Problem von Olga - 15 Jahre

Alkohol

Hallo, ich habe hier schon paar mal reingeschrieben und ich trau mich nicht zu einem Psychologen zu gehen. Mein Vater trinkt jeden Tag Alkohol und macht somit die ganze Familie kaputt ich hasse ihn aus ganzem Herzen und für mich ist er gestorben. Wenn mann ihn darauf anspricht ist er aggressiv und geht auf einen los. Er hat nicht lang her (letztes Jahr) meine Mutter und mich geschlagen mich hatte er zum Glück nur leicht getroffen aber meine Mutter hatte ein blaues Auge. Sie sieht es nicht ein dass die sich trennen müssen, ich hab sie schon mehrmals angebettelt mit ihm schluss zu machen aber sie sagt es wird schon aber er hat ein eindeutiges Alkohol problem. Das geht schon einige Jahre so und ich bezweifle das das besser wird, ich hab einfach keine Kraft mehr für das, mir und meinem Bruder wird es oder ist es schon zu viel. Es ist nur meine Sicht der Dinge aber ich brauch echt Hilfe aber kann nichts machen weil ich in der Ausbildung bin kann ich nicht mehr ganz normal zum schulpsychologen oder so, ich trau mich einfach auch nicht hilfe zu holen. Mich macht es alles einfach kaputt und keiner merkt das. Wenn ich das Gespräch mit meiner Mutter suche blockt sie ab. Ich hoffe ich hab nichts vergessen und hoffe auch dass es wenigstens euch gut geht.
LG Olga

Lan Anwort von Lan

Liebe Olga,

danke, dass du uns dein Vertrauen schenkst.

Das trifft mich sehr, dass du und deine Familie so unter deinem Vater leidet.
Ich finde es schrecklich, dass dein Vater euch gegenüber auch noch gewalttätig geworden ist. Egal, welche Gründe es gibt und wenn nur der Alkohol schuld war, so etwas geht einfach nicht.

Alkohol kann Familien und auch Menschen zerstören, das kenne ich zu gut. Auch ich habe damit in der Kindheit und Jugend Erfahrungen gemacht und kann dich deswegen vielleicht auch besser verstehen als andere, die solche Erfahrungen nicht haben. Das hatte ich dir bereits in meiner letzten Nachricht geschrieben: https://www.mein-kummerkasten.de/in/333137


Sich unbedingt Hilfe suchen

Du hast uns wiederholt geschrieben und das zeigt mir, dass du ganz dringend Hilfe brauchst, was du ja auch nochmal betonst. Du hast schon bereits einiges versucht, viel mit deiner Mutter geredet. Doch so schwer das zu verkraften ist: Es liegt nicht in deiner Macht, sie zur Trennung zu bewegen. Dazu muss deine Mutter bereit sein.
Du kannst nur dafür sorgen, dass es dir wieder besser geht und das ist das Wichtigste.

Ich kann dich sehr gut verstehen, dass du Angst davor hast, dir Hilfe zu suchen. Von außen ist es immer leichter, jemandem zu sagen, dass er sich doch helfen lassen soll. Aber wenn man in einer Situation wie deiner ist und auch noch jung ist, ist das alles andere als leicht.


Ängste, die hindern, sich Hilfe zu suchen

Du fürchtest dich davor, Hilfe zu suchen. Das ist okay und total verständlich. Nimm diese Angst an.
Vielleicht gehst du nochmal in dich und fragst dich: Warum habe ich solch eine Angst davor, mir Hilfe zu suchen? Was hindert dich daran?

Und was könnte dir helfen, dir doch noch Hilfe von außen zu suchen?
Vielleicht traust du dich, nicht allein irgendwohin zu gehen. Könntest du deine Mama oder andere Verwandte oder Freunde darum bitten, dich dorthin zu begleiten? Würde dir das helfen?

Fürchtest du dich davor, dich anderen zu öffnen? Fehlt dir das Vertrauen? Oder denkst du, dass dich andere dafür verurteilen? Schämst du dich? Die Gründe, warum du dich davor fürchtest, Unterstützung zu suchen, sind vielfältig. Nur du allein kannst herausfinden, was dich daran hindert.
Vielleicht findest du dich in folgendem Beitrag wieder? https://hellobetter.de/blog/angst-vor-psychotherapie/
Du musst dich wegen deiner Probleme nicht schämen. Und es wird dich auch keiner verurteilen, wenn du darüber sprichst.

Überlege mal oder stelle dir mal vor, wie es wäre, wenn du dir jetzt Hilfe suchen würdest. Was würde im besten Falle passieren? Dein Leben würde dich zum Besseren wenden, du bekommst Mut und Kraft, dir wieder zugehört, du wirst entlastet. Stelle dir das ganz bildlich vor und horch in dich hinein, wie sich das für dich anfühlt.

Du schreibst, dass du wegen der Ausbildung nicht zum Schulpsychologen kannst. Ich denke, dass du dich deswegen nicht hemmen solltest, probiere es trotzdem, frage ihn, ob er dir dennoch zuhören kann. Ich glaube nicht, dass er dich zurückweist, nur weil du eben ein Azubi bist.


Andere Hilfsmöglichkeiten finden

Auch wenn du noch nicht den Mut hast, dich anderen anzuvertrauen, musst du mit deinen Problemen nicht allein zurechtkommen. Es gibt neben Beratungsstellen und Therapeuten noch andere Hilfsmöglichkeiten, die leichter zugänglich sind. Vielleicht fällt es dir bei anderen Hilfsangeboten leichter, dich zu öffnen?

Ich habe bei meiner Recherche das sogenannte Sorgen-Tagebuch gefunden. Du kannst all deine Sorgen, Ängste und Probleme dem digitalen Tagebuch anvertrauen. Das Besondere: Es liest deine Texte und antwortet dir. Es ist alles kostenlos und auch anonym. Dort kannst du dir nochmal ausführlicher alles von der Seele schreiben und wirst davon auch von dem Tagebuch wirklich für längere Zeit, wie du es magst, begleitet. Ich denke, dass es durchaus noch mehr helfen kann, als ein gewöhnliches Tagebuch. Und du bleibst mit deinen Ängsten und Sorgen nicht allein.
Hier wäre der Link:
https://www.sorgen-tagebuch.de

Es gibt noch weitere Online-Beratungsmöglichkeiten für Jugendliche. Vielleicht kannst du beim Schreiben mehr öffnen, als beim Sprechen?
https://krisenchat.de
https://www.nummergegenkummer.de/kinder-und-jugendberatung/online-beratung/
https://jugendnotmail.de


Notfalltelefone

Wenn dir der persönliche Kontakt noch zu schwerfällt, du aber gerne reden magst, gäbe es auch noch Notfalltelefone, die ebenfalls kostenfrei und anonym sind. Dort kannst du anrufen, wenn es dir nicht gut geht und du jemanden brauchst, der dir zuhört und mit dir redet. Hier eine Übersicht: https://www.sorgen-tagebuch.de/soforthilfe/notfalltelefone


Hausarzt aufsuchen

Vielleicht kommt für dich auch erstmal der Besuch deines Hausarztes in Frage? Der ist nicht nur für körperliche Beschwerden da, sondern auch, wenn es dir psychisch nicht gut geht. Vielleicht ist da die Hürde für dich nicht so groß, weil du den schon kennst?

Hier eine erste Hilfe, wie du danach weitermachen kannst:
https://einguterplan.de/erstehilfe/

Denkbar wären auch Selbsthilfe-Apps für den Notfall, falls du dich momentan niemandem anvertrauen willst, aber trotzdem Hilfe suchst:
https://www.telefonseelsorge.de/krisenkompass/
https://www.selfapy.com
https://www.novego.de
Für einige brauchst du ein Rezept, um die Apps freizuschalten. Das erhälst du beispielsweise vom Hausarzt.


Liebe Olga, ich glaube fest an dich und dass du den Mut finden kannst, dir Hilfe zu suchen. Du leidest sehr und das auch schon länger. Bitte, tue es für dich, versuche schrittweise deine Ängste zu überwinden. Und sei nicht traurig, wenn es nicht sofort klappt, das braucht Zeit, gib sie dir. Ich denke, dass du auf jeden Fall ganz viel Kraft in dir hast und ich glaube fest daran, dass du es schaffen kannst. So kann es nicht länger weitergehen und du weißt sehr genau, dass du Hilfe dringend brauchst. Also bitte, tue es für dich, du kannst etwas ändern, du hast die Kraft dafür. Und du bist auch nicht allein!
Es kann sehr hart werden und es kann sein, dass du immer wieder Mut zeigen musst. Es kann auch sein, dass dich mal der Mut verlässt. Aber es lohnt sich, dranzubleiben. Du musst dir selbst sagen: "Mir geht es nicht gut und ich will, dass sich das ändert, dafür kämpfe ich."

Ich wünsche dir von Herzen ganz viel Mut, Kraft, Hoffnung und alles Gute und Liebe für die Zukunft. Ich hoffe, dass ich dir etwas weiterhelfen konnte.


Viele Grüße,
Lan