Problem von Klaus - 36 Jahre

Die letzte Ehre erweisen...NEIN!!!

Zwischen meinen Vater und mir war schon von meiner frühester Kindheit an eine Antisympathie vorhanden. Ich hatte keine gute Kindheit, denn mein Vater hat mich immer in den Keller genommen, um mir meine Hüften mit einem Bambusstecken blutig zu schlagen. Der Hass zwischen meinem Vater und mir wurde immer grösser. Meine Mutter hatte nichts zu sagen, sie stand nur tatenlos da, und hatte sich niemals eingemischt. Wo ich als Kind zum Arzt musste, weil ich kaum noch laufen konnte vor Schmerzen, deckte meine Mutter wieder ihren Mann indem sie sagte dass ich vom Fahrrad gestürzt bin. Mein Vater war ein verschwiegener Mensch, er rauchte nicht und trank auch keinen Alkohol. Meine Mutter die ich sehr schätze, mache ich heute immer noch den Vorwurf, warum sie sich von diesem bösartigen Menschen früher nicht getrennt hatte. Früher gab es keine Frauenhäuser und meine Mutter hatte einfach eine sehr grosse Existenzangst, weil sie vom Land kam und kein gutes Zeugnis hatte. Sie hat sich also entschieden bei ihrem Mann zu bleiben, nur des Geldes wegen. Meine Mutter ist eine sehr christliche, gutmütige Frau die sehr treu und anhänglich ist aber dafür keine Durchsetzungsvermögen hat. Deshalb hat sie es das ganze Leben mit ihm ausgehalten. Mein Vater ging jede Woche in die Kirche, die ihm wieder ein reines Gewissen schenkte um seine Gräuetaten Woche für Woche auf`s neue Zuhause auszuüben. Nun bin ich 36 Jahre alt, habe eine verwundete Seele durch meine Kindheit bekommen, weil der HASS gegen mein Vater Tag für Tag wuchs und grösser wurde. Das was ich mir von Anfang an als Kind wünschte ist nun Wirklichkeit geworden, denn mein Vater hatte einen Schlaganfall und ist später gestorben. Die meisten Kinder würden Traurigkeit empfinden, doch für mich bedeuted das Freiheit, ein neuer Lebensbeginn vielleicht sogar auch Freude. Jetzt sollte ich zu der Beerdigung meines Vaters gehen, aber mein ganzes Wesen streubt sich dagegen. Es hat einen Moment gegeben, wo ich meine Augen geschlossen habe und über schöne Momente in Zusammenhang mit mir und meinem Vater nachgedacht habe. Aber leider gab es diese Begegnung niemals. Jetzt soll ich meiner Mutter zu Liebe auf die Beerdigung meines Vaters gehen, weil sie sich vor der Verwandschat blamiert, weil alle fragen werden wo denn der Sohn ist. Aber meine innere Stimme will einfach nicht, sie sagt zu mir dass ich dann ein Heuchler, Erbschleicher oder ein Scheinheiliger wäre. Ich will meinem Vater keine letzte Ehre erweisen, weil er sie einfach nicht verdient hat. Schlimm genug das diese bösartige Kreatur unter geweihter Erde begraben wird.
Wie ist Ihre Meinung? Wie soll ich mich verhalten?

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo Klaus,

zum Einen kann ich deine Einstellung gut verstehen. Und ich geb dir Recht, wenn du sagst, dass es Heuchelei wäre, die letzte Ehre zu erweisen.

Trotzdem möchte ich dich noch ein wenig zum Nachdenken anregen. Offenbar bist du dir selbt noch nicht richtig im Klaren darüber, was du tun sollst, sonst hättest du ja hier nicht um Rat gefragt.

Du schreibst, deine Mutter sei eine sehr religiöse Frau. Glaubst du nicht auch, dass sie selbst auch unheimlich viel unter dieser Beziehung gelitten hat? Ich könnte dir jetzt sagen: Geh hin, um deiner Mutter einen Gefallen zu tun.

Aber so leicht will ich es mir nicht machen. Es geht ja hier um dich und deine Beziehung zu deinem Vater. Auch wenn dein Glauben vielleicht unter dieser ganzen Geschichte zerstört worden ist, denke ich, dass auch du ein religiöser Mensch bist. Meinst du, es hat deinem Vater was genützt, wenn er jede Woche in die Kirche gegangen ist? Böses zu tun und anschließend Reue zu heucheln, diese Masche kann man Menschen vielleicht vortäuschen, aber nicht Gott. Die Menschen, speziell die Katholiken, begehen oft den Fehler zu glauben, dass es reicht, wenn man nur jede Woche in die Kirche geht, Buße tut und alles ist vergeben und vergessen. Ich glaube, das ist ein großer Fehler. So einfach ist das nicht. Deshalb solltest du Gott vertrauen, er wird deinem Vater seine gerechte Strafe zukommen lassen. Du kannst das leider nicht, auch wenn du gern möchtest. Deshalb solltest du dich jetzt vielleicht mehr um deine Mutter kümmern, sie hat wohl deine Unterstützung im Moment nötig. Dabei geht es vielleicht weniger darum, Trauer zu überwinden als vielmehr darum, ihr einen neuen Lebenssinn aufzuzeigen.

Ich schlage dir vor, geh zu dieser Beerdigung und stütze einfach deine Mutter. Dein Vater wird seine Strafe bekommen.

Liebe Grüße