Zu strenge Eltern (2)
Liebes Kummerkasten-Team, liebe Phine!
Vielen vielen Dank für eure Antwort. Ich hatte euch mit dem Thema Thema "zu strenge Eltern" geschrieben.
http://mein-kummerkasten.de/84157/Zu-strenge-Eltern.html
Ich würde gerne erzählen wie es weitergegangen ist.
Also: Ich habe Phine's Rat befolgt und habe nach den Ferien mit dem Lehrer über Nachhilfe gesprochen. Der hat mich wieder weggeschickt. Dann war ich bei der Vertrauenslehrerin und habe ihr erzählt was ich für Stress zu Hause habe und dass ich Hilfe brauche. Die war dann so nett und hat mit dem Lehrer gesprochen. Der Lehrer hat der Klasse angeboten eine Chemie-AG gründen. Da wird das Labor aufgeräumt und Apparaturen gespült. Im Gegenzug erklärt er nochmal den Stoff. Das ganze funktioniert auch sehr gut. Jetzt komme ich auch endlich wieder mit und ich habe eine 3 auf dem Zeugnis bekommen.
Mit meinen Eltern lief es leider nicht so gut. Ich habe ihnen gesagt dass mir der Lehrer hilft aber ich hatte trotzdem weiter Hausarrest. Nachdem Reden nicht geholfen hat habe ich es meinen Eltern aufgeschrieben aber ohne Ergebnis. Mein Bruder (27) hat dann versucht zu vermitteln aber der war wohl der ganz Falsche dafür denn sie haben ihm gesagt dass sie verhindern möchten dass ich so werde wie er und dass sie deshalb so durchgreifen. Er hat früher echt viel Ärger gemacht und hat das Abitur geschmissen. Meine Eltern sind beide Ärzte und für die war das wohl schlimm dass er nicht studiert hat. Aber erstens ist er Polizist geworden (was doch nichts schlechtes ist) und zweitens habe ich doch garnicht vor so zu werden wie er war. Da gibt es auch wirklich keine Parallelen.
Am Donnerstag gab es Zeugnisse und am Freitag war Elternsprechtag. Ich dachte mir zwar dass meine Eltern über eine 3 nicht erfreut sein werden, aber wenn der Lehrer meiner Mutter beim Sprechtag sagt, dass sie sich keine Sorgen machen muss, wäre es jetzt endlich vorbei mit dem Hausarrest. War es aber leider nicht.
Als sie mein Zeugnis gesehen haben waren sie aber schon voll sauer. Es war die einzige 3 und ich hatte einen Schnitt von 1,4. Das ist doch wirklich kein Grund zu meckern. Aber meine Eltern blieben dabei dass ich weiterhin Hausarrest habe. Das sind jetzt schon 5 Wochen und ich halte das nicht mehr aus.
Am Samstag Abend war ich dann so sauer weil da die Geburtstagsparty von meiner besten Freundin war. Da habe ich mich rausgeschlichen. Aber nach 2 Stunden tauchte mein Vater auf der Party auf und hat voll rumgebrüllt und mich mitgenommen. Das war peinlich. Und zu Hause gab es echt voll Ärger. Von Internat reden sie zum Glück nicht mehr aber sie haben gesagt dass sie so den Hausarrest schonmal garnicht beenden werden. Also weiterhin Hausarrest, kein Fernsehen und kein Telefon. Mein Vater hat gesagt dass ich etwas erleben kann wenn ich mich nochmal rausschleiche. Was er genau meint weiß ich nicht und möchte es auch lieber nicht erfahren.
Ich fühle mich inzwischen nur noch total schlecht. Mir macht nichts mehr Spaß. Mein Leben besteht nur noch aus Schule und daraus in meinem Zimmer rumzusitzen. Ich gehe auch garnicht mehr gerne in die Schule. So war ich früher garnicht. Meine Eltern kommen erst abends von der Arbeit und ich kann bis dahin eigentlich machen was ich möchte weil sie es nicht kontrollieren können, aber ich traue mich dann nicht so richtig.
