Problem von Josi - 16 Jahre

Der Freund meiner Mutter (Fortsetzung 4)

Hi Sabine, danke nochmal für deine Antwort. Also ich habe deinen Rat befolgt und bin gleich heute zum Gynäkologen gegangen. Als sie mich dann untersucht hat, hat sie mich gefragt was denn da schlimmes passiert sei und ob das freiwillig gewesen sei. ich bin dann total zusammengebrochen, weil sie mir eröffnet hat, dass ich schwere innere Verletzungen im Genitalbereich hab und dazu wahrscheinlich seit nem Monat schwanger bin(Schwangerschaftstest)
Was soll ich denn jetzt machen?
Warum läuft denn alles schief?
Ich weiss ganz genau, dass ich abtreiben will, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, dass ich nie abtreiben will. Aber ein Kind das unter solchen Umständen entstanden ist, kann ich einfach nicht behalten!ich hab die Ärztin gefragt ob man eine Abtreibung auch ohne das Wissen der Eltern machen kann und sie hat gemeint nein. Stimmt das?Ich hab ihr dann alles mit den Vergewaltigungen erzählt und sie war erschrocken, aber sie hat gesagt abtreibungen muss man trotzdem den Eltern sagen.Sie hat auch so ein protokoll gemacht und hat mir angeboten mit mir zur Polizei zu gehen, aber davor hatte ich dann doch zu viel Angst. Warum ist das alles so kompliziert?
Von der Psychologin hab ich immer noch nichts gehört, seit 2 Wochen nicht. Und den nächsten Termin hab ich erst nächste Woche. Ich bin grad am Überlegen ob ich nicht zu einer anderen gehen soll. ich habe mir vor kurzem andere Beiträge auf eurer Seite durchgelesen und hab dabei gesehn, dass dir auch was ähnliches passiert ist. Wie hast du dich da rausgeholt?Ich weiss nämlich wirklich nicht mehr weiter.
viele grüsse und Danke für die Hilfe!

Anwort von Sabine

Hallo Josi!

Ja, Du hast Recht, mir ist etwas ähnliches passiert und ich muß zugeben, wenn alles nicht sofort und so schnell passiert wäre nach dem Vorfall, mit der Anzeige und Untersuchung, dann hätte ich wahrscheinlich auch gezögert.Ich bin mit Hilfe einer guten Freundin dort wieder herausgekommen. Im Endeffekt alleine, aber ihre Starthilfe war ein Sprung, der nötig war, um damit klarzukommen.Die Ärztin von Dir hat Recht. Du solltest ruhig ihre Hilfe annehmen und mit ihr und dem Protokoll zur Polizei gehen.Die Anzeige zu erstatten viel mir auch sehr schwer, da es mein eigener Partner war, aber das Gespräch mit der Polizei und mit vertrauten Personen hat mir gezeigt und klargemacht, dass sich der Mann doch nur im Recht fühlt, wenn man ihm nicht zeigt, dass er Unrecht getan hat. Er wird es immer wieder tun, wenn man nicht Anzeige erstattet. Wenn nicht mehr bei mir, dann vielleicht bei einer anderen Person. Er fühlt sich doch in seinem Handeln betätigt (folgt ja keine Strafe, wenn man schweigt) und wer weiß, wem er es noch alles antun kann. Ich weiß, wie schwer diese Gänge zu den Behörden sind, aber Josi, Du hast es zum Arzt geschafft, ein klares Protokoll bekommen und sogar die Ärtzin will mit Dir zur Polizei gehen. Die Hilfe solltest Du ruhig annehmen. Ich kann mir vorstellen, wie durcheinander es in Dir aussehen muß, aber wenn Du Dich von dem Chaos der Deiner Gefühle befreien willst, dann gehe jetzt weiter und erstatte die Anzeige. Deine Mutter muß eingeweiht werden. Vielleicht kann die Ärztin bei einem Gespräch dabei sein. Vielleicht kann die Ärztin mal bei euch vorbeischauen. Sie hat übrigens auch Recht, was die Abtreibung betrifft. Es geht nur mit Wissen Deiner Eltern. Josi, es tut mir leid, aber es geht nicht anders, aber glaube mir, es ist der beste Weg offen darüber zu sprechen, auch wenn es verdammt peinlich ist und verdammt nochmal weh tut. Wie ich dort wieder herausgekommen bin? Es hat eine lange Zeit gedauert und ich will Dir nichts vormachen, ich denke heute noch sehr oft daran. Da es mein eigener Partner war, stecken auch viele Erinnerungen darin, die mich immer wieder zu dem Vorfall hinlenken. Aber, es wird auch weniger. Ich habe auch Gespräche mit einer Psychologin gehabt und es war sehr interessant, wie sie in das Innere eines Menschen schauen können und daraus interpretieren können, wenn man offen und ehrlich darüber spricht und zugleich auch das Gefühl dazu, ihnen mitteilt. Ich habe sehr viel gelernt über mich selber und auch gelernt mit dem Vorfall zu leben. Ich mache kein Geheimnis daraus, denn offen darüber zu sprechen hilft mir, damit es sich nicht in meinem Kopf noch weiter festsetzt. Es dauert eine lange Zeit, bis man ein wenig darüber hinweg ist. Ob man es je ganz schaffen kann? Ich weiß es nicht. Die Antwort kann ich Dir nicht geben.
Bitte Josi, wenn Du jetzt damit klarkommen möchtest, dann wirst Du die Vorfälle noch ein paarmal hochwürgen müssen, damit die Dinge ihren Lauf nehmen und Dir soetwas mit ihm nicht wieder passieren kann. Er muß die Strafe bekommen. Dafür, was er Dir angetan hat und das es keiner anderen passieren kann. Dieser Satz "wenn es anderen passiert" war für mich damals bei dem Gespräch mit der Polizei sehr ausschlaggebend.
Er wurde angezeigt von mir und das war es dann. Die Behörden (Staatsanwaltschaft, Polizei, Anwälte) kümmerten sich um den Fall und ich war vorerst befreit und wußte das Richtige getan zu haben.
Wenn Du ein Gespräch mit Deiner Psychologin möchtest, noch vor dem nächsten Termin, dann rufe sie ruhig an und sprich mit ihr. Oder versuches zumindest.
Josi, Du hast es bis hierher geschafft, dann schaffst Du den Rest auch und wenn Deine Mutter erst einmal eingeweiht ist, dann wird es auch für Dich leichter, denn dann hast Du eine vertraute Person ganz in Deiner Nähe. Schließlich möchtest Du Deiner Mutter auch ehrlich in die Augen schauen können.
Die Dinge nehmen von ganz alleine ihren Lauf, wenn Du den ersten Schritt machst. Du mußt nur den Start geben, der Rest läuft von ganz alleine. Nur bitte, versuche Du es nicht alleine mit Dir auszumachen, sondern sprich mit Deiner Mutter. Sie wird Dir jetzt zur Seite stehen können.
Wenn Du immer noch Angst davor hast mit Deiner Mutter zu sprechen, dann frage halt die Ärztin, ob sie dabei sein kann. Sie wird ihr vielleicht Dinge erklären können, wo Dir die Erklärungen fehlen, weil Du Betroffene bist.
Ich freue mich, dass Du zum Arzt gegangen bist. So,wie ich Deiner Mail entnehmen konnte, hast Du eingesehen, dass es so nicht weitergeht.
Versprich mit bitte, dass Du es nicht unter den Tisch fallen läßt.

Lieben Gruß.

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