Problem von Anonym - 19 Jahre

Leistung

Ich mache zur Zeit eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte. Bin im ersten Ausbildungsjahr. Es macht mir so eig recht viel Spaß bloß wäre die Schule nicht. Meine Noten waren die so schlecht wie jetzt ich schreibe zur Zeit nur fünfen. Es liegt nicht daran das ich nicht lerne oder es nicht verstehe. Es liegt daher weil ich mir selbst druck mache,weil ich aus so einem Elternhaus komme wo Leistung ziemlich hoch geschrieben wird. Natürlich möchte ich keinen enttäuschen. Werder dem Betrieb noch meine Eltern. Ich weiß das ich die Ausbildung nur für mich mache aber wenn ich von klein auf so erzogen bin das ich immer das Gefühl bekomme das ich nur durch gute Noten liebe und Anerkennung bekomme. Auch wenn ich weiß das es nicht so ist ist es seit ich klein bin so Im unterbewusstsein bei mir verankert. Die andere Sache ist da ich sehr langsam schreibe komme ich auch nicht mit der Zeit hin und so schaffe ich nicht alle Aufgaben in der vorgegebenen Zeit. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll ich werde immer demotiviert weil ich mir sage wieso soll ich noch lernen wenn ich es eh nicht schaffen werden

Ich hoffe sehr sie können mir helfen

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Blöderweise bekommst du erst jetzt eine Antwort. Dafür eine Entschuldigung!
Vielleicht hat dir das Schreiben über deine Situation auch bereits geholfen, deine Gedanken und Gefühle zu sortieren. Hier auch mein Tipp: Falls dir Schreiben liegt, wäre ein Tagebuch eine feine Sache. Es kann dich nicht nur beim emotionalen Druckablassen begleiten, sondern dir auch eine Stütze bei der Dokumentation deiner Fortschritte sein. Hier wäre es ja auch egal, wie schnell du schreibst. Du allein bestimmst das Tempo. Vielleicht wäre das schon eine wohltuende Erfahrung für dich.

Zunächst einmal finde ich es bemerkenswert, wie reflektiert du deine persönlichen "Verstrickungen" mit deinen Eltern betrachten kannst. Das ist eine sehr gute Basis, um daran zu arbeiten, dich schrittweise zu lösen. Ich habe den Verdacht, du brauchst keine großartige theoretische Vorarbeit, sondern jemanden vor Ort, der:die mit dir die Emanzipation von deinem Elternhaus trainieren kann. Denkbar wäre beispielsweise eine psychologische Beratung/Coaching. Es gibt Coaches, die sich auf familiäre Themen spezialisiert haben. Eine andere Möglichkeit wären Seminare und Workshops, wobei diese wahrscheinlich "zu wenig" wären. Ich denke, eine langfristige Unterstützung würde dir mehr helfen, vor allem weil so viele alte Glaubenssätze, Verhaltensmuster und Rollen angeschaut und ggf. aufgelöst oder umgewandelt werden müssten.

Es beruhigt mich, dass dir deine Ausbildung an sich gefällt. Schlimmer wäre es, wenn du mit ihr schon hadern würdest. Das mal als Grund zur Freude :)

Davon abgesehen ein paar praktische Tipps:

- Zum langsam Schreiben - ich würde das mit den Lehrkräften besprechen. Du hast da eben eine Eigenheit, die berücksichtigt werden sollte. Sicherlich wissen sie, dass du an sich mit Freude und Engagement dabei bist. Das kannst du gern betonen und um ihre Nachsicht bitten. Eventuell könnten sie dir sogar etwas entgegen kommen. Dies gilt auch für den Bereich Leistungsdruck: Wenn du ein gutes Verhältnis zu (einzelnen) Lehrer:innen hast, kannst du auch das unter vier Augen thematisieren.

- Wegen deiner Eltern: Ich kann anhand deiner Darlegung nicht richtig einschätzen, ob du bereits Versuche unternommen hast, dich deutlich von ihren Erwartungen abzugrenzen. Daher möchte ich dich ganz allgemein ermuntern, eine Art "Tunnelblick" zu entwickeln, eine richtige bildliche Vorstellung, der deine Eltern bewusst ausblendet. Du fokussierst dich auf dich selbst, auf alles, was zu dir zählt. Dies kannst du sehr ausführlich tun. Alles, was dich ausmacht, ist wichtig und wertvoll. Und dann kommen z.B. deine Ziele, zu denen auch das Abschließen deiner Berufsausbildung gehören. Diese kannst du dir konkret ausmalen und dich daran erfreuen. Darauf arbeitest du hin! Im Rahmen deiner Kräfte und Möglichkeiten gibst du dein Bestes, dies kannst du dir laut vorsagen.

- Bleibe so oft es geht bei dir, sprich für dich. Also nicht: "Meine Eltern wollen...", sondern: "Ich will,..." oder
"Ich weiß, dass ich X schaffe.", "Ich glaube an meine Fähigkeiten.", "Ich bin stark wie ein Fels und ruhe im Sturm." Hier wieder: Fühle die Worte, sprich sie mehrmals täglich aus!

- Sorge für viel, viel, viiiieeeeel Entspannung! So oft es geht! Tu das, was dir am besten hilft, abzuschalten möglichst oft. Gerne auch mehrmals am Tag.

- Deine Ziele können dich motivieren und auch schützen. Denn wenn es deine selbstgewählten Ziele sind, die du dir gründlich überlegt hast, sind sie bestimmt realistischer, als wenn sie von außen "verwässert" werden. Hier musst du auf eine strikte Trennung achten - nicht dass du glaubst, etwas zu wollen, obwohl es eigentlich von deinen Eltern kommt!

- Formuliere immer wieder Grenzen, fühle dafür in dich hinein. Was möchte und brauche ich dringend? Was gar nicht? Wer darf was sagen, tun? Was geht mir zu weit? Wo will ich etwas annehmen?
Diese Grenzen kannst du ruhig auch verschriftlichen. Und natürlich besteht die Kunst dann auch im Verteidigen deiner Grenzen!

- Um kurzfristig bessere Leistungen zu erzielen, kannst du auf "handelsübliche" Techniken und Tricks zurückgreifen. Schau beispielsweise hier nach: https://mein-kummerkasten.de/150739/Schlechte-Noten.html

Wie schon oben geschrieben: Am besten suchst du dir professionellen Beistand. Denn so einfach und schnell geht das alles nicht, was ich formuliert habe, besonders dann nicht, wenn sehr viel Einfluss von den Eltern kommt. Du kannst es aber in kleinen Schritten schaffen, dich auf gesunde Weise abzunabeln. Das muss keine gravierenden Konflikte nach sich ziehen, wenn es behutsam, nachhaltig und mit Beistand über einen längeren Zeitraum vollzogen wird.

Ich wünsche dir viel Mut, die weiteren Schritte zu gehen und drücke dir die Daumen für deine weiteren Ziele und deren Erreichung.

Alles Liebe,
Nuala