Anwort von Nuala

Hallo du!

Es macht mich sehr betroffen, dass du vergewaltigt wurdest. Ich fühle mit dir.

Gewalt an Frauen* und Mädchen* passiert noch immer viel zu oft und die Wunden, die gerissen werden, müssen versorgt werden. Dieses Kümmern um die seelischen (und körperlichen) Wunden ist der einzige Weg, der hilft, sich allmählich vom Geschehenen zu befreien und nicht immer wieder in den Strudel hineingezogen zu werden.
Schweigen hilft nicht. Daher ist es toll, dass du uns geschrieben hast!
Ich wünsche mir sehr für dich, dass du jetzt weiterhin aus diesem Schweigen ausbrichst, auch wenn es dich sehr viel Kraft kostet. Du schreibst ja selbst, wie furchtbar es ist, in genau dem Bett schlafen zu müssen, indem dir die Gewalt angetan wurde.

Am besten schläfst du vorerst woanders (anderer Raum, ggf. gar nicht zuhause...). Allein um das zu bewerkstelligen, ist das Einweihen deiner Angehörigen so entscheidend.

Dieser "Freund" sollte nicht damit davonkommen. Er wird es wahrscheinlich wieder und wieder tun - es ist kein Zufall, dass bestimmte Typen gewalttätig sind. Daher lege ich dir nahe, dich an die Polizei zu wenden und ihn anzuzeigen. Das muss natürlich nicht der erste Schritt sein, kann es aber.
Du musst ihn auch nicht anzeigen - da wäre eine eingehende Beratung mit geschulten Fachpersonen sinnvoll. Hier kommt z.B. der Weiße Ring in Frage, der sich u.a. auf Hilfe für Betroffenen sexualisierter Gewalt spezialisiert hat (siehe Link unten).

Schreibe bitte alles auf, wenn es dir irgendwie möglich ist! Je mehr Details, desto besser. Das kann helfen, eine Festnahme deines Vergewaltigers zu ermöglichen - und dich natürlich seelisch erleichtern. Und: Du kannst etwas Geschriebenes z.B. deinen Eltern zeigen, solange Sprechen zu schwierig für dich ist. Auch einer engen anderen Bezugsperson, z.B. Bruder/Schwester, anderen Verwandten und Freund:innen kannst du das Notierte zeigen.
Sprechen ist aber genauso wichtig. Daher bitte ich dich eindringlich, mit Vertrauenspersonen aus deinem direkten Umfeld zu reden. Du musst ja nicht gleich alles preisgeben, doch überhaupt einmal auszusprechen, was dir passiert ist, ist so entscheidend.

Dazu gehört auch, dass du deinen Mut zusammen nimmst und dich deinen Eltern anvertraust. Ob sie die Ersten sind, die es erfahren, ist meiner Meinung nach gar nicht so entscheidend - aber da du noch nicht volljährig bist und sie Verantwortung für dein Wohlergehen haben, müssen sie es erfahren. Die allermeisten Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht und möchten ihnen beistehen! Bitte lass' das zu. Vielleicht würde es dir helfen, wenn du dich zuallererst psychologisch betreuen lassen würdest. Und danach kann dann in Begleitung ein Gespräch mit deinen Eltern stattfinden - ggf. auch ohne deine Anwesenheit.

Auch eine rasche ärztliche Untersuchung wäre echt wichtig - um eine mögliche Schwangerschaft abzuklären bzw. zu verhindern und um eine Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten möglichst auszuschließen.

Mein Vorschlag: Denke in Ruhe nach, was ich geschrieben habe und entscheide dich dann für eines der Hilfsangebote. Vielleicht gehst du zuerst zu einer Gynäkologin.
Du kannst auch erst einen anonymen Anruf machen und dich da beraten lassen. Und danach kannst du weitere Schritte gehen (z.B. deine Eltern informieren und/oder zur Polizei gehen).

* https://www.hilfetelefon.de/das-hilfetelefon/angebot-im-ueberblick.html (es gibt auch einen Chat!)
* https://www.frauenaerzte-im-netz.de/frauengesundheit/gewalt-gegen-frauen/was-kann-ich-nach-einer-vergewaltigung-tun/
* https://weisser-ring.de/vergewaltigung


Bitte melde dich wieder, wenn du das Bedürfnis danach hast. Im Herzen und im Geiste bin ich bei dir.

Alles Gute und Liebe!
Nuala