Problem von Anonym - 43 Jahre

Sturge Webersyndrom / Psychose

Ich bin zwar schon etwas älter, und hatte eigentlich ein gutes Leben , bis ich vor einigen Jahren gemobbt wurde, als ich Arbeitslos wurde.
Wegen meines Aussehen und zu oft krank! Ich habe das Sturge Webersyndrom und ein grosses Feuermal im Gesicht und Hals, Migräne und Epilepsie.
Wie aus dem nichts wurde ich mit Getränke oder Essen Vergiftet und kriegte danach eine Psychose. Nur wurde mir nicht geglaubt, mit der Vergiftung in der Psychiatrie, weil ich zu Agressiv war. Darunter liett ich, und fand alle als zu Rechts eingestellt, die mir nicht glaubten! Ich beleidigte die auch als so....

Leider kriegte ich kein Psychiater , der sich mit Giftanschlägen oder Vergiftungen in Clubs auskannte! Es hies einfach , es sei Verfolgungswahn und Schizophrenie- Paranoidität
Das kanns alles bei einer Vergiftung geben, habe ich mich Informiert.

Nun ist es so weit gut , bis auf die Migräne Täglich und das ich jetzt plötzlich , Probleme mit meinem Feuermal habe und denke die Leute belastet mein Aussehen!
Ich tue mich schwer , neue Leute kennen zu lernen. Das heisst , ich bin offen und direkt. Nur melden die sich nach dem ersten oder zweiten Treffen nicht mehr!
Ich habe zwar eine Fernbeziehung. Nur sehen wir uns nicht so oft, und ich möchte Freunde zum was Unternehmen. Ich weiss , jetzt mit Corona kann es auch sein, das die Leute sich auch wegen Corona nicht gross Treffen wollen.
Nur sagte mir der Psychologe, ich soll den Leuten nicht von meiner Krankheit erzählen, man sehe mir an , das ich Behindert bin. Die Leute distanzieren sich, wenn man Probleme hat. Ich soll nur Positives Erzählen. Nicht Jammern, damit vertreibe ich die Leute.
Ich wollte nur ein Tabu brechen und eine Akzeptanz für mich Behinderte und mich Integrieren und auch über Psychische Probleme , Einsamkeit wegen meines Aussehen sprechen. Nur wo soll ich das tun? Wo kann ich Freunde finden, mit denen ich über alles Reden kann. Ich bin eher eine direkt Person, die alles Hinterfragt, als dass ich positiv eingestellt bin! Ich möchte nicht alleine sein!

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Zunächst möchte ich mich für die späte Antwort entschuldigen.

Ich kann dich total verstehen, dass du ein Redebedürfnis hast und Kontakt suchst! So gut wie jeder Mensch braucht in irgend einer Form sozialen Austausch und das Gefühl, eingebunden zu sein.
Dass deine körperliche und psychische Erkrankung bzw. Behinderung ein zusätzliches Erschwernis ist, kann ich mir vorstellen; leben wir doch leider noch in einer Zeit, in der echte Offenheit und Integration noch zu selten sind.
Was ich dir aber versichern kann - auch wenn das vielleicht kein direkter Trost ist - viele Menschen fühlen sich isoliert und einsam, sogar ohne Behinderung. Einsamkeit hat viele Gesichter. Oft vermuten wir gar nicht, dass jemand um uns herum einsam sein könnte. Sie ist ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft, das sich weiter verstärkt. Corona hat hier nur noch mehr verdeutlicht, was ohnehin schon existierte. Dazu hier ein Beitrag zum Weiterlesen: https://www.promentesana.ch/angebote/anzeichen-erkennen/dossier-einsamkeit (diese Internetseite kannst du auch generell nutzen!)
Es muss noch viel passieren, um diese Entwicklung zu stoppen. In der Nachbarschaft, in den Einrichtungen, in Schule und Kindergarten, am Arbeitsplatz: Überall kann so viel für ein echtes Miteinander statt Gegeneinander getan werden. Und jede:r Einzelne kann einen Teil dazu beitragen. Es können zum Beispiel auf eigene Faust Freizeitgruppen gegründet werden. Dazu braucht es gar nicht viel und die Mitglieder müssen sich nicht großartig vorher kennen. Es reicht, ein verbindendes Element/Interesse zu haben und sich möglichst regelmäßig zu treffen. Das kann mit einem bestimmten Hobby in Verbindung stehen oder immer etwas Neues bedeuten, u.a. das Besuchen von kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen.

