Problem von Elena - 16 Jahre

Ich vermisse meine beste Freundin

Liebes Kummerkastenteam,
Ich bin schon seit einigen Tagen sehr niedergeschlagen uns traurig, weil ich ständig über die Vergangenheit nach denken muss.
Meine beste Freundin und ich kennen uns schon seit wir kleine Kinder sind umd wir waren immer unzertrennlich. Manchmal hatten wir Phasen, in denen verstanden wir uns besser und dann gab es Phasen da eher weniger. Aber trotzdem waren wir immer git befreundet und uns hat etwas verbunden.
Ich habe nicht wirklich viele Freunde, momentan sind es nur zwei, doch ich habe lieber weniger echte Freunde als viele falsche.
Diesen Frühling/Sommer waren meine beste Freundin und ich unzertrennlich. Es war als wäre sie meine Seelenverwandte. Sie dachte gleich, hatte genau die selben Interessen, mochte die gleiche Musik wie ich und wir konnten uns stundenlang über Dinge unterhalten.
Wie gesagt, wir waren schon ewig befreundet aber im Sommer hatte och das Gefühl in ihr meine andere Hälfte gefunden zu haben. Die Ferien verbrachten wir fast jeden Tag zusammen und ich war überglücklich.

Ich weiß nicht wann genau es angefangen hat, es muss mitte Oktober gewesen sein als sie sich plötzlich anfing zu verändern.
Sie distanzierte sich nicht direkt von mir, sondern eher von unseren gemeinsamen Interessen.
Ein Beispiel das sie brachte:
"Es ist peinlich und kindisch so für Stars zu schwärmen"
Das war genau das womit wir unseren Sommer verbracht hatten und uns war egal ob das nun dumm oder peinlich war.
Doch sie fand andere Freunde, die das nicht so sahen und sie hat sich einfach komplett verändert.
Sie geht nun nächtelang durchfeiern und ich sitze alleine da. Und bin extrem traurig wenn ich darüber mach denke wie schön der Sommer mit ihr war. Ich fühle mich richtig Antisozial weil ich die ganze Zeit nur un meinem Bett liege und die meiste Zeit im Internet verbringe.
Ich bin eher zurückhaltend was neue Leute kennenlernen betrifft.
Was kann ich tun dass es mir besser geht und dass ich einfach loslassen kann?
Ich würde mich über eine Antwort sehr, sehr freuen, denn ich habe niemanden zum reden.

Viele Grüße!
Elena

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Elena,

du fühlst dich allein und bist unendlich traurig, weil sich deine beste Freundin von dir abgewandt hat. Du kannst es nicht begreifen: Ihr hattet doch eine so schöne Zeit miteinander! Und doch gibt es vermutlich Erklärungen, die recht typisch sind für eure Lebensphase - und auch für das Menschsein an sich.

Das Eine ist, dass sich dieses Auseinanderentwickeln besonders in der Jugendzeit sehr rasch ergeben kann. Doch auch in späteren Jahren kommt es immer wieder vor. Das ist schmerzlich und sehr schade.
Dennoch hat es seinen Sinn und bringt einen weiter - auch du kannst davon profitieren! Dafür musst du den Blick aber auf DICH richten.

Ich weiß, es ist ein großer Verlust, einen geliebten Menschen nicht mehr im Alltag zu haben, ja sogar dauerhaft Abschied nehmen zu müssen. Es gibt jedoch zum Einen immer die Chance, dass man sich eines Tages unter neuen Voraussetzungen wieder trifft und dann vielleicht etwas Neues entsteht.
Außerdem kann es immer (!) irgendwo noch weitere Menschen geben, mit denen man lachen und weinen, Blödsinn machen und Hobbys teilen kann. Bestimmt nicht immer alles aufeinmal - und eine ganz bestimmte Person können sie auch nicht "ersetzen" oder "kopieren". Das sollen sie auch gar nicht.
Du weißt ja, was du an deiner Freundin hattest und noch immer hast. Das kannst du tief in deinem Herzen bewahren, als Schatz, den dir niemand stehlen kann. Nur darfst du dich von ihm nicht vereinnahmen lassen!

Das klang jetzt schon ziemlich absolut und endgültig. In Wahrheit hast du ja Dinge beschrieben, die recht positiv klingen. Du schreibst, dass sie sich nicht von dir, sondern von deinen Interessen distanziert hat. Das ist ein Unterschied! Gib ihr Zeit. Du hast auch berichtet, dass ihr immer wieder solche Phasen hattet (vielleicht nicht so wie jetzt, aber mit mehr oder weniger Kontakt bestimmt). Also: Es kann gut sein, dass sie ihre Ruhe und den Abstand braucht, um ihre Persönlichkeit zu entfalten. Dafür braucht sie vermutlich bestimmte andere Leute.
Ich denke, du bist nicht abgeschrieben. Zeige ihr, dass du immer für sie da bist - sie wird sich zu gegebener Zeit zu dir gesellen, wenn sie das möchte.
Und - auch wenn du es jetzt bekümmernd findest: Du findest manche Dinge aus eurer Vergangenheit sicherlich auch nicht mehr sooo prickelnd, oder? ;)

Ich glaube, du betrachtest dich zu sehr als "die Zurückgelassene". Und ich glaube auch, dass es daran liegen könnte, dass du zum Einen zu wenig bei dir selbst bist und dich deswegen nicht so recht vom Fleck bewegst. Du bist quasi permanent bei deiner Freundin - zumindest in Gedanken und in deiner Gefühlswelt. Dein Sehnen bezieht sich auf die Vergangenheit. Doch die kannst du nicht zurückholen. Und deine Freundin hat sich (zunächst) woandershin orientiert - was völlig legitim ist. Über die Art und Weise lässt sich freilich streiten. Sie muss natürlich nicht sagen, dass sie alles peinlich und doof findet, was euch vor Kurzem noch viel Spaß bereitet hat. Hier ist deine Güte und Nachsicht mit ihr gefragt! Sie hat einen enormen Entwicklungssprung gemacht, worüber man sich allgemein gesehen freuen kann. Weil du sie so sehr magst, solltest du versuchen, ihr alles Gute zu wünschen und es gut sein zu lassen. Was nicht bedeutet, dass du nicht auch traurig sein darfst. Aber du musst aufhören, dich in der Vergangenheitsblase zu bewegen und deine Freundin in das Zentrum von Allem zu stellen.

