kindern verlangen, dass sie nur sehr wenig konsumieren und keinesfalls so, dass die Kinder es mitbekommen bzw. die Aufsichtspflicht verletzt wäre. Immerhin hat es auch etwas mit Neugier, Entdeckungsdrang, Grenzen austesten und einer Art von Horizonterweiterung zutun, mal etwas zu kosten.
Ich will hier bei Weitem nicht zum Drogenkonsum aufrufen! Aber wir müssen da weg von einem Schwarz-Weiß-Denken, von einer Einteilung von Gut und Böse. Alkohol ist legal und bringt oftmals viel Leid unter die Leute. Zigaretten sind ebenfalls frei verkäuflich und absolut giftig für Mensch und Natur. Was "anständig", was "normal", was akzeptabel ist und was nicht - die Grenzen sind fließend. Ich schreibe dir das deswegen extra mal so deutlich, weil es für deine Freundin nicht so gut wäre, das Gefühl zu bekommen, du seist der "Engel mit dem reinen Gewissen". Das würde euch eher voneinander trennen. In Wahrheit haben wir alle unsere Schwächen, Schattenseiten, Gelüste und "verbotenen" Regungen. Insgesamt gesehen finde ich es trotzdem am besten, konsumfrei zu leben, was Drogen betrifft. Der Körper und die Psyche danken es vielfach - und letztlich ist es ja auch ein feines Gefühl, die Herausforderungen des Lebens ohne Substanzen zu meistern.

Ich finde es toll, wenn du auf dich hörst, was du brauchst und nach deinen Werten handelst. Das kannst du auch deiner Freundin vermitteln. Viele reden sich z.B. ein, sie können nur mit Drogen Spaß haben. Das ist aber der größte Quark überhaupt. Du kannst ein Vorbild für deine Freundin sein, wenn du sie mitreißt, ihre schöne Dinge unternehmt - nüchtern. Sie kann dich mit positiven Erlebnissen in Verbindung bringen, die nicht von Abstürzen und Filmrissen flankiert sind. Sie kann eine Idee davon bekommen, dass das Leben auch ohne regelmäßigen Konsum aufregend und interessant ist. Jedes Detail, jede bewusste Wahrnehmung der Dinge um uns herum laden dazu ein. Wir leben in einer spannenden Welt, in der wir mit klarem Verstand und offenem Herzen die reichsten Erfahrungen machen können.

- https://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis
- https://www.bzga.de/service/beratungsstellen/suchtprobleme/
- https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/gesundheit-und-praevention/suchtberatung/
- https://www.jugendsuchtberatung.de/


Ich wünsche dir & euch alles Liebe und Gute!
Nuala