Ja, wenn jemand direkt und ehrlich ist, kann das Andere vor den Kopf stoßen. Du lebst vermutlich in der Schweiz. Eventuell kann es auch ein bisschen an der Schweizer Mentalität liegen, in der das sehr Direkt tendenziell nicht so im Fokus steht. Aber da will ich mich nicht soo sehr aus dem Fenster hängen ;)
Ich sehe das so: Du musst dich nicht mit deinen Eigenschaften verändern, das wäre Blödsinn. Aber du kannst bestimmte Dinge in deinem Verhalten umtrainieren. Dazu gehört, dass du ernste Themen (und dazu zählen auch private und weitreichende Dinge wie Unwohlsein, Stigmatisierung, Einsamkeitsgefühle...) nicht sofort im ersten Kontakt mit neuen Menschen präsentierst. Wir brauchen dafür auch eine Vertrauensbasis. Selbst in etablierten Freund:innenschaften ist es nicht immer möglich, manche Themen offen auszusprechen! Nicht jeder Kontakt ist da gleich gut geeignet. Manchmal kann man mit Freund A etwas besprechen, was mit Freundin B keinesfalls ginge. Dafür ist sie für Hobby XY genau die Richtige. Ich würde nicht sagen, man dürfe nichts Negatives in Kontakten ansprechen, aber hier kommt es auf Bedachtheit an. Manchmal ist Schweigen Gold - oder das bewusste Lenken auf neutrale Bereiche (hier kannst du dich auch mit Literatur rund um Smalltalk, erster Eindruck, positiver Psychologie, Körpersprache befassen, um ein Gespür dafür zu entwickeln!).

Angenommen, du würdest schon mit einer negativen Grundstimmung/Grundhaltung in eine soziale Situation gehen, wäre das Ergebnis sehr wahrscheinlich entsprechend negativ. Wenn du dann noch von Krankheit und Behinderung anfangen würdest, würde das großes Unbehagen bei deinem Gegenüber erzeugen, weil die gesamte Atmosphäre komplett gefüllt wäre mit dieser niederdrückenden Haltung.

Behinderung(en) zu haben bedeutet nicht, sich permanent als Opfer oder als benachteiligt wahrnehmen zu müssen. Nicht sie sind das Grundproblem, sondern der Umgang damit.
Indem du einen positiven Umgang vorlebst, bist du ein Vorbild. Du kannst sehr wohl auch stolz auf dich und deine Persönlichkeit sein und deine Eigenheiten mit einer Selbstverständlichkeit leben. Das hilft nämlich deinem Umfeld so viel mehr, dich und deine Behinderungen anzunehmen, als tausend Versuche, mit Gesprächen etwas zu erreichen. Du kannst vormachen, wie selbstverständlich du ein Teil des bunten menschlichen Gesamtbildes bist!

Zurück zum "schlechten" Szenario: Wenn du also mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus fällst, ist ein Abwenden meistens vorprogammiert. Oder würdest du dich wohlfühlen, wenn du jemanden im Park triffst, sich dieser Jemand zu dir auf die Bank setzt und erstmal anfängt, von Geldsorgen zu sprechen? Schöner ist es doch, könntet ihr in dieser Situation über eine gemeinsame Beobachtung sprechen, zum Beispiel Tiere in den Bäumen um euch herum, der nahende Frühling, etc. Allein deshalb, weil wir etwas Zeit brauchen, um die Reize zu verarbeiten, die von der neuen Person ausgehen. Also lieber innehalten, fühlen, also sofort losreden.
Es gibt Leute, mit denen kannst du "von 0 auf 100" über Missstände, Politik und den Sinn des Lebens sprechen. Ich zum Beispiel gehöre auch zu diesen. Aber da sind wir eine Ausnahme. Und das will ich jetzt nicht werten. Es geht halt darum, sich dann möglichst gezielt passende Kontakte zu suchen - mit Geduld und Nachsicht. Denn auch wenn es zwischenmenschliche Unterschiede gibt, können freundschaftliche Bande entstehen. Oftmals erst im Laufe der Zeit.