Es geht darum, dass du dich selbst jetzt viel mehr liebst, verwöhnst und betrachtest, mit liebenden Augen und fürsorgenden Händen. Du bist für dich selbst die Nächste - das muss auch so sein! Die Liebe, die du dir selbst zuteil werden lässt, unendlich kostbar, denn sie ist die Voraussetzung für jede weitere Liebe.
Niemand Anderes kann dir das geben, was du dir selbst versagst: Nähe, Verständnis, Geborgenheit, Zuwendung. Das musst du dir IMMER zuerst selbst geben! Klar, wir brauchen auch elementar andere Menschen um uns herum und werden durch Beziehungen am Leben gehalten. Aber die Qualität der Beziehungen wird sehr stark dadurch bestimmt, wie du selbst mit dir umgehst. Wenn du dich selbst nicht wichtig genug nimmst, dich eher an jemanden "dranhängen" willst, das Gefühl vermittelst, jemanden dringend zu brauchen, um in dieser Welt zu bestehen - dann werden dich entsprechend unbefriedigende Beziehungen erwarten, in denen du wahrscheinlich nicht ernstgenommen wirst und zu wenig Beachtung findest. Gibst du dir selbst aber die Beachtung, die du als Individuum verdienst, werden das automatisch auch deine Mitmenschen spüren und sich dir zuwenden - zumindest diejenigen, die auch zu dir passen und dir gut tun! Und das ist letztlich ja auch das, was wir wollen!
Sieh dich selbst als das Samenkorn, das voller Nährstoffe steckt. Es kann lange ruhen und ausharren, ist sich selbst genug. Wenn dann Erde, Wasser und Licht dazukommen, wunderbar! Doch das Samenkorn an sich ist schon ein kleines Wunder. Also kannst du wie das Samenkorn auch Durststrecken überdauern, einfach weil du DICH SELBST hast! Ja, das geht! Dafür brauchst du aber die Nährstoffe. Diese musst du dir immer wieder vor Augen führen: Du hast Talente, Neigungen, Interessen, Visionen, Wunschträume.... all das kann dich nähren und stärken, wenn du allein bist. Dafür brauchst du nur dich allein!

Du kannst dich ja selbst einmal ernsthaft fragen, wie das mit deiner besten Freundin gelaufen ist. Ist es wirklich ausgewogen bei euch? Respektiert sie dich? Fühlst du dich durch ihre Anwesenheit "vollständiger" und "besser"?

Was ich dir konkret rate: Feiere mit deiner Freundin das, was euch eben (noch) verbindet! Dann ist sie eben oft mit anderen Leuten unterwegs - na und? Solange ihr euch noch treffen und eine schöne Zeit haben könnt, finde ich das total okay. Der Knackpunkt ist eher, dass du noch andere Sozialkontakte bräuchtest. Denn der Kontrast zwischen euch könnte in dieser Hinsicht nicht größer sein.

Um eine gute Verbindung von dir und der Selbstliebe und neuen Kontakten zu erhalten, kannst du folgendermaßen vorgehen: Gehe viel, viel mehr raus. Auch wenn du das alleine tust - geh raus! In deinem Zimmer wird alles nur schlimmer, enger, trostloser!
Geh in ein Jugendzentrum, zu Sportkursen, in Schul-AGs. Orientiere dich an deinen Interessen. Es gibt viele Dinge, da muss man keine große Klappe haben, z.B. in Sportgruppen. Du darfst auch nicht vergessen, dass es viele andere zurückhaltende Leute gibt - da bist du ja nicht alleine!
Ich kann dir speziell die Pfadfinder empfehlen, denn da geht es sehr sozial zu und alle finden ihren Platz, egal wie sie ticken. Und entgegen aller Vorurteile sind sie nicht dauernd "nur" in der Natur, sondern machen sehr vielfältige Aktionen. Schau mal hier:
https://www.pfadfinden.de/pfadfinden/

Wie wäre es außerdem, wenn du genau über deine Einsamkeit mit deiner Freundin sprichst? Sie kann dich ja irgendwo hinbegleiten, auch wenn sie dann nicht dauerhaft in einem Verein etc. bleiben möchte. Dann hast du wenigstens anfangs etwas Rückendeckung und kannst dich schrittweise von ihr "abnabeln".

Im Kummerkasten findest du übrigens viele ähnliche Zuschriften und Tipps. Ich habe beispielsweise das hier entdeckt: https://mein-kummerkasten.de/220357/Ich-habe-keine-Freunde.html

Wer weiß, vielleicht sitzt du in zehn Jahren mit deiner besten Freundin in einer Kneipe und redet über damals. Und dann kann sie vielleicht zugeben, dass es eigentlich total cool war, mit dir im Sommer 2018 abzuhängen, Musik zu hören und einfach jung zu sein! Dann hat sie den nötigen Abstand, den es im Leben oft braucht, um die Dinge in einem bestimmten Licht zu sehen.

Ich wünsche dir viele interessante menschliche Erfahrungen und einen schönen Start in den Frühling! :)

Alles Liebe,
Nuala