Problem von Natalie - 24 Jahre

Ich bin bei seinen Freunden so schüchtern

Hallo liebes Kummerkastenteam :)

Es ist schon einige Zeit her, dass ich hier geschrieben habe und da ihr mir immer so toll geholfen habt und ich eine Sorge habe, die mich wirklich ziemlich bedrückt, wollte ich euch noch einmal schreiben.

Ich habe seit 3 Monaten meinen ersten Freund und bin wirklich sehr verliebt. Unser Zusammenkommen war sehr aufregend und wir haben auch schon das ganze Kennenlernen der Familie hinter uns und planen schon ein Zusammenziehen. Ich versuche mich so kurz wie möglich zu halten, weswegen ich jetzt nicht näher auf alles eingehen werde.

Das Problem, was eigentlich schon am Anfang für mich bestand ist, dass wir charakterlich sehr unterschiedlich sind. Er ist ein totaler Optimist, Lebemensch, nicht auf den Mund gefallen, impulsiv,... ich bin ein Realist bis hin zu Pessimist, denke viel nach bevor ich rede und bin auch wahnsinnig schüchtern. Mein Freund ist in einem Verein und kennt dadurch und weil er aus einem kleinen Stadtteil stammt sehr viele Menschen und hat auch mehrere Freunde. Seinen besten Freund und dessen Freundin hab ich als Erstes bei einem Essen kennengelernt, was ja auch echt nett war, ich finde beide sympathisch. Seine anderen Freunde habe ich dann so ziemlich alle bei einer Party kennengelernt. Auch am Mittwoch zu seinem "Stammtisch", wo sein bester Freund, dessen Frau und noch ein Paar dabei sind hat er mich mitgenommen. Das war auch ganz nett, nur ist mein Problem, dass ich einfach wahnsinnig schüchtern bin. Wenn ich allein mit jemandem bin, kann ich relativ viel plappern, auch bei meiner Familie geht es, aber sonst bin ich einfach so ruhig, traue mich nicht was zu sagen, verspüre aber immer wieder den Drang etwas sagen zu müssen. Am Mittwoch bei der Runde z.B. haben sie auch Karten gespielt, wo ich aber absolut nicht mitspielen wollte - ich kann mich am Abend einfach nicht mehr auf sowas konzentrieren nach der Arbeit, zumal ich derzeit sowieso so im Stress bin, dass ich auch vermehrt an Konzentrationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit leide. Mein Freund war super verständnisvoll und ich hab einfach bei ihm mitgeschaut, was ich auch sehr fein fand.

Ihm ist es egal, dass ich in Gruppen eher ruhig bin und nur antworte wenn ich was gefragt werde und dann auch eine Gegenfrage stelle. Laut ihm ist das auch seinen Freunden egal und sie finden mich nett. Aber irgendwie habe ich immer wieder das Gefühl, dass ich da nicht so wirklich reinpasse, seine Freunde sind alle aufgeweckt und humorvoll und ich komme mir daneben richtig langweilig vor. Ich höre lieber zu, lache auch wenn jemand etwas lustiges erzählt, aber dadurch dass sie sich ja schon Jahrelang kennen, weiß ich meistens nicht einmal worum es geht bzw. kenne die Personen um die es geht gar nicht.

Ich habe genau eine beste Freundin und wenn wir uns mit ihr und deren Mann treffen, rede ich auch nicht wirklich viel, mit ihr alleine ja, aber auch so wenn wir zu viert was machen, halte ich mich eher zurück, was sich in dem Fall aber einfach anders und voll okay anfühlt, weil ich die Menschen ja kenne. Mal so als Beispiel in meiner Familie, also wenn wir wirklich die ganze Familie sind, rede ich auch nicht viel vor allen, sondern höre eher zu, aber auch da fühlt es sich vollkommen okay an. Das einzige Problem ist da wirklich bei seinen Freunden, wo es sich einfach nicht gut anfühlt, wobei mir vorkommt, dass ich mir da selbst den Druck mache, da es den anderen egal ist, ob ich viel rede oder nicht. Ich weiß aber, dass es wichtig ist, dass ich anfange mich mit seinen Freunden gut zu verstehen bzw. auch mehr rede, da sonst die Partys, auf die er mich ja auch auf meinen Wunsch, weil ich ja so gern bei ihm bin, mitnimmt, eher doof werden, da er ja nicht die ganze Zeit an meiner Seite sein kann.

