Anwort von Nuala

Lieber Heinz,

wie schön, dass du den virtuellen Weg zu uns gefunden hast.
Das, was du beschreibst, klingt leider recht verfahren, doch ich hoffe, dir den ein - oder anderen Gedankenanstoß liefern zu können.

Ich verstehe, wie aufgewühlt du bist. Allein schon diese haltlosen Anschuldigungen gehen bis ins Mark und kränken sehr. Ich für meinen Teil wäre sicherlich auch sehr verletzt gewesen, wenn mein eigener Sohn mich in solch einem privaten Moment aus solch fragwürdigen Zwecken aufgenommen hätte - vielleicht kannst du dies unter vier Augen mit ihm klären, sofern das für dich eine Rolle spielt.

Zunächst können wir festhalten: Deine Frau hat eine deutliche Aussage gemacht. Also könntest du dies theoretisch beherzigen und dich mit den zwei von ihr genannten Optionen arrangieren und eine davon wählen - oder die dritte Option nehmen und gehen.
Wäre da nicht deine Liebe und die große Frage nach dem Warum?!

Anhand deiner Darstellung (die natürlich jetzt einseitig ist, weil sich deine Frau nicht dazu äußern kann) ist bei mir der Eindruck entstanden, dass du dich immer wieder um sie bemüht hast und ihr signalisierst: Ich WILL es versuchen! Ich kämpfe! Gib mir eine Chance! - Nur scheint das bei ihr absolut ins Leere zu laufen. Da ist es durchaus denkbar, dass sie schon seit Langem mit eurer Ehe abgeschlossen hat und jetzt (unbewusst) Streit provoziert, um die Trennung einzuläuten. Das ist sehr hypothetisch, doch möglicherweise ist sie selbst zu feige, sich von dir scheiden zu lassen. Es ist ja bequem, sich nicht zu rühren und mit dem Finger auf die vermeintlichen Unzulänglichkeiten des Gegenübers zu zeigen (verstehe mich nicht falsch, ich will deine Frau nicht schlechtmachen oder beleidigen, aber Menschen zeigen leider unter Stress, Angst, Unzufriedenheit etc. mitunter haarsträubende Verhaltensweisen).

Meine Idee für dich sieht folgendermaßen aus: Räume vorerst das Feld und unternimm zunächst keine weiteren Versuche, auf sie zuzugehen. Am besten ziehst du erstmal aus. Die Vorteile wären, dass ihr beide zur Ruhe kommen und euch sortieren könntet. Außerdem könnte deine Frau spüren, wie es sich ohne dich anfühlt. Was sie überhaupt fühlt! Was alles in ihr vorgeht!
Allerdings solltest du die Zeit dann konkret für dich nutzen, um etwaige Vorbereitungen für eine Zukunft als Alleinstehender zu treffen. Denn, so ehrlich muss ich sein, es sieht nicht rosig aus. Sehr wahrscheinlich ist der Zug abgefahren. Doch es besteht natürlich immer ein Funken Hoffnung. Doch auf diesen solltest du weder spekulieren, noch dich selbst in deinen Bedürfnissen zurücknehmen. Du willst anständig behandelt werden, Gehör finden, Begegnungen auf Augenhöhe haben. Wenn das alles nicht möglich ist, dann ist es sehr viel klüger, neue Pfade zu beschreiten.

Für den Fall, dass sich deine Frau dann nach einer Weile besinnen und wieder etwas auf dich zugehen würde, solltet ihr dies auf neutralem Boden tun -sofern du sie dann überhaupt noch sehen willst!
Lieber gemeinsam spazieren gehen oder in ein Cafe´ gehen, als sich zuhause treffen, wo die alten Muster und Erinnerungen durchkommen.
Dann könntet ihr euch vorsichtig darüber austauschen, was Sache ist. Eine Falle könnte z.B. sein, dass sie dich zurückhaben will, um nicht alleine zu sein und/oder das Sichere, Vertraute nicht zu verlieren. Hier solltest du deinen Wert betonen und dir nicht zu schade sein, sie abzuweisen! Schließlich gehört zu einer Beziehung, wie du sie dir wünschst, ja mehr als nur räumliche Nähe und etwas Gemeinsamkeit.
Sollte sie ernsthaft versichern, dass sie noch Liebesgefühle für dich hat und eure Ehe retten möchte, solltet ihr euch Profi-Unterstützung in Form einer Paartherapie oder eines Coachings suchen. Auch eine Familienberatungsstelle könnte hilfreich sein. Denn da scheinen schon sehr tiefgreifende Ursachen zu schlummern, an die ihr alleine vermutlich nur unzureichend herankommt.

Eine Ehe geht ja nicht von heute auf morgen "den Bach runter". Falls ihr euch nocheinmal zusammenraufen könnt, müsstet ihr wirklich ans Eingemachte gehen. Nicht nur unbedingte Ehrlichkeit auf beiden Seiten, sondern auch das Demonstrieren, was zuviel ist und was zu wenig. Gleichzeitig sehe ich auch, dass du viel mit dir hast machen lassen, z.B. den Unterhaltungsverlauf mit deiner Kollegin zum Lesen weitergegeben. Das ist schon sehr grenzüberschreitend, wenn du das Gefühl bekommst, du musst dies zu deiner Entlastung tun! An dieser Stelle kannst du dich auch selbst fragen: Bin ich in meinen Grenzen gefestigt, kann ich guten Gewissens NEIN sagen? Was lasse ich mir bieten und warum?

Eine weitere für spannende Frage: Warum liebst du sie eigentlich? Liebst du sie bedingungslos? Liebst du sie, auch wenn sie dich teilweise wie den letzten Dreck behandelt? Und: Wie sehr liebst du dich selbst?!

Nutze vertraute Menschen, um von deinem Kummer zu erzählen oder zu schreiben. Wenn du beispielsweise zu deiner Kollegin noch ein gutes Verhältnis hast, wäre sie sicherlich eine angenehme Gesprächspartnerin.

Egal ob ihr als Ehepaar bestehen bleibt oder euch scheiden lasst: Ich denke, du hast deine persönlichen Themen, die dich begleiten und möglicherweise hemmen bzw. blockieren. Hier genau hinzuschauen, kann sich sehr lohnen! So könnte dir ein Neuanfang gelingen, in dem plötzliche Dinge gehen, die du dir zuvor nicht zu träumen gewagt hast.

Unabhängig davon, wie es für dich weitergeht: Ich wünsche dir alles Gute!
Nuala