Problem von Anonym - 26 Jahre

Fürchte um meine Zukunft

Hallo,

ich werde nun 26 und hatte noch nie Freundschaften. Diese Tatsache hat mich immer schwer belastet, ich bin häufig traurig und depressiv. Nun möchte ich mal versuchen meine Geschichte so genau und chronologisch richtig wie möglich zu erzählen.

Meine Eltern trennten sich, da muss ich wohl 4 gewesen sein. Fortan lebte ich mit meiner Mutter und meiner rund ein Jahr älteren Schwester alleine. Schon als Kind war ich immer auffällig, der Sonderling, hatte stets mit meinen Altersgenossen Probleme und war durch sie Ziel körperlicher und seelischer Gewalt. Auch schlug mich meine Mutter häufig, sie war wohl einfach überfordert mit mir. Von einem älteren Nachbarjungen wurde ich auch sexuell missbraucht. Wie mich das beeinflusst hat vermag ich nicht zu beurteilen. Vermutlich war ich damals auch noch zu jung um die Dimension und die Schwere dieser Tat zu erfassen. Seelische Spuren hat sie aber bestimmt hinterlassen, auch wenn ich mir derer nicht voll bewusst bin.

In meiner Kindheit war ich ständig bei verschiedensten Psychologen, wegen meines Verhaltens und später dann auch wegen des Missbrauchs. Die genauen Gründe für all die Therapien habe ich aber nie erfahren. Mehrmals wurde ich auch beim Ladendiebstahl erwischt, weil ich zu jung war aber ohne rechtliche Folgen.

Aus mehreren Kindergärten wurde ich rausgeworfen. In den Grundschulzeugnissen sind dann Einträge zu lesen wie:
-"Er störte häufig den Unterricht"
-"erwies sich im Umgang mit seinen Mitschülern stark gehemmt und reagierte oft unverständlich."
-"Er fand nur sehr langsam Anschluss an eine Gruppe"

Zum Halbjahr der sechsten Klasse entschieden meine Eltern mich einem Internat anzuvertrauen. Dort setzten sich meine sozialen Probleme fort, obwohl ich zeitweilig sogar so etwas wie Freunde hatte. Irgendwann jedoch gingen auch diese Beziehungen zu Ende, weil ich mich wieder mehr und mehr zurückzog und abweisend wurde.

Die achte Klasse der Realschule wiederholte ich und ging endlich mit einem Schnitt von 3,6 ab. Anschließend bin ich zwar noch auf ein 2 jähriges kaufmännisches Berufskolleg gegangen, konnte die FH-Reife aber nicht schaffen. Auch auf diesen beiden Schulen hatte ich immer eine abseitige Position im sozialen Gefüge der Klasse, und blieb nicht selten aus Furcht vor meinen Mitschülern, dem Unterricht fern.

Nach meinem Abgang von BK und Internat machte ich, nun bei meinem Vater wohnend, den Zivildienst in einem Altenheim. In meiner Zeit als Zivi lernte ich sogar noch jemanden kennen, wie sich herausstellte wohnte er mir direkt gegenüber. Er ist ein wirklich freundlicher und sehr umgänglicher Mensch. Zweimal war ich sogar mit ihm und seinem Vater im Schiurlaub. Aber trotzdem ertrug ich seine Nähe irgendwann immer weniger. Ich wollte kaum mehr mit ihm reden, war enorm launisch und abweisend, zeigte mich gereizt wenn er versuchte sich mit mir zu unterhalten, und dabei lag mir doch sehr an seiner Freundschaft.

Seine Freundschaft war mir teuer, doch seine Gegenwart unerträglich. Das macht keinen Sinn für mich. Er war so geduldig mit mir, hatte sich nie beklagt, wenn ich ihn so grauenhaft behandelte, doch irgendwann distanzierte er sich immer mehr, wir sahen uns immer seltener, bis ich schließlich auch diese Freundschaft durch meine andauernde Sabotage zerstört hatte.