Generell kannst du
- lernen, mehr auf Tätigkeiten und Interessen zu achten und weniger auf dich als Person, wenn du mit anderen Menschen interagierst.
- sei dir selbst eine Freundin. Du wirst nicht glauben, wieviel das ausmacht!
- mit Flexibilität viel erreichen; das lässt sich auch im Rahmen der Therapie erlernen, flexibler zu werden (in Bezug auf soziale Beziehungen, Situationen, den Blick auf das Leben im Allgemeinen...).
- üben, dich auf das Schöne um dich herum zu konzentrieren. Das wirkt sich nämlich nach und nach auf deine Ausstrahlung aus und bewirkt, dass sich Menschen bei dir wohl fühlen, weil du in dir ruhst und zufrieden bist. Unabhängig von Äußerlichkeiten und Beeinträchtigungen. Du kannst das langsam beginnen, indem du z.B. ein "Tagebuch der schönen Dinge" anlegst und alle Kleinigkeiten, die dich erfreuen, einträgst. Du wirst bestimmt staunen, wieviel pro Tag zusammenkommt!
- nimm Medikamente regelmäßig und nimm ernst, was von psychiatrischer/ärztlicher Seite kommt. Das sind Personen, die erfahren mit Psychosen sind und den Auftrag haben, dir zu helfen! Solltest du Zweifel oder Ängste haben, frag' bitte rechtzeitig nach!
- Schau' bitte auch kritisch auf dein eigenes Verhalten und reflektiere, ob du ggf. dazu neigen könntest, Anderen Schuld zuzuweisen.
- Einsamkeit ist nicht gleichbedeutend mit Alleinsein. Die Zeiten, in denen du allein bist, kannst du sehr bewusst nutzen, um für dich selbst etwas Gutes zu tun, z.B. ausspannen, lesen, werken, schlafen, etc. Dann kannst du gezielt in der Woche Treffen einplanen bzw. Veranstaltungen besuchen (das wird im Laufe des Jahres bestimmt wieder besser werden, trotz Corona).
- Überlege, ob du dir ein Haustier zulegen möchtest, sofern du nicht schon eines hast. Freundschaften mit Hunden und Katzen z.B. sind etwas sehr Feines :) Hunde haben überdies den Vorteil, dass du ins Freie kommst und mit anderen Hundehalter:innen zusammentriffst. So können sich auch leichter Gespräche entwickeln, ohne es gleich zu persönlich werden zu lassen.
- Verreise, um andere Menschen und deren Lebensweisen kennenzulernen (selbstverständlich geht das auch innerhalb der Schweiz gut). In anderen Ländern kannst du ggf. leichter Kontakte knüpfen bzw. durch die Sprachbarriere dich auf andere Austausche konzentrieren.

Und hier mal ein paar Tipps, wie du neue Kontakte finden kannst, ohne es so sehr dem Zufall überlassen zu müssen:
- Vernetze dich mit anderen Betroffenen! Hierüber beispielsweise: https://www.sturge-weber.de/seite/351057/vernetzungen.html
- Engagiere dich ehrenamtlich für Inklusion und soziales Miteinander. Das geht z.B. in Stadtteilzentren, integrativen Cafés, diversen Vereinen, in der Lokalpolitik, online (z.B. in den gängigen sozialen Netzwerken, in Foren, Blogs, etc). Der große Vorteil: Deine Herzensanliegen kannst du da anbringen, wo sie wirklich passend sind. Also nicht im Smalltalk, sondern in einem geeigneten Rahmen. So fühlst du dich auch gleich aufgehobener und kannst deine Aufmerksamkeit konkret auf positive Veränderungen lenken.
--> https://www.angiodysplasie.de/de/verein/
- Nimm an Stammtischen, Gesprächskreisen, Selbsthilfegruppen teil.
* https://www.selbsthilfeschweiz.ch/shch/de.html
* https://www.psgn.ch/therapien/angehoerigenberatung/anlaufstellen-und-selbsthilfegruppen.html
* https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/SupportGroup_Search.php?lng=DE&data_id=24380
Ergänzend für Deutschland:
* https://www.nakos.de/ (rechts oben kannst nach lokalen Gruppen suchen) oder via https://www.nakos.de/adressen/rot/
* http://www.selbsthilfekompass.net/Menschen-mit-Behinderungen.n1238.html
* https://behinderung.org/selbsthilfe.htm
- Tausche dich per Chat, Mail, Brief, Postkarte mit Anderen aus. Entweder per fester Mail/Brieffreund:innenschaft (z.B. über https://www.brieffreunde.de/) oder lose/einmalig (Postcrossing verbindet weltweit Menschen miteinander! --> https://www.postcrossing.com/)
- Schließe dich verschiedenen Gruppen an, die deinen Freizeitinteressen entsprechen. Schau einfach, was dir gut tut, ohne den Anspruch zu haben, von allen gleich interessant gefunden zu werden. Es ist total normal, dass man nicht mit vielen Leuten tiefergehend kompatibel ist. Auf einer oberflächlichen Ebene macht jedoch aufrichtige Freundlichkeit ohne Hintergedanken ganz viel aus! Denn der erste Schritt zu intensiveren Kontakten ist ja, sich auf der oberflächlichen Ebene im netten Miteinander sympathisch zu finden und dadurch Neugier auf mehr zu entwickeln.
- Gründe ggf. eine eigene Freizeitgruppe, wie anfangs schon angerissen.
- Im Alltag kannst du einfach aufmerksam sein für Begebenheiten, in denen es z.B. zu einer netten Unterhaltung kommen könnte. Und sei es "nur" etwas Einmaliges: Für unsere Psyche ist das schon Balsam!


So, das waren die Anregungen und Gedanken, die mir gekommen sind.
Ich wünsche dir einen wundervollen Start in den Frühling!

Alles Liebe,
Nuala