Anwort von Janine Wochnik

Liebe Katrin,

wenn Menschen aus unserem Leben verschwinden, tut das sehr weh.
Vor allem, wenn man in ihnen ein Vorbild, eine Freundin gefunden hat.
Ich könnte mir vorstellen, dass es ihr vielleicht ein wenig zu viel geworden ist.
Oder könnte es sein, dass du mehr daraus gesehen hast, als sie es getan hat und gesagt hat?

Es wäre gut zu wissen, wie ihr euch kennen gelernt habt.
In welcher Beziehung ihr zueinander gestanden habt.
Dann wäre es einfacher etwas dazu zu sagen.
So kann ich nur raten.

Fakt ist, sie hat dir eine klare Ansage gemacht. Und ich befürchte, dir wird nichts anderes übrig bleiben, als dich daran zu halten.
Deine Nachricht mit den Suizid Gedanken, haben bei ihr wahrscheinlich den Eindruck einer Erpressung erweckt.
Wenn jemand den Kontakt zu dir abbrechen will und du sagst ihm in diesem Moment, dass du dich umbringen möchtest.
Wirkt das wie eine Drohung. Auch wenn es nicht so gemeint ist und du diese Gedanken bereits seit längerem hast.

Ich würde ihr einen Brief schreiben, den ich ihr zuschicken würde. Weder selber hinbringen, noch persönlich übergeben.
Dann kann sie selber entscheiden ob sie ihn liest und wie sie dann damit umgeht.
Schreib ihr, wie dankbar du für ihre Hilfe warst. Wie sehr sie dir geholfen hat.
Mache ihr keine Vorwürfe, oder schreibe ihr verzweifelte Hilferufe.
Das wird in jedem Fall nach hinten losgehen.
Halte es mehr wie einen Dankesbrief. Mit der kleinen Bitte, sich vielleicht irgendwann noch einmal zu melden.
Was anderes wirst du nicht tun können.

Dennoch brauchst du offensichtlich Unterstützung.
Mit solchen Gedanken sollte man nicht spaßen.
Du solltest sie ernst nehmen und herausfinden, wie du sie wieder los wirst.
Dein Leben scheint bisher wirklich nicht schön gewesen zu sein.
Doch das kann und wird sich ändern. Du hast die Chance dein Leben besser zu machen.
Und du bist noch so jung, du hast noch alles offen.
Beschäftige dich mit dir. Mit dem was du willst.
Sterben wirst du eines Tages, dass steht fest. Doch bis dahin kannst du noch vieles erleben.
Gutes und Schlechtes. Das Leben besteht aus beidem.
Aber gerade deshalb ist es so spannend.
Meine Kindheit war auch nicht die schönste.
Eine lange Weile danach, war mein Leben noch unschöner.
Und dennoch habe ich diesen Gedanken verworfen. Weiter gemacht.
Versucht es besser zu machen.
Besser zu sein. Für mich selbst!
Dadurch habe ich unglaublich viel über mich und das Leben gelernt.
Heute gebe ich es an die Menschen weiter. Weil ich weiß, wie solche Gedanken sich anfühlen.

Gib nicht jetzt auf!
Du magst das Gefühl haben es ginge nicht weiter. Dem ist aber nicht so.
Die Momente, in denen wir glauben, dass alles vorbei ist.
Sind tatsächlich sogar die Entscheidendsten!
Denn das sind die Momente, in denen wir die Chance haben uns komplett neu zu entwickeln.
Zu der Person zu werden, die wir sein wollen.
Das kann man nur, wenn man nichts zu verlieren hat.
Ist man noch besser dran, müsste man etwas aufgeben und einen Neuanfang zu bekommen.
Du bist gerade in einem dieser wertvollen Momente.
Ich weiß, dass es extrem schwer ist das so zu sehen.
Aber ich verspreche dir. Eines Tages wirst du es verstehen.
Nutze diese goldene Zeit. Im Leben hat man nicht viele davon.

Stehe auf. Kämpfe. Für dich. Für dein Leben!
Auch wenn du es gerade nicht willst. Zeig ihm, wer der Boss ist.
Such dir Menschen, die in dein Leben passen.
Denen du etwas geben kannst und von denen du auch etwas nehmen kannst.
In einem ausgeglichenen Verhältnis.
Es gibt immer Menschen, die einem helfen. Wenn man offen, ehrlich und direkt ist.
Die Hilfe ist zwar nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. Doch das heißt nicht, dass es keine Hilfe ist.

Außerdem würde ich dir empfehlen, dass du dir einen Therapeuten suchst.
Zu einer Beratungsstelle gehst oder ähnliches.
Dort kannst du vieles aufarbeiten.
Vor allem die Vergangenheit mit deiner Mutter.
Du sagst du kannst ihr nicht verzeihen. Erst einmal ist das okay.
Auf Dauer solltest du das überdenken. Du schadest nämlich dir selbst damit und niemandem sonst!
Deine Mutter bekommt es nicht mit, ob du einen Groll auf sie hast.
Ob du dir den Kopf zermaterst.
Du hingegen schon.
Verzeihe ihr. Nicht für sie. Entschuldige es auch nicht.
Aber verzeihe ihr, für dich selbst, damit du in Ruhe und Frieden weiterleben kannst.
Ohne Hass. Ohne Verzweiflung.
Das muss nicht sofort sein, doch je eher, desto besser für dich.

Und zu guter Letzt.
Menschen verschwinden aus unserem Leben. Vorwiegend jedoch dann, wenn es nicht die richtigen Menschen für uns waren.
Wenn wir nicht zusammen passten, aus welchen Gründen auch immer.
Zwar erkennen wir das oftmals erst später. Ich behaupte aber, es ist in mindestens 98% der Fälle so!
Und mit diesem Wissen, kann man ganz anders mit einem Verlust umgehen. Denn im Grunde ist es kein wirklicher Verlust!

Ich drücke dir ganz fest die Daumen und wünsche dir alles Gute.
Melde dich gerne wieder.
DU schaffst das!
Liebe Grüße,
Janine