Ich merke bei meinem Freund auch, dass er zwar wirklich versucht Verständnis aufzubringen, aber es einfach nicht so wirklich versteht, wieso ich nichts sage, weil er meint, ich kenne seine Freunde ja von 2,3 Mal sehen. Er hat ja recht, aber es geht halt einfach iwie doch nicht. Bei seiner Familie ist es auch leichter wie bei seinen Freunden. Mich bedrückt und stresst der Gedanke total, dass ich mich jetzt wirklich mal zusammenreißen sollte und meinen Mund aufmachen, weil es einfach nicht geht.

Seit einiger Zeit mache ich eine Psychotherapie, weil ich einige Baustellen habe und meine Schüchternheit vermehrt auf mein fast nicht vorhandenes Selbstwertgefühl zurückzuführen ist, da mich mein Papa und meine Oma seit meiner Kindheit an immer nur fertig machen, ich gemobbt wurde und auch in der Arbeit nicht wirklich respektiert werde, da ich das gefundene "Opfer" bin, das nie etwas sagt oder sonstiges. Kurzum mir wurde von verschiedenen Seiten eingetrichtert, dass "Ruhigsein" schlecht ist. Die Psychotherapeutin tippt bei mir auch auf eine leichte Sozialphobie. Ich arbeite in einem Sozialberuf, wo ich auch Gruppen habe und da fällt es mir nicht wirklich schwer mit den BewohnerInnen zu reden, aber bei den Besprechungen schon eher. Ich arbeite auch dran, endlich meinen Mund aufzukriegen, aber es geht einfach nicht. Die Psychotherapeutin meinte auch, dass ich mich nicht selbst unter Druck setzen sollte und jetzt Schritt für Schritt an meinem Selbstvertrauen arbeiten sollte und dann kommt eins nach dem anderen, aber ich habe dahingehend null Geduld.

Aber um nun wieder zurückzukommen, mir bereitet das bei seinen Freunden einfach echt Kopfzerbrechen. Wenn ich an Mittwoch denke, wird mir richtig übel, aber nicht weil es nicht total nett ist, sondern weil ich mich selbst so unter Druck setze. An sich fühl ich mich ja nicht unwohl dabei seinen Freunden nur zuzuhören und ich denke mir halt, dass ich in der Zukunft iwann schon mitreden kann, wenn ich mal verstehe von was sie reden. Sie haben halt eine gemeinsame Vergangenheit und kennen viele Leute. Aber trotzdem denke ich mir eben immer, ich muss da jetzt mitreden, ich muss mal was sagen, ihm ist es wichtig, dass seine Freunde mich mögen und das tun sie vielleicht auf Dauer nicht mehr, wenn ich weiterhin eher ruhig bin. Auch bei ihm bin ich mir nicht sicher, ob er mich wenn die Verliebtheitsphase iwann verfliegt überhaupt noch gern wohin mitnimmt, auch wenn er das jetzt noch bestreitet. Ich bin auch total oft am Überlegen, ob ich vor solchen Treffen nicht Alkohol trinken soll oder sowas, damit ich lockerer werde, aber ich mag Alkohol eigentlich überhaupt nicht.

Ach ich weiß eigentlich auch gar nicht, was ich mir für Hilfe erhoffe, ich wollte es einfach einmal aufschreiben und hoffe ihr versteht mein ganzes Verworrenes überhaupt. Ich bin derzeit in so einem Gefühlschaos. Ich bedanke mich auf alle Fälle fürs lesen.

Liebe Grüße
Natalie

Lan Anwort von Lan

Liebe Natalie,

ich danke dir für deine Nachricht. :)

So wie ich es verstanden habe, kämpfst du gerade damit, dass du in Gegenwart der Freundes deines Freundes nicht viel sagst beziehungsweise nur dann, wenn du etwas gefragt wirst. Du fühlst dich unwohl damit, glaubst, etwas sagen zu müssen. Und genau dieser Gedanke und der Druck, den du dir selbst machst, macht dir diesen Druck.

Ich sehe, dass du dich selbst zu sehr in den Fokus rückst und wahrscheinlich auch darüber nachdenkst, was richtig oder falsch ist, wenn man mit den Freunden des Freundes zusammen ist. Du machst dir Sorgen, dass dich seine Freunde nicht mögen, weil du nicht viel sprichst. Dabei schreibst du aber auch, dass es weder den Freunden noch deinem Freund etwas ausmacht. Du siehst also: Du bist diejenige, die sich die meisten Gedanken darüber macht.

Ich kann das alles ein wenig nachempfinden, da ich selbst sehr schüchtern bin und auch eine lange Zeit früher an sozialer Phobie gelitten habe. Mir geht es auch heute in einigen Situationen, vor allem in Gruppen, so wie dir. Alle reden deutlich mehr, ich selbst halte mich mehr im Hintergrund, spreche weniger, höre mehr zu.