In dem Altersheim arbeitete ich noch rund ein Jahr als Helfer und machte schließlich die Ausbildung zum Altenpfleger. Auch hier war ich nicht Teil der Klassengemeinschaft. Umso glücklicher war ich daher, dass ich jemanden gefunden hatte, mit dem ich mich sehr gut verstand. Ab dem 2. Lehrjahr jedoch wurde mein Kontakt zu ihm immer verhaltener, ich fand vermeintliche Fehler, Eigenheiten und Verhaltensweisen an ihm, die mich störten und sich in meinen Augen immer deutlicher herausstellten. Irgendwann betrachtete ich seine ganze Persönlichkeit nur noch durch diesen nebulösen Schleier aus Unvollkommenheiten. Diese so menschlichen Aspekte erschienen mir nun als Makel, ich vergaß was ich an ihm schätzte und reduzierte sein ganzes Wesen auf all das was mich an ihm störte. Bis jetzt habe ich mich einmal wieder mit ihm getroffen, auf zwei Bier und sein Resümee der letzten Monate nach Ende der Ausbildung. Ich hatte nicht viel zu erzählen.

Da es mir sehr schwer fiel zu akzeptieren, dass ich meine FH-Reife seinerzeit nicht bestanden hatte ging ich nach der Ausbildung erneut aufs BK und bekam dann diesen Juli endlich mein Fachabi mit 2,0. Nun wollte ich gerne Maschinenbau studieren, sehe jedoch, durch meine gestörte Persönlichkeit, die Unfähigkeit Bindungen aufzubauen, zu erhalten und Freunde zu gewinnen, dafür keine Perspektive. Ohne Unterstützung durch Kommilitonen wird es mir unmöglich sein im Studium zu bestehen. Ich brauche einfach Lerngruppen und vor allem Partner für die zahlreichen Projekte. Ein Studium findet größtenteils in Zusammenarbeit mit anderen Studenten statt.

Momentan befinde ich mich in einem 10-tägigen Mathekurs an der FH, zur Vorbereitung auf das Studium. Beginnen wollte ich erst zum Sommersemester 08. Der Mathekurs ist eigentlich für das Wintersemester, dass jetzt am 01.10 beginnt, ich wollte ihn aber schon gemacht haben. Jetzt, nach nur zwei Tagen, merke ich schon wie sich die Leute anfreunden und Gruppen bilden, auch wurden erste Parties und das Wochenende geplant, und ich weiß, ich werde nie Teil einer solchen Gruppe sein können. Nach nur drei Tagen bin ich bereits allein, die Gruppen wurden gebildet, die Leute haben sich gefunden. So kann ich nicht 3 bis 4 Jahre studieren.

Im Oktober bin ich 26, wiege über 160 kg, habe einen Bandscheibenvorfall, daher eine Behinderung die mir nur noch zu gehen erlaubt, mit dem rechten Fuß kann ich mich nicht mehr vom Boden abdrücken. Der Neurologe meint das würde wieder normal werden, nur durch abnehmen, weil somit der Nerv nicht mehr komprimiert würde. Klingt mir doch etwas zu trivial. Der Mathekurs geht jetzt noch bis zum 28. September. Ab 02. Oktober bin ich dann in einer Kur zum Abnehmen, für 3-6 Wochen. Es ist meine 3. nach 1993 und 1996.

Vielleicht finde ich bei euch Rat, ich weiß mir nicht zu helfen. Momentan habe ich echte Angst vor der Zukunft, sehe keine Perspektive. Ich fühle mich wie ein verirrtes Kind in einer Welt von Erwachsenen. Hilflos, allein, und verängstigt.

Gruß

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

So gern ich Dir einen klaren Weg, die Lösung, aufzeigen würde - ich kann es nicht. Ich weiß leider nicht, wie Du lernen kannst, Bindungen zuzulassen und einzugehen. Kannst Du denn die Angst davor genauer benennen? Du möchtest Kontakte, Freundschaften usw. - aber kannst es nicht zulassen. Dieses "Warum" kann ich leider nicht klären und aus der Welt schaffen. Das kannst Du. Denn es ist Deine Blockade und Deine Angst. Du kannst es ggf. zusammen mit fachlicher Hilfe. Hast Du die noch mal gesucht? Damals wusstest Du die Gründe für die Therapien nicht - heute stehst Du selbst da, und kannst das Problem benennen und die Hilfe annehmen. Das wäre wohl mein Weg, wenn ich Du wäre. Aushalten müssen wir die wenigsten Dinge. Du kannst sie anpacken.

Alles Gute!
Dana