Problem von Anonym - 43 Jahre

Lernverweigerung

Hallo liebes Kummerkastenteam,

mein Problem ist die Lernunwilligkeit in Verbindung mit einer unglaublichen Überheblichkeit meines 16 jährigen Sohnes. Grundschulabgangszeugnis Notendurchschnitt 1,8. Montessorie Schule. Vokabeln lernen nicht nötig, Texte lesen reicht, meinte der Englischlehrer. Alex stand 1!! Im Gymnasium angekommen, bauten sich schnell Berge vor ihm auf. Er wußte nicht wie man lernt und wollte es auch nicht. Viele Diskussionen, tägliche Nachhilfe, alles umsonst. Wechsel zur Realschule nach bestandenem Probehalbjahr!!! Er wollte einfach runter. Die ersten drei Monate waren super, großer Gewinn für die Klasse, sagten die Lehrer. Dann der große Umschwung, schlechtes Benehmen in der Schule und totales Abschalten. Hört nicht zu, keine Hefter mehr vorhanden u.s.w. Ich wundere mich, das er überhaupt zur Schule geht!!! Er selbst sagt, Mutti, mach Dir keine Sorgen. Das mit der Lehrstelle klappt schon, man muß sich nur bemühen. Na ja. Ihm immer wieder zu sagen das er keine Chance hat ist wohl falsch. Also halte ich meinen Mund. Seit drei Wochen habe ich aufgehört ihn unter Druck zu setzen und habe dadurch ein ganz gutes Verhältnis zu ihm bekommen. Die drei Jahre davor waren höllisch!! Der gute Kontakt ist mir jetzt auch einfach wichtiger geworden. Letztendlich habe ich aber die Verantwortung für ihn. Muß ich nicht doch etwas unternehmen? Das Zusehen fällt mir schwer. Sein Vater ( Scheidung vor 14 Jahren, guter Kontakt ) hat sich auch Mühe gegeben, aber Alex hat den Kontakt zu ihm abgebrochen. Der Druck vom Vater war sehr groß, hat aber auch nicht geholfen. Drogen und Polizei sind kein Thema. Er geht fast täglich angeln und ist auch im Verein. Dort werden Arbeitsdienste organisiert, er ordnet sich dort komplett ein und ist bei allen beliebt. Nur bei seinen Lehrern nicht. Also soll ich einfach weiter seine Schulunwilligkeit hinnehmen? Ich schätze seinen derzeitigen Notendurchschnitt auf 4,0.
Ich würde mich über eine gangbare Idee freuen!
Christine

Anwort von Kerstin

Hallo

Dein Sohn war ja einige Jahre in einer Montessorie Schule. Wahrscheinlich gab es dafür Gründe warum du diese Schulform gewählt hast. Die Frage ist, waren es deine Vorbehalte gegen die Regelschule oder gab es bereits Bedenken ihn aus bestimmten Gründen in diese Schule zu geben. Leider weiss ich das jetzt nicht.
Dir ist ja klar, dass der enorme Lerndruck, der auf der Regelschule herrscht nicht mit der Montessorie-Form konform geht. In dieser Schule ist der Lerndruck sehr niedrig, was für Kinder und auch Eltern sehr entspannend ist und das lernen richtig Spass machen kann. Auf der Regelschule wird schon von Anfang an der Lernstoff mit *härteren Bandagen* an die Kinder herangetragen. Besonders die 4. Klasse ist ein hartes *Auswahlverfahren*, denn dann entscheidet sich ob der Grundschüler in eine höhere Schulform gehen kann oder die Hauptschule besucht.
Nun hat dein Sohn die mildere Schulform kennengelernt und sein Lernverhalten steht. Es hat ja auch bis dato gut funktioniert, bis er auf das Gymnasium wechselte. Da kam dann zum ersten Mal der enorme Lerndruck hinzu. Vermutlich fühlte er sich stark unter Druck und unter Druck zu arbeiten ist schon für Geübte nicht einfach.
Du schreibst ja auch dass er mit deinem geschiedenen Mann Probleme hat, wenn der in welcher Form auch immer *Druck* auf ihn ausübt.
Nun ist dir das gute Verhältnis zum Sohn sehr wichtig und du willst das auch erhalten, deshalb bist du diesbezüglich in den Rückzug getreten. Aber nun plagt dich doch das schlechte Gewissen nicht genug zu tun.
Es ist nicht einfach, aber es müsste doch den *goldenen Mittelweg* geben? Wegen seiner *unorganisierten Art* im Bezug auf Schulmaterial könntest du mit ihm täglich das *Organisieren* üben. Das kann man lernen ebenso wie man es auch trainieren kann, das Lernen zu *lernen*!
Ich denke nicht, dass dein Sohn überheblich ist, sondern ein intelligenter Junge, der leider seine Begabung nicht richtig einsetzen kann, weil ihm das Handwerkszeug dazu fehlt. Hilf ihm, indem du ihm eine Tagesstruktur gibst. (Du schreibst ja selbst, dass er sich beim Angelverein in einer festen Struktur sehr wohl fühlt)
Ich wünsch dir alles Gute