Problem von Andreas - 31 Jahre

Probleme mit mir selbst und dem Leben?

Hallo,
ich würd gerne mal die Meinung eines aussenstehenden zu meiner Lebenssituation hören:

Zu mir, ich bin dieses Jahr 32 geworden, im Januar kam mein Sohn zur Welt. Meine Frau kenne ich seit 2003 wo wir auch zusammengezogen sind, 2005 haben wir geheiratet und auch parallel ein Haus gebaut. Ich bin seit 5 Jahren in meinem Traumjob tätig der bis auf den Fahrtweg auch dem entspricht was ich schon immer machen wollte. Finanziell stehen wir sag ich mal im gehobenen Mittelstand.

Hört sich perfekt an? Vielleicht für andere, aber ich bin absolut nicht glücklich momentan, d.h. im Grunde seitdem mein Sohn geboren wurde. Jeden Tag habe ich Bauchschmerzen, jeden abend versuche ich mich in den Schlaf zu träumen mit der Illusion, am nächsten Tag nochmal 10 Jahre früher aufzuwachen (Das klingt echt mal beknackt, aber das hilft mir). Morgens nach dem aufstehen, wenn ich in die Dusche taumel, seufze ich meistens nur mit den Gedanken "Und wieder nen Tag dem man rumkriegen muss..."

Warum das so ist weiss ich auch nicht, ich denke mal ich sehne mich nach der Zeit von früher bevor ich meine Frau kennengelernt habe. Ich denke mal ich hab alles in den letzten Jahren übereilt, sei es Heiraten, Haus bauen und Kind bekommen, und jetzt habe ich permanent diese Zweifel das das alles nicht so ist wie ich es mir vorgestelle.

Früher, wo ich noch single war, bin ich mit meinen Kumpels quasi jedes Wochenende, Freitags und Samstags, Party machen gegangen. Ich konnte schlafen so lange ich wollte, musste mich nicht um einen blöden Garten, Baby und sonst was kümmern. Jetzt, 10 Jahre später, sollte man ja eigentlich andere Gedanken haben, aber das ist bei mir nicht der Fall. Wenn ich jetzt alle 3-4 Wochen mal raus "darf", bin ich am nächsten Tag so dermassen schlecht drauf, weil ich anhand von einem Kumpel sehe wie geil das Leben doch sein muss wenn man single ist.
Schlecht drauf bin ich auch an den Wochenenden, wo ich zuhause abhängen "muss" und genau weiss das meine Kumpels Party machen gehen. An solchen Abenden mach ich mir dann meistens 4-5 Drinks damit ich ein bischen beduselt bin und geh dann irgendwann ins Bett.

und weil ich dann so schlecht drauf bin, bekomm ich mich natürlich auch regelmässig mit meiner Frau in die Haare, meistens wirklich nur am Wochenende, aber meistens jede Woche. Und mit jedem mal füllt sich das Faß weiter und jedesmal geht man ein stück weiter auseinander, und mit jedem mal kommen andere Wortlaute hinzu: ("Ich weiss nicht ob ich mit dir noch lange aushalten kann...").
Mittlerweile kommt mir das alles wie eine WG vor - Ich hatte ungelogen seit 2 Jahren keinen Sex mehr, mit 1 Ausnahme aus der dann mein Sohn wurde.
Und wenn ich dann Leute sehe, die jedes Wochenende auf Party gehen, sich betrinken und dann am besten noch schönen Sex haben, werd ich krank vor neid.

Um mal zu einem Ende zu kommen....Bin ich jetzt unnormal? Soll ich jetzt, sagen wir mal, 50 Jahre so weitermachen? Mal angenommen, ich schmeisse jetzt alles hin und in 5-6 Jahren haben alle die ich kenne auch Familie, würde ich mich wahrscheinlich dann auch wieder nach sowas sehnen..

Aber so wie das alles momtan läuft... Sollte ich vielleicht mal zum Psychater gehen und/oder mit meiner Frau zur Eheberatung? Wir sind doch beide erst um die 30, das kanns doch jetzt nich schon so gewesen sein.

Danke schonmal im vorraus!
Andy

Anwort von Sabine

Hallo Andreas!

Nein, Du bist nicht unnormal. Was Du empfindest, empfinden viele Menschen in ähnlicher Situation und sicherlich, wenn sie Deine Mail lesen, dann denken sie "stimmt, geht mir auch oft so". Wie kommen die dann damit klar? Verdrängen die es?

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, aber ich kenne das Gefühl, welches Du beschreibst, super gut. Ich werde dieses Jahr 38 und vermisse meine Singelzeit (lebe jetzt in einer Patchwork-Familie) und meