Problem von Mira - 22 Jahre

Essstörung, depressive Stimmung, Isolation

Hallo,
ehrlich gesagt weiß ich gar nicht so genau wo ich anfangen soll...mein Kopf ist so voller Gedanken und wenn ich versuche darüber zu reden, kann ich meine Gefühle nicht wirklich gut in Worte fassen, weil alles so wirr ist und es so verdammt viel gibt, was mich beschäftigt.

Mein Leben fühlt sich an, als ob alle Menschen um mich herum in den Zug steigen und voran kommen, nur ich bleibe wie angewurzelt am Bahnsteig stehen und sehe wie Zug um Zug an mir vorbei fährt...und dieses Gefühl habe ich jetzt mindestens seit 2 oder 3 Jahren. Ich kann gegen dieses Gefühl aber auch nicht richtig was tun. Da ist eine innere Blockade in mir, die mich davon abhält zu handeln.
Mein ganzer Ehrgeiz und Wille, etwas zu erreichen, ist seit meinem Schulwechsel 2016 auf`s Berufliche Gymnasium nicht mehr wirklich vorhanden. Vielleicht weil ich all die Jahre so vieles in mich hineingefressen habe und meine Gedanken immer für mich behalten habe, sodass mir alles zu Kopf gestiegen ist und es mir immer schwerer viel, mich auf mein Hier und Jetzt zu konzentrieren und ich angefangen habe immer mehr Aufgaben und Verpflichtungen vor mir her zu schieben? Ich weiß es nicht. Fakt ist aber, dass ich seit ich ca. 13 bin, Probleme mit Essen habe (ich glaube auch, dass ich sogar schon seit dem Kindergartenalter unzufrieden mit meinem Körper bin). Angefangen haben die Probleme mit dem Essen so, dass ich immer weniger gegessen habe und dadurch sehr an Gewicht verlor (ich hatte immer ein Normalgewicht). Meine Familie machte sich auch sehr Sorgen, aber etwas dagegen "unternommen" wurde nie und irgendwann aß ich auch wieder normal. Doch die schlechten Gedanken in Bezug auf Essen sind geblieben. Dann 2019 während meiner Abiphase habe ich angefangen den ganzen Stress mit Essen zu kompensieren (zumindest habe ich es jetzt so in Erinnerung). Anstatt ordentlich zu lernen habe ich mich mit Essen davor gedrückt zu lernen und mich mit den Klausuren und Prüfungen auseinander zu setzen und habe Wort wörtlich meinen Stress in mich hineingefressen. In dieser Zeit habe ich mich auch nicht mehr viel bewegt (war/bin sportlich aktiv) und habe dadurch dann natürlich zugenommen. Nach meinem Abluss war ich dann irgendwann so unzufrieden mit meiner Figur (btw habe ich immer nur Koplimente für mein Aussehen/Körper bekommen) und als ich dann auch noch mit meinem Ex Freund zusammen gekommen bin, wollte ich endgültig abnehmen, weil ich mich in meiner Haut einfach nicht mehr wohlgefühlt habe. Nun ging ich also nicht mehr ins Gym (was wegen Corona sowieso zu hatte), sondern fing an öfter die Woche zu joggen. Dadurch nahm ich auch wieder ab, aber ca. mit dem Beginn der Beziehung habe ich auch angefangen immer weniger zu essen, weil ich einen flachen Bauch den ganzen Tag über haben wollte. Das, was ich an manchen Tagen dann zu wenig aß, holte ich an anderen Tagen (wenn ich nichts geplant hatte und für mich allein war) in doppelter Menge nach. Um diesen Essanfall dann wieder "wett" zu machen, aß ich am Tag darauf komplett gar nichts oder manchmal auch mehrere Tage hintereinander und machte aber mit dem Sport weiter. Das ging über 1 Jahr so, ohne dass ich zusammengebrochen wär (obwohl ich in dieser Zeit auch sehr viele Tiefs hatte). Im Sommer letzen Jahres zog ich mich dann immer mehr zurück, weil ich so verdammt unzufrieden mit mir war und ich eigentlich mit jemandem über alles reden wollte, aber ich hatte Angst, dass dann nur noch mein gestörtes Verhaltung zu Essen und meine negativen Gedanken im Vordergrund stehen würden und ich als Mensch aus einem ganz anderen Blickwinkel wahrgenommen swerden würde bzw. hatte ich auch Angst davor, dass die Menschen um mich herum versuchen würden mir etwas einzureden, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht ändern wollte/konnte (bezogen auf mein Essverhalten). Im Oktober 2021 fing dann mein Studium an und ich zog in eine andere Stadt - weg von Zuhause, meinen Freunden und meinem Freund. Durch die Entfernung isolierte ich mich nochmal viel stärker und auch gleich zu Beginn des Studiums, besuchte ich meine Vorlesungen nicht regelmäßig. Ich verbrachte meine Tage damit mich und meine Gedanken mit Essen und Filmen/Serien zu "betäuben". Sport machte ich auch nur noch in sehr unregelmäßigen abständen und generell bewegte ich mich kaum noch. Mit der Trennung von meinem Ex habe ich dann (unterbewusst) endgültig keinen Sinn mehr darin gesehen, auf meine Figur zu achten und ich verfiel in ein richtiges Fresskoma, was zur Folge hatte, dass ich mich so unwohl in meinem Körper gefühlt habe, dass ich nur noch zum Einkaufen vor die Tür bin und sonst eigentlich den ganzen Tag im Bett lag. Das ganze hat irgendwann so schlimme Außmaße angenommen, dass ich erst gegen Mittag/Nachmittag aufwachte, von abends bis nachts gegessen habe (viel zu große Mengen) und irgendwann dann bis morgens wach war. Mein Schlaf- und Wachrythmus hat also quasi einmal gewechselt. Hygenie und all das habe ich in der Zeit auch sehr vernachlässigt und die negativen Gedanken wurden Teil meines Alltags. Immer öfter stellte ich mir die Frage, ob nicht alles einfacher wär, jetzt einfach zu sterben, weil mir meine Lage so aussichtslos vorkam. Mittlerweile bin ich zwar wieder etwas aus dieser toxischen Spirale draußen, aber gut geht es mir noch lange nicht! Mehrmals die Woche weine ich und zweifel mein Leben an, weil ich einfach nicht mehr kann. Ich will einen normalen Bezug zu Essen haben und mich nicht davon getriggert fühlen, wenn ich Essen sehe oder jemand darüber spricht. Ich will mich als Person wertschätzen und respektieren können und ich will nicht mehr diese ganzen negativen Gedankenkaruselle, die sich größtenteils um meine Vergangenheit drehen. Ich will glücklich sein und der einzige Weg dahin ist für mich der einer Therapie. Das habe ich jetzt begriffen. Ich brauche dringend Hilfe (auch wenn ich manchmal denke, dass ich meine Lage nur dramatisiere und alles eigentlich halb so schlimm ist).
Ganz ehrlich, ich habe Angst davor, dass ich niemals ein "unbeschwertes" Leben haben werde und mein Leben ein einziger Kampf mit mir selbst bleiben wird. Ich will doch nur glücklich sein können und meine Gedanken sollen sich nicht 24/7 um Essen drehen. Ich bin es so leid! Ich will, dass mein Leben wieder im Jetzt stattfindet und ich mit meinen Gedanken auch wieder hier bin und nicht in meiner Vergangenheit.
Jetzt schreibe ich hier meine Gedanken auf, in der Hoffnung, dass man mir einen kleinen Schups in die richtige Richtung geben kann (Therapie). Ich bin nämlich etwas überfordert mit der Suche nach einem Therapieplatz und es kostet mich auch sehr viel Überwindung, mich mit der ganzen Thematik jetzt etwas aktiver auseinander zu setzen und nicht nicht mehr einfach nur alles immer weiter nach hinten aufzuschieben und zuverdrängen.

Ich bedanke mich jetzt schon mal!
Liebe Grüße

Stephanie Anwort von Stephanie

Hallo liebe Mira,

vielen Dank für deine Zuschrift an uns.
Du hast sehr gut geschildert wie es dir gerade geht und was du alles schon durch gemacht hast was das Thema Essen angeht.
Leider gibt es viele Menschen die Probleme haben sich ordentlich und gesund zu ernähren. Es ist auch wichtig regelmäßig zu essen. Dein Hungern zwischendurch ist da leider total fehl am Platz.

Den Ansatz eine Therapie zu versuchen finde ich sehr gut.
Ein Gespräch mit deinem Hausarzt wäre da der erste Schritt. Schildere ihm wie es dir ergangen ist und das schon seit Kindheit an. Eine Blutuntersuchung wäre auch angebracht um andere Erkrankungen auszuschließen und eventuelle Vitamin Mängel festzustellen. Durch ungesunde Ernährung oder gar Hungern kann dem Körper einiges fehlen. Das wiederum kann zu Müdigkeit, Unlust oder sogar Depressionen führen.
Viele Themen von außen fördern auch Depressionen oder Dinge die dich beschäftigen und belasten. Du bist noch jung und der Weg wo es mit dir mal hingehen soll scheint mir auch noch nicht wirklich geklärt zu sein. Dieser Druck kann durchaus eine Belastung sein die dich "durchhängen" lässt.

Corona hat auch vieles dazu beigetragen das einige die Isolation plötzlich doch recht toll fanden. Man kam kaum raus, Verpflichtungen waren nicht mehr so wichtig, Unternehmungen und Freunde treffen waren teilweise verboten.
Das alles macht es mit aus das man gedanklich dann vom Weg abkommt und sich immer mehr gehen lässt und alles andere unwichtig erscheint.
Da alleine rauszukommen erscheint mir als sehr schwierig. Ich bin auch kein Arzt oder Psychologe um das alles beurteilen zu können ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege.

Ich lege dir wirklich ans Herz da den Weg des Arztes zu gehen. Es ist zu deinem Besten damit es dir wieder gut geht. Gespräche mit Ernährungsberatern halte ich auch für sinnvoll um dir den Umgang mit Essen in bestimmten Situationen zu erleichtern bzw.damit besser umgehen zu lernen bevor du dich aus Frust voll stopfst und es dann bereust und hungerst. Das ist eine endlose Spirale die auf Dauer sehr schlecht für dich und deine Gesundheit ist.


Du hast dich uns anvertraut und das ist der erste Schritt das du eingesehen hast Hilfe zu brauchen. Ich finde das großartig und ich hoffe das du diesen Weg weiter gehst. Versteck dich nicht zu Hause sondern hol dir schnellstmöglich Hilfe.
Wenn du das mit dem Essen in den Griff bekommen hast, bist du im Kopf auch freier für neues und was noch so vor dir liegt. Was möchtest du noch erreichen im Leben? Wo geht deine Reise hin? Erfülle dir Wünsche und fang an dich wieder selbst zu lieben. Du hast noch so wahnsinnig viel vor dir, kannst soviel erleben und entdecken. Bitte mach etwas daraus und starte neu. Mit der Hilfe von Ärzten und Therapeuten kann es dir besser gehen wenn du dich darauf einlässt und einsiehst das du so nicht weiter machen kannst.
Das Thema Essen sollte nicht mehr Hauptthema bei dir sein in Zukunft, sondern was du noch tolles machen möchtest.
Glaub an dich selbst und kämpfe für diese Veränderung. Du bist stark und du kannst das schaffen. Lass keine Zeit mehr verstreichen und schau wann dein Arzt das nächste mal geöffnet hat. Schildere was dich bedrückt und bitte noch um eine Überweisung zu einem Therapeuten.

Ich gebe dir einige Links mit die dir vielleicht auch etwas helfen. Und ansonsten kannst du dich sehr gerne jederzeit wieder an uns wenden.
Du allein hast es in der Hand etwas an deiner Situation zu ändern und du kannst das schaffen wenn du es wirklich möchtest!
Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles gute dafür.

https://www.pascoe.de/anwendungsbereiche/stimmungsaufhellung/depressive-verstimmung.html?gclid=CjwKCAjwkMeUBhBuEiwA4hpqEGq74TiUSv7_loUxJ01tU3DXJKNHNmM1EKZVq02fM0nm3LoJyNjiXBoCZDEQAvD_BwE

https://www.bzga-essstoerungen.de/

https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/essstoerungen

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/ratgeber/ernaehrungsratgeber/ernaehrungsberatung

https://www.tk.de/techniker/leistungen-und-mitgliedschaft/informationen-versicherte/leistungen/weitere-leistungen/faq-psychotherapie/psychotherapeuten-finden-2005908?tkcm=ab


Liebe Grüße
Stephanie