Problem von Alina - 12 Jahre

Freund ist traurig

Hallo,
mein freund ist traurig weil seine erste Freundin gestorben ist. sie war auch 12
wie kann ich ihm helfen? zureden hat nichts genützt!
danke schonmal!

Johannes Anwort von Johannes

Liebe Alina,

danke für dein Vertrauen.
Zuerst einmal möchte ich dir ein großes Lob aussprechen, dass du mit 12 Jahren schon so verantwortungsbewusst bist und deinem Freund gerne helfen möchtest.

Als ich deine Mail gerade gelesen habe, begann ich tatsächlich selber ziemlich traurig zu werden. Dein Freund muss aufgrund des Todes seiner Freundin unter einer enormen Belastung stehen und er ist wahrscheinlich im Moment sehr unglücklich. Mit solch einer Situation ist es niemals leicht umzugehen. Ich finde, dass in Todesfällen für Angehörige die richtigen Worte zu finden oft nicht leicht ist. Schließlich möchte man ja auch nichts falsches sagen. Auch, wenn reden bis jetzt nichts genützt hat, kannst du ihm deine Hilfe anbieten. Ob er sie dann annimmt, ist seine Entscheidung. Vielleicht hilft es ihm, wenn er mit jemandem darüber spricht, dem er vetraut und sich mal alles von der Seele redet. Häufig sagen enge Anghörige von Toten, dass sie alles verloren haben. Ich persönlich kann da allerdings nicht zustimmen. Natürlich ist es so, dass seine erste Freundin nicht mehr auf dieser Welt ist und das tut mir auch unendlich leid. Auf der anderen Seite kann er sich sagen, dass sie in seiner Welt bzw. in seinem Leben immer eine große Rolle spielt und für den Rest seines Lebens einen großen Platz in seinem Herzen einnimmt. Vielleicht liest du das jetzt nicht so gerne, aber er scheint seine Freundin noch sehr zu mögen, da er im Moment sehr traurig ist. Darüber solltest du dir aber nicht zu viele Sorgen machen. Es gibt immer wieder Fälle, in denen der Partner stirbt und man trotzdem für eine neue Beziehung offen ist. Falls ihr "nur" gut befreundet seid, was auch viel wert ist, nehme ich die letzten drei Sätze wieder zurück.

Im ersten Moment klingt es vielleicht ein wenig komisch, aber dein Freund kannst auch jederzeit mit seiner verstorbenen Freundin reden. Er soll ihr sagen, wie sehr sie ihm fehlt und wie traurig er über ihren Tod ist. Wenn er Fragen hat, soll er ihr diese Fragen stellen. Dabei ist es nicht unbedingt das Wichtigste, Antworten zu erhalten, sondern dass er sich mit dem Thema auseinandersetzt und nicht versucht, es zu verdrängen. Ich würde es an seiner Stelle einfach mal ausprobieren. Schließlich hat er nichts zu verlieren. So ein Erlebnis, was man irgendwo auch als Trauma bezeichnen kann, hinterlässt natürlich tiefe seelische Wunden, die sehr schwer verheilen. Er wird allerdings feststellen, dass dieser Schmerz von Zeit zu Zeit immer schwächer und schwächer wird. Vielleicht lässt sich ja dein Freund auf den Gedanken ein, wenn du mit ihm darüber sprichst.

Ich versuche mich gerade in die Lage deines Freundes hineinzuversetzen. Sicherlich wäre ich auch fertig mit den Nerven. Was ich dir damit sagen will: Er hat ein Recht auf Trauer und getröstet zu werden. Ich hoffe, dass seine Familie von dem Problem weiß. Mit seinen Eltern sollte er auch jederzeit reden können. Vielleicht vertraut er auch anderen Familienangehörigen, wie z.B. Oma, Opa, Tante oder Onkel. Das sind alles Menschen, die bestimmt gerne für ihn da sind. Wenn er das Gefühl hat, nicht alleine zu sein und verstanden zu werden, ist ihm schon viel geholfen.

Wenn wirklich gar nichts mehr geht, sollte er sich mal überlegen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Falls er sich dafür entscheidet, sollten ihn seine Eltern auf jeden Fall unterstützen. Hierzu würde ich dir gerne unsere Soforthilfe ans Herz legen:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
Besonders kann ich diesen Artikel empfehlen:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/13/Wie-gehe-ich-mit-dem-Tod-um.html
Sich Unterstützung zu holen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Und ein Mensch, der verzweifelt ist und diese Verzweiflung auch zeigt, kriegt Hilfe.

Ich wünsche deinem Freund vom ganzen Herzen, dass er den wirklich sehr tragischen Tod seiner Freundin bald etwas besser verarbeitet hat. Jeder Mensch hat gewisse Höhen und Tiefen im Leben. Tiefen gehören leider auch zum Leben dazu. Ich bin mir sicher, dass es auch viele sehr schöne Momente in seinem Leben gab und auch noch geben wird. Er ist noch so jung und hat sein ganzes Leben noch vor sich. Er schafft das. Ich glaube an ihn!

Ein seelischer Schmerz ist zwar manchmal schrecklich, aber er zeigt auch dass man lebendig ist. Man weiß auch: Schmerzen werden schwächer. Das ist vielleicht die Hoffnung.

Zum Schluss noch ein paar Worte an dich: Dir wünsche ich die nötige Kraft, deinen Freund zu unterstützen. Ich kann nur wiederholen, wie klasse ich es finde, dass du ihm helfen möchtest. Das ehrt dich wirklich sehr. Nimm aber bitte auch auf dich und deine Grenzen Rücksicht und sieh zu, dass du selbst nicht an dem Problem deines Freundes zugrunde gehst. Vergesse bitte nicht, dass man andere Menschen nicht ändern kann, sondern nur sich selbst. Denke immer daran, dass es nicht dein Problem ist. Lasse es nicht zu deinem Problem werden! Falls du die Situation selber gar nicht mehr ertragen kannst, weil du merkst, dass du ihm nicht helfen kannst oder er sich nicht helfen lassen will, gehe ein Stück auf Distanz. Lasse ihn los, aber nicht fallen.


Alles Liebe,

Johannes