Manchmal wenn ich so nachdenke denke ich dann auf einmal dass es doch alles meine Schuld ist und bin dann total deprimiert und niedergeschlagen. Als ich aber am Samstag Abend bei meinen Freundinnen war ging es mir endlich mal wieder gut. Ich bin total verzweifelt. Ich trau mich auch nicht mich nochmal rauszuschleichen. Könnt ihr mir bitte nochmal einen Rat geben? Was soll ich nur machen? Ich möchte mich nicht mehr mit ihnen streiten und sie auch nicht damit erpressen dass ich in der Schule schlechter werde. Ich möchte nur dass sie mir vertrauen und mich nicht weiter "einsperren". Gibt es da nichts was ich machen kann? Das kann doch so nicht weitergehen.
Vielen Dank für eure Antwort.
PS: Ich finde echt toll was ihr macht und es ist schade dass manche darin eine Möglichkeit sehen sich irgend welche Späße zu erlauben. Das nimmt nur anderen die vielleicht wirklich Hilfe brauchen die Möglichkeit auf eine Antwort. Macht bitte weiter so, ihr seid echt klasse!
Anwort von Dana
Grüße Dich, Nicole!
Phine hat im Moment viel um die Ohren und wenig Zeit für den Kummerkasten. Ich gehe mal davon aus, dass es Dir nichts ausmacht, wenn ich antworte.
Ich finde es toll, wie Du die Chemie-Sache geregelt hast. Wirklich. Konsequent durchgezogen, von der ersten Abweisung nicht entmutigt und Ziel erreicht. Super! Schade, dass Deine Eltern das nicht so wahrnehmen, sondern irgendwie als selbstverständlich sehen (jedenfalls habe ich das Gefühl, das es so ist).
Hausarrest? Das sind jetzt schon Wochen, oder? Wären Deine Eltern nicht beide berufstätig, wäre der sicher schon lange aufgehoben, weil Du ihnen zu Hause auf die Nerven gehen würdest (sorry, ist nicht bös gemeint - hoffe Du weißt, wie ich es meine). Niemand möchte wochenlang die Tage mit einem schlechtgelaunten Teenager verbringen (das klingt schon wieder böse, ist aber anders gemeint).
Kannst Du mit Deinen Eltern abends oder an ihren freien Tagen noch in Ruhe reden? Frage doch einmal, was passieren müsste, damit sie den Hausarrest aufheben. "Was muss ich tun, damit ich wieder raus darf?" Lasse es Dir ganz konkret beantworten - dann weißt Du, wo der Weg liegt.
Und erkläre Deinen Eltern einmal, was da mit Dir durch das ewige Alleinsein passiert. Du fühlst Dich mehr und mehr von Deinen Freunden ausgeschlossen, Du wirst immer trauriger, antriebsloser. Dir fehlt der Ausgleich neben Schule/Lernen. Haben Deine Eltern so einen Ausgleich nach der Arbeit (Sport, der Kaffee in Ruhe, Treffen mit Freunden), dann vergleiche es damit. "So wie ihr 'das und das' braucht, brauche auch ich einen Ausgleich, damit ich volle Kraft für die Schule habe.
Wenn Du das in einem Gespräch nicht so recht in Worte fassen kannst oder befürchtest, Deine Eltern könnten Dir gar nicht erst zuhören, dann versuche aus das über einen Brief. Wichtig: Keine Vorwürfe! Kein "Wegen Euch", kein "Ihr seid viel zu streng" - das verhärtet die Fronten nur noch mehr. Je mehr Du es ihnen vorwirfst, desto mehr werden sie auf ihrem Standpunkt beharren. Versuch es hintenrum und erzähle, wie es Dir geht, was Dir fehlt und welche Auswirkungen das auf Dich und Dein Leben hat und besonders darauf, was für Deine Eltern so ungeheuer wichtig ist: die Noten. Kaum jemand arbeitet Tag für Tag mehr als 8 Stunden (für Dich 6 Std. Schule, zwei Hausaufgaben, lernen), weil man sich auch nicht länger konzentrieren kann. Man braucht Pausen, Ausgleich und muss auch mal loslassen, um dann wieder mehr KrRaft zu haben.
Wenn das nicht wirkt, dann spreche doch noch einmal mit Deinem Vertrauenslehrer. Er hat Dir schon einmal geholfen und wird es wieder tun. Vielleicht könnte er Deine Eltern einfach mal anrufen? Ein wochenlanger Hausarrest schlägt einfach über alle Grenzen.
Alles Gute!
Dana