Schüchternheit ist nicht schlecht

Ich lese heraus, dass du deine Schüchternheit als schlecht bewertest, was verständlich ist, weil dir in der Vergangenheit immer wieder von anderen klar gemacht wurde, dass wenig reden nicht gut aufgenommen wird.

Ruhig sein ist grundsätzlich aber weder gut noch schlecht. Die Gesellschaft ist es, die uns immer wieder suggeriert, dass Ruhig sein eher nicht so gut ist, viel Reden dafür umso mehr. Extrovertierte Menschen, die laut, selbstbewusst sind, viel reden, werden eher wahrgenommen und bevorzugt, was ich für kritisch erachte. Denn auch Extrovertiertheit muss nicht immer nur positiv sein.

Dabei habe ich für mich herausgefunden, dass weder Lautsein noch Ruhigsein generell besser oder schlechter ist. Beides hat seine Berechtigung. Wenn alle nur reden würden, gäbe es niemanden, der zuhört. Es braucht beides. Leute, die reden und Leute, die zuhören. Und es ist okay, dass es Menschen gibt, die weniger reden, dafür mehr zuhören.

Du scheinst alles auf deine Schüchternheit zu reduzieren, aber du bist nicht deine Schüchternheit. Sie mag ein Teil von dir sein, der akzeptiert werden will, aber es ist nicht alles.


Du bist mehr als nur deine Schüchternheit

Du hast ganz sicher noch viele Seiten an dir, die andere an dir mögen, die dich sympathisch und nett wirken lassen. Frag ruhig mal deine beste Freundin, deinen Freund und deine Familie. Und vielleicht schaust du auch selbst mal, was dich noch so auszeichnet. Lege den Fokus nicht zu sehr auf die Schüchternheit, sondern auch auf andere positive Seiten von dir.

Und wer sagt, dass Schüchternheit generell schlecht ist? Alles hat auch positive Seiten. Vielleicht wirkst du dadurch auch geheimnisvoll und interessant, weil man dich nicht so leicht durchschauen kann? Vielleicht wirkst du auf andere auch so sympathisch, weil du dich nicht so in den Mittelpunkt stellst, sondern eher zuhörst? Deine ruhige Art könnte auch eine entspannende Wirkung auf andere haben, die mehr Vertrauen fassen und sich dir gegenüber mehr öffnen. Reden können viele, aber wirklich aufmerksam und intensiv aktiv zuhören, wenige. Und ich kann mir vorstellen, dass du das gut kannst und dafür auch geschätzt wirst.
Hast du auch mal versucht, deine Schüchternheit aus der positiven Perspektive zu betrachten?


Wir sind gar nicht so wichtig, wie wir denken

Ich könnte mir vorstellen, dass du dich vielleicht beobachtet fühlst und darüber nachdenkst , was die anderen über dich denken. Auch sehr typisch Schüchternheit und sozialer Phobie, ich spreche aus Erfahrung. Und natürlich denkt man sich, dass die anderen einen eher kritisch betrachten und nur Schlechtes von einem denken. Doch weißt du es wirklich? In deinem Kopf stellst du dich selbst vor, wie du auf andere wirkst. Du hast gleichzeitig auch die vermeintliche Perspektive der anderen vor deinem inneren Auge. Aber es ist leider so, dass wir für uns selbst der größte Kritiker sind und uns kleiner machen, als wir sind.

Ich denke, dass die meisten uns gar nicht so sehr beachten wie wir denken und auch gar nicht viel über uns nachdenken. Sie sind meist zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Wir verschwenden nur zu viele Gedanken darüber, was andere von uns denken und blockieren uns selbst damit.


Glaubenssätze hinterfragen

Oder machen uns damit einfach zu viel Stress und Druck, so wie es bei dir auch ist. Du glaubst, dass du etwas sagen MUSST. Aber wer sagt das? Hat das jemand mal zu dir gesagt und dich dazu aufgefordert? Woher willst du das wissen? Seine Freunde scheinen dich sympathisch zu finden, auch wenn du ruhiger bist. Na und? Dann bist du eben ruhig. Das bist du.

Ich merke, dass du dich selbst wahrscheinlich nicht so akzeptieren kannst, weil du vielleicht gewisse Erwartungen erfüllen willst, die andere wohl an dich haben könnten. Du willst dich verbiegen und jemand anderes sein, der du nicht bist, um anderen zu gefallen? Ganz ehrlich: Das muss nicht sein. Und das bist du auch nicht.

Niemand macht dir den Druck, etwas sagen zu müssen, nur du selbst. Deine innere Stimme, dein Kritiker will dir das einreden. Wie fühlt es sich für dich an, etwas sagen oder tun zu müssen? Wahrscheinlich nicht so schön. Weil es nicht deinem Selbst entspricht. Wäre es nicht schöner, wenn du dir sagst: Ich möchte gerne mehr sagen. Höre mal wirklich in dich hinein und beobachte dich selbst. Willst du mehr sagen oder ist es eher ein Zwang etwas sagen zu müssen? Wenn du dich zwingen musst, ist es nicht das Richtige. Dann bist du nicht authentisch.

Hinter diesem Druck machen steckt wahrscheinlich der Glaubenssatz: Ich muss mehr reden, damit die anderen mich nicht komisch finden, damit sie mich mögen und ich ihnen gefalle. Kannst du mit dem Gedanken mitgehen?

Du schreibst, dass du auch in anderen Gruppensituationen ruhiger bist. Das ist total okay. Völlig normal, dass man nicht die Vertrautheit haben kann, wie wenn man nur zu zweit ist. In anderen Gruppenkonstellationen wie mit deiner besten Freundin und ihrem Mann fühlst du dich aber nicht unwohl. Ich tippe darauf, dass du diese Menschen schon besser kennst und dadurch entspannen kannst. Du machst selbst nicht mehr den Druck, weil die beiden es von dir kennen und du dich nicht verrenken musst. Diese Entspanntheit kann nur kommen, wenn du dich so wie du bist akzeptierst und dir nicht mehr diesen Druck machst, dich anders zu verhalten.


Viel Reden ist nicht alles

Außerdem lese ich heraus, dass du dem Reden an sich total viel Bedeutung zumisst. Doch Reden ist nicht alles. Wie schon geschrieben, gibt es noch andere Dinge, wie gutes Zuhören oder gute Fragen stellen, die eine gute Kommunikation ausmachen.
Die Quantität sagt nichts über die Qualität aus. Du magst vielleicht wenig sagen, aber was du sagst, das meinst du das auch und darüber hast du dir Gedanken gemacht. Andere Leute plappern den ganzen Tag und da muss nicht unbedingt etwas Sinnvolles drin stecken. Also noch ein gutes Argument, sich Zeit zu nehmen, lieber wenig zu sagen, dann aber etwas mit Sinn.

Du musst auch nicht unbedingt viel sagen. Vielleicht hörst du einfach nur zu, beobachtest die Freunde beim Reden. Aus dem Zuhören heraus ergeben sich auch einige Fragen, die du stellen könntest. Damit trägst du auch etwas zum Gespräch bei, indem du Impulse gibst und das Gespräch am Laufen hälst. Oder du hörst eben aufmerksam zu. Das ist nicht selbstverständlich, dass sich Menschen auch mal zurücknehmen und den anderen Raum geben und ihnen wirklich zuhören.

Vielleicht gehst du mal in dich und schaust, was dich vom Reden abhält. Welche Ängste stecken dahinter? Das hilft dir auch dich selbst besser zu verstehen.


Nicht zu viele Gedanken machen

Es ist tatsächlich auch eine Kopfsache. Du kannst es vielleicht auch so versuchen, dass du weniger drüber nachdenkst, was die anderen von dir denken. Vielleicht überlegst du auch zu viel darüber nach, was du sagen könntest und vor allem wie. Eine Mutprobe wäre, einfach frei raus deine Gedanken zu etwas zu äußern, ohne es zu filtern. Das kostet auch viel Überwindung. Aber je weniger intensiv du drüber nachdenkst und einfach tust, desto leichter wird es mit der Zeit.

In Gruppen etwas zu sagen, fällt vielen schüchternen Menschen schwer. Ich kenne das auch. Früher habe ich nie etwas gesagt, aus Angst, etwas peinliches oder doofes zu sagen. Inzwischen ist das besser geworden. Ich habe mich immer wieder solchen Gruppensituationen gestellt und einfach nicht zu viel drüber nachgedacht, was ich sagen könnte. Manchmal klappt es gut, manchmal weniger. Auch mal aushalten können, wenn man etwas vielleicht nicht so super Kluges gesagt hat, ist wichtig beim Lernprozess. Und jeder sagt mal etwas, was vielleicht nicht ausgeklügelt ist.

Lenke den Fokus aus deiner Innenwelt nach außen, konzentriere dich darauf, was du wahrnimmst und beobachtest. Weniger Gedanken machen, mehr erleben und tun. Das ist leichter gesagt als getan, aber versuche es mal.


Klein anfangen

Vielleicht wäre es für dich auch besser, erstmal schrittweise seine Freunde einzeln oder in 3er-Gruppen kennenzulernen. Du wirst wahrscheinlich so leichter auftauen können, als wenn es zu viele sind. Je mehr du die einzelnen Freunde kennenlernst, desto leichter wird es später in größeren Gruppen.

Deine Psychotherapeutin hat schon recht, finde ich. Tatsächlich ist ein geringes Selbstwertgefühl ein wichtiger Faktor, der Schüchternheit und Soziale Phobie mitbestimmt. Daran zu arbeiten hilft dir, langsam die Hürden zu überwinden.
Wichtig ist, dass du dir nicht zu viel Druck machst und nicht zu viel auf einmal willst. Kleine Schritte sind angesagt. Fang klein an und steigere dich.

Versuche mal kleine Übungen in den Alltag einzubauen, bei denen du dich überwinden musst. Deine Therapeutin wird dir sicherlich einige Tipps dafür geben können. Mir hat es beispielsweise geholfen, immer mal neue Leute anzusprechen und Small Talk zu führen.

Es ist auch normal, dass du dich erstmal ein bisschen wie eine Außenseiterin fühlst. Immerhin kennen sich die Freunde alle schon sehr lange. Dass da noch ein Gefühl der Fremdheit da ist, ist also total normal. So würde es jedem in deiner Situation gehen. Doch das muss so nicht bleiben. Du kannst dich Stück für Stück mit den Menschen vertraut machen.

Vielleicht würde es dir helfen, wenn die anderen über deine Ängste Bescheid wissen? Das kostet auch viel Mut und Überwindung, aber es ist auch ein Zeichen von Stärke, wenn man sich so offenbart. Und schlussendlich macht es dich auch sympathisch, wenn du eine Schwäche von dir zeigst, aber dazu stehst.


Es braucht Geduld und Zeit, sich zu öffnen

Sei bitte geduldig zu dir und gib dir die Zeit, die du brauchst. Sich zu öffnen ist nicht leicht, so ist das. Es kann und sollte nicht erzwungen werden. Alles zu seiner Zeit. Und mache das bitte auch deinem Freund bewusst, dass es für dich eben nicht leicht ist, wenn du sogar mit einer leicht sozialen Phobie zu kämpfen hast.

Du fürchtest dich, dass dich seine Freunde nicht mehr mögen werden, wenn du weiter ruhig bleibst. Wer sagt das denn? Das wirst du dir denken, aber du weißt es nicht. Und wer sagt, dass es so bleibt, wie es ist? Es könnte ja auch sein, dass du dich mit der Zeit langsam aber sicher öffnest und zeigst, dass du eben nicht nur ruhig bist. Doch was bringt es jetzt, über die Zukunft nachzudenken? Die ist noch nicht da. Was du jetzt beeinflussen kannst, ist die Gegenwart.
Und nein, Alkohol ist keine Lösung. Das ist keine gesunde Art und Weise, sich zu öffnen. Es könnte schlimmstenfalls passieren, dass du es nicht mehr ohne Alkohol hinbekommst oder du die Kontrolle über dich verlierst. Ich rate dir davon dringend ab, zumal du Alkohol nicht mal magst.


Man muss niemandem gefallen

Selbst wenn seine Freunde dich nicht so mögen: Was solls? Klar wäre es schön, wenn es passen würde. Aber wenn nicht, ist es kein Weltuntergang. Du bist ja nicht mit ihnen zusammen, sondern mit deinem Freund. Und du bist auch nicht dafür da, anderen zu gefallen. Ob jemand uns mag, liegt ohnehin nicht in unserer Macht. Da kann man sich noch so verbiegen, es kommt auf die Chemie an. Und nur weil sie dich nicht mögen, sagt das auch nichts darüber aus, was für ein Mensch du bist oder ob du gut bist. Sollten sie dich nicht mögen, ist es auch nicht dein Problem. Und sollten sie dich nicht mögen, weil du zu ruhig bist, dann sind das auch nicht die richtigen Freunde für dich. Denn die richtigen Menschen werden dich akzeptieren, wie du bist und dich dafür wertschätzen. :)


Ich wünsche dir ganz viel Mut und Kraft, dass du dich traust, aber gleichzeitig auch, dass du lernst, dich und deine Schüchternheit zu akzeptieren. Denn so bist du richtig. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden.

Viele Grüße,
Lan