Problem von Janine - 20 Jahre

Mein Freund will nach 5 Jahren immer noch nicht meine Familie kennen lernen

Hallo liebes KuKa-Team,
es geht um meinem Freund. Wir sind schon seit über 5 Jahren zusammen und eigentlich bin ich glücklich und zufrieden. Natürlich streitet man sich ab und an aber das ist ja besonders nach so einer langen Zeit normal und wir bekommen uns auch meist schnell wieder ein.
Aber etwas mit dem ich einfach nicht leben kann ist folgendes: Er weigert sich einfach meine Familie näher kennen zu lernen. Seitdem wir zusammen sind war ich immer bei ihm. Die Wochenenden schlafe ich auch immer bei seiner Familie und ich kenne seine Familie/Verwandten schon von Anfang an. In den 5 Jahren war er vielleicht 3 Mal oder so bei mir. Und auch wenn er von meiner Familie zu Geburtstagen oder ähnliches eingeladen wird ist es immer eine Tortur ihn dazu zu bekommen das er mit kommt. Am Anfang war es zwar ärgerlich aber da hab ich es noch verstanden. Einmal weil wir ja noch jünger waren (als wir zusammen kamen war ich 15 und er 16) und außerdem dachte ich am Anfang auch das er vielleicht Angst hat (was er sich nie eingestehen würde). Aber ich bin der Meinung das es mittlerweile reicht. Wir sind erwachsen, er wird im Frühjahr 22! Aber er weigert sich immer noch. Er sagt einfach das er es nicht so mag und vergleicht es dann auch noch damit dass ich ja auch keinen Analsex möchte (was wir schon ein paar Mal gemacht haben aber ich fühle mich dabei unwohl weil ich oft Verdauungsprobleme habe, ständig einen aufgeblähten Bauch habe oder Verstopfung, was er auch weiß). Jedenfalls finde ich das einfach ungeheuerlich. Zumindest ist er ja bisher 2 oder 3 Mal mit auf den Geburtstag meiner Oma gekommen aber vorher musste ich immer einen Marathon von wochenlanger Überredungskunst durchmachen in dem vom netten fragen über bitten und betteln, über weinen, streiten und Wutausbrüchen echt alles dabei war. Ich frage mich was das soll. Man kann halt im Leben nicht immer nur das machen was einem Spaß macht oder? Ich verlang ja nur das er sich zu Einladungen und vielleicht ein mal im Monat oder so mal zusammenreißt und mit zu meiner Familie kommt. Es verletzt mich sehr... Ich muss dann zu Hause damit klar kommen das mein Vater mit einem gewissen Ton über ihn redet und ich das Gefühl habe ich muss ihn verteidigen. Aber verübeln kann ich es meinem Vater ja auch nicht: Er kennt den Typen mit dem seine Tochter jedes Wochenende verbringt und schon so lange zusammen ist eigentlich nicht, klar dass er sich seinen Teil denkt (ob das nun ist das er mich nicht verdient hätte oder das mein Freund "keine Eier in der Hose hat"). Oder das meine Mutter sogar schon geweint hat weil es sie so sehr verletzt. Ich bin dann immer die Blöde die bei Onkel und Tante erklären muss warum er nicht zu ihrer Geburtstags-Grillfeier kommen wird. Es ist mir so unangenehm und verletzt mich dass er nichts mit meiner Familie zu tun haben möchte, weil das nun mal ein Teil meines Lebens ist. Und wenn er mich liebt (woran ich ja nicht zweifle) dann müsste er sich doch auch für mein Leben und die Menschen in meinem Leben interessieren (das tue ich nämlich auch) und sollte sich doch ab und an mal für mich überwinden. Er sieht doch wie sehr mich das fertig macht und wie wichtig mir das ist. trotzdem ändert er nichts ein seinem, meiner Meinung nach, kindischem Verhalten.
Was soll ich denn machen? Ich möchte ihn nicht verlieren, ich liebe ihn wirklich und weil es so was ernstes mit uns ist möchte ich aber auch das er sich zusammenreißt.

Judith Anwort von Judith

Liebe Janine,

Vielen Dank für Dein Vertrauen.
Also, ich kennen natürlich nur Deine Seite der Story, nicht die Version Deines Freundes. Ich weiss nicht, ob in seinen Augen vielleicht etwas vorgefallen ist, was ihn vor Deiner Familie zurückschrecken lässt. Ich frage mich auch, ob er immer so schüchtern ist. Kennt er Deine Freunde? Geht er generell auf Leute zu? Oder ist er einfach generell sehr in sich gekehrt? Das sind alles Fragen, die ich gern beantwortet hätte um mehr Kontext zu haben. Aber gut - kein Problem, Du schreibst dennoch sehr ausführlich, danke dafür. Ich antworte mal nach bestem Verständnis.

Wenn Dein Freund generell sehr schüchtern ist, dann ist das Ausweichen in Punkte Familie nicht persönlich auf Deine Eltern zu beziehen, sondern einfach ein (schwieriger) Teil seines Charakters. Sprich mal in aller Ruhe mit ihm und versucht gemeinsam Lösungen zu finden, wie es seine Angst im sozialen Kontext überwinden kann. Dabei kann auch eine Therapie helfen. Vielleicht schlägst Du ihn das auch einmal vor. Denn sicher ist auch er nicht glücklich, wenn Du "The Life of the Party" bist, er hingegen gequält und verschüchtert daneben sitzt.

Wenn er sonst total aufgeschlossen ist und nur bei Deiner Familie so zurückhaltend, dann kann ich Deinen Unmut 100 %ig verstehen. Den Vergleich mit Analsex finde ich gelinde gesagt total daneben! Das eine ist eine sexuelle Vorliebe, das andere sind Menschen, die Dich lieben, die Du liebst, und die genauso Teil Deines Lebens sind, wie er! Familie ist wichtig, nicht jeder hat das Glück, eine funktionierende Familie zu haben, in der man sich einläd, schönes Zeiten miteinander verbringt und sich unterstützt. Mir wäre es auch sehr wichtig, dass meine Familie und mein Partner sich kennen und, ja, auch mögen.

Wenn er keinen triftigen Grund hat, warum er sich nicht genauso für Deine Familie interessieren sollte wie Du für seine, dann würde ich an Deiner Stelle mal überdenken, ob ihr dieselben Werte und Vorstellungen von der Zukunft habt. Sprich ihn mal drauf an! Wie soll das werden, wenn mal Kinder da sind? Eine Schwiegermutter, die mal auspasst, hilft und unterstützt, fällt nicht vom Himmel. Die hat man nur, wenn man schon lange in das Leben des anderen eingebunden ist. So ein tiefes Vertrauen wird langfristig aufgebaut.

Als Paar muss man in meinen Augen das "Du und ich" in ein "Wir" vewandeln. Klar, jeder bleibt ein Individuum. Man muss keine Symbiose eingehen, jeder kann seine Hobbies und auch Freundeskreise haben. Aber gerade in Punkto Familieneinbindung sollte man übereinstimmen - das ist eine Sache, die langfristig vielleicht zwischen Euch stehen wird. Zumal Du ja anscheinend in SEIN Familienleben eingebunden bist, er aber mit lahmen Vergleichen oder gar keiner guten Erklärung sich einfach seiner Verpflichtung entzieht, Deine Familie kennen zu lernen. Ist es ihm denn egal? Hat er nicht auch den Anspruch Deinen Eltern zu zeigen, was für ein toller Kerl er ist, en "würdiger" Schwiegersohn? All das solltest Du ihn mal fragen. Vielleicht braucht er nur einmal einen "Tritt in den Hintern", eine deutliche Ansage.

Und Dich solltest Du ganz ehrlich fragen, wo Deine Grenzen bei Zugeständnissen sind.

Ich wünsche Euch alles Gute.
Viele Grüsse,
Judith