Anwort von PaulG

Liebe Bea,

dass es nicht in Ordnung war, das Handy zu behalten, weißt du. Es ist gut, dass du deinen Fehler eingesehen hast, und dich bessern willst. Dafür solltest du zunächst auch deiner Familie etwas Zeit geben. Die strenge Bestrafung hat nichts damit zu tun, dass sie dich weniger lieben. Aber ich sage es dir offen: Sie schämen sich schon, und möchten verhindern, dass so etwas nochmal vorkommt. Weil sie es vermutlich nicht von dir gedacht hätten, dass du klaust. Obwohl - was heißt klaust? Dein Vergehen besteht darin, keine ehrliche Finderin gewesen zu sein. Das war nicht richtig, das ist dir bewusst, und dem Prinzip nach ist es wie klauen. Allerdings braucht man dafür weniger "kriminelle Energie" (wie man so sagt), als für einen handfesten Diebstahl. Es ist vorbei, du kannst es nicht ungeschehen machen; ich verstehe dich.

Dass du gerade nicht raus darfst, und keine Geschenke bekommst, wirst du nicht ändern können. Dir steht eine Durststrecke bevor, auf der es dein Ziel sein sollte, die Strafe hinzunehmen, und dich um die Schule zu bemühen. Wenn du jetzt auf einer anderen Schule bist, sowieso. Vielleicht seid ihr aber noch auf der Suche? Dann werden Gespräche anstehen, bei denen du deutlich sagen solltest, was du uns hier geschrieben hast: Dass es dir leid tut, und dass es nie wieder vorkommen wird. Leider ist es so, dass du in den sauren Apfel beißen musst. Im Moment ist es nicht an dir, zu verhandeln und auf dein Recht zu pochen. Du musst dich fügen und anstrengen, wo es nur geht: In der Schule, im Haushalt, wann immer jemand deine Hilfe braucht. Bestehe nicht auf Lob oder Belohnung, tu einfach, was getan werden muss. Es kann eine Weile dauern, bis du die Anerkennung erfährst, die du dir wünschst - aber irgendwann wird es soweit sein. Was dir niemand ersparen kann, ist ein trister 16. Geburtstag. Doch sei ehrlich, du spürst dadurch umso mehr, dass du nie mehr stehlen wirst. Klinge ich spießig? Vielleicht! Aber was ist dein Ziel? Dass niemand mehr denkt, du hättest nichts aus der Sache gelernt. Dass du normalen Umgang zuhause hast, und deine Bestrafung irgendwann aufgehoben wird. Das alles ist keine Steigerung zu dem, was du schon hattest. Du willst wieder dahin kommen, wo du vor deinem Fehler warst. Da hilft alles nichts - nimm es hin, bemühe dich, nützlich und ehrlich zu sein. Sage, dass es dir leid tut, aber erwarte nicht gleich, dass man dir dein Los erleichtert. Auch das wird kommen, nur eben nicht gleich. Es steht dir zu, dass man dir verzeiht, und alles wird wie zuvor. Aber das dauert eben, und diese Zeit musst du durchstehen. Ich bin überzeugt, dass du es schaffst.

Ich wünsche dir, dass es leichter für dich wird, als du dir jetzt vorstellst. Und dass es dir gelingt, ihr Vertrauen wieder zu erwerben. Du kannst das schaffen - leider kostet es dich viel. Aber was ist besser: Wenn alle so tun, als wäre nichts, aber dir insgeheim nicht über den Weg trauen? Oder wenn alles wieder in Ordnung kommt, weil zu sehen ist, dass du es ernst meinst? Ich möchte sagen: Es könnte noch schöner werden als vor dieser Sache. Denn jeder macht Fehler. Und dieser ist die Gelegenheit, verborgene Kräfte und Fähigkeiten wach zu rufen, die auch deine Familie noch nicht kannte. Ich wünsche dir viel Glück und Stärke, es zu meistern. Dann wird auch alles wieder gut.

Liebe Grüße,

Paul