Problem von Christian - 25 Jahre

Feedback: Wann ist Geschlechtsverkehr mit oder zw. Minderjährigen erlaubt?

Unter Bezugnahme auf:
http://mein-kummerkasten.de/147204/Feedback-Verhuetung-.html

Sehr geehrtes Kummerkasten-Team,
liebe Vera,

gerne bringe ich hiermit etwas Licht ins "Dunkle".

Sachverhalte bezüglich des Geschlechtsverkehr mit oder zwischen minderjährigen Personen sind in den §§ 176, 182 StGB geregelt.

§ 182 StGB verbietet den Geschlechtsverkehr mit Personen unter 16 Jahren, sofern es hierbei zur Ausnutzung einer Zwangslage kommt oder die Handlung gegen Entgelt vorgenommen wird. Die Rechtsprechung defininiert die Ausnutzung einer Zwangslage hier sehr unterschiedlich. Wichtig ist, dass die Fähigkeit des Opfers zur "sexuellen Selbstbestimmung" ausgenutzt wird.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/4584, dort insbesondere S. 8) lehnt sich das eingrenzende Merkmal "Ausnutzung einer Zwangslage" an die Auslegung an, die das Merkmal in § 180 b Abs. 1 Satz 1 und § 302 a Abs. 1 StGB erfahren hat. (BGH 4 StR 40/97)

Die Zwangslage stellt danach eine ernste persönliche oder wirtschasftliche Bedrängnis des Opfers dar. Die Zwangslage muss ernst, sie braucht aber nicht existenzbedrohend zu sein.

Eine Notlage wird nicht vorausgesetzt; der Begriff der "Zwangslage" ist weiter als der der Notlage (vgl. BGHSt 11, 182, 185 f.). Andererseits ist eine Zwangslage hiernach nicht schon immer dann anzunehmen, wenn die Situation des Jugendlichen nach den Umständen des Falles die Tathandlung ermöglicht oder erleichtert, so dass der Täter lediglich die sich ihm dadurch bietende Gelegenheit wahrnimmt (vgl. Lackner/Kühl StGB 21. Aufl. § 182 Rdn. 5). Eine solche Auslegung wird nicht mehr vom Sinngehalt des Wortes "Zwangslage" gedeckt; sie ist auch nicht aus Gründen des durch die Neufassung von § 182 StGB bezweckten strafrechtlichen Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung Jugendlicher geboten. (BGH 4 StR 40/97)

§ 176 StGB verbietet - wie zutreffend darauf hingewiesen - den Geschlechtsverkehr mit Personen unter 14 Jahren.

Die Strafverfolgung scheitert hier aber an § 19 StGB, der keine Strafmündigkeit von Personen unter 14 Jahren vorsieht.

Der Autorin des o.g. Links ist aber zuzustimmen, dass der Straftatbestand im Falle eines 13-Jährigen, der mit seiner ebenfalls 13-jährigen Freundin den Geschlechtsverkehr vollzieht, erfüllt ist und es sich somit auch in jedem Fall um eine rechtswidrige Tat handelt. Letztlich scheitert eine Strafverfolgung aber an der Strafmündigkeit.

Ich gebe darüber hinaus Recht, dass den Eltern in schweren Fällen eine im Volksmund sogenannte Verletzung der Fürsorgepflicht vorzuwerfen wäre. Es handelt sich hierbei meist um Fragen, die vor einem Familiengericht zu klären wären.

Sind beide Kinder 13 Jahre alt sehe ich diese Fürsorgepflicht aber nicht verletzt. Auch ist mir keine Rechtsprechung dahingehend bekannt, dass Eltern jemals wegen einem solchen Sachverhalt rechtskräftig verurteilt wurden.

Sicherlich stellt es sich anders da, wenn die Eltern wissen und dulden würden, dass ihre Tochter oder ihr Sohn sexuelle Handlung mit einer älteren Person vollzieht, wodurch der Straftatbestand des § 176 StGB erfüllt wäre. Hierdurch könnte sich der Straftatbestand des Begehens durch Unterlassen (§ 13 StGB) verwirklichen.

Mithin also:
Die Tatsache, dass ein Erziehungsberechtiger eine Liebesbeziehung zwischen zwei 13-jährigen Kindern duldet, selbst wenn dieser von sexuellen Handlungen Kenntnis hat, erfüllt eine Verletzung der Fürsorgepflicht im Hinblick auf die Möglichkeit eines familiengerichtlichen Eingreifens in der Regel noch nicht.

Ich kann natürlich verstehen, dass man als Mutter erst einmal so drastisch reagiert. Auf der anderen Seite möchte ich zu bedenken geben: Waren wir nicht auch einmal Kind und ist ein solches tatsächlich schon gefährdet, wenn es erste sexuelle Erfahrungen mit Gleichaltrigen sammelt?

Der Geschlechtsverkehr mit Personen über 16 Jahren - unbeachtet anderer eventuell strafqualifizierender Tatbestände - ist in der Regel straffrei, unabhängig davon, wie alt der Geschlechtspartner ist.

Abschließend weise ich noch darauf hin, dass für die Rechtsprechung zur Erfüllung der Straftatbestände der §§ 176, 182 StGB nicht zwangsläufig der Geschlechtsverkehr vollzogen sein muss. Vielmehr können auch schon ein "Zungenkuss" sowie andere sexuelle Handlungen den Straftatbestand dieser Rechtsnormen erfüllen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian S.
(Jura-Student kurz vor dem Staatsexamen
und Mitarbeiter in einer strafrechtlich orientierten Anwaltskanzlei)

Dana Anwort von Dana

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Dana