Problem von CBF - 58 Jahre

Mein Bruder

Mein 3 Jahre jüngerer Bruder hat sich gestern umgebracht, er sprang von einer Brücke. Dabei habe ich ihn zwei Tage zuvor noch gesehen und hatte den Eindruck, es geht ihm besser. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, er könnte sich etwas antun. Nun frage ich mich, ob ich sein Aufleben ein Zeichen dafür war und ich es falsch interpretierte, hätte ich es verhindern können, wenn ich achtsamer gewesen wäre. Es tut einfach unglaublich weh und ich musste es meiner Mutter irgendwie beibringen, dass er von jetzt an nicht mehr ist und nie wieder nach Hause kommen wird. Ich bin völlig aufgewühlt und kann nicht schlafen, finde keine Ruhe.

Nuala Anwort von Nuala

Liebe CBF,

mein aufrichtiges Beileid.
Es tut mir so leid, dass du dieses Schicksal erleiden musst. Ich habe Ähnliches mit einem Kumpel meiner Jugendzeit erleben müssen, nur muss es sich bei einem engen Familienmitglied so viel schlimmer anfühlen.

Du hast angedeutet, dass es ihm schlecht ging. Psychische Leiden begünstigen eine Entscheidung zum Suizid.
Ja, ich kenne das auch, dass es den Betreffenden scheinbar besser geht. Möglicherweise haben sie dann schon konkrete Absichten und fühlen sich deswegen erleichtert.
Wir werden nie erfahren, wie es bei deinem Bruder gewesen ist - das ist Teil der Trauer. Wir müssen akzeptieren, dass eine bestimmte Entscheidung getroffen wurde, die wir nicht verstehen können: Gegen das Weiterleben, für den Tod.

Nun ist schon einige Zeit verstrichen, seit sich dein Bruder suizidiert hat.
Hast du dir denn Unterstützung bei der Trauerbewältigung geholt?
Ich kann dir sehr empfehlen, dich eine Zeit lang professionell unterstützen zu lassen, falls es dir nach wie vor sehr schlecht gehen sollte. Hier sind einige nützliche Anlaufstellen als Auswahl:
* https://www.verein-refugium.ch/
* https://www.hilfe-nach-suizid.de/
* https://www.agus-selbsthilfe.de/info-zu-suizid/tod-durch-suizid/angehoerige-nach-suizid/
* Und hier noch als Hintergrundinfo: https://www.nzz.ch/wissen/wissenschaft/warum-nur-ld.794032

Generell hilft es, mit Anderen über die Gefühle und Gedanken zu sprechen bzw. diese in Wort und Bild festzuhalten. Das kann durch künstlerische Aktivitäten geschehen, durch Tagebücheinträge, Gedichteschreiben uvm.
Auch rituelles Trauern kann helfen, z.B. durch Kerzenanzünden, Beten, bestimmte Orte aufsuchen, Grab besonders schmücken, Briefe an deinen Bruder schreiben, etc. Fühle in dich hinein, was sich für dich stimmig anfühlt und was du ggf. umsetzen möchtest.

Und: Bewegung an der frischen Luft, am besten in der Natur, hilft, der Schwermut ein Schnippchen zu schlagen (im Sinne von Abwechslung, auf neue Ideen kommen, Befreiung - anstatt sich daheim zu verkriechen).

Die Trauer kann ein Leben lang bestehen bleiben. Es gibt keine festgelegte "Trauerzeit". Doch es wird immer ein bisschen leichter, die Tatsache zu akzeptieren, dass der geliebte Mensch nun woanders ist. Nimm dir bitte alle Zeit, die du brauchst, um alles zu verarbeiten.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute. Du kannst uns jederzeit wieder schreiben, wenn du das Bedürfnis danach haben solltest.

Sei lieb gegrüßt,
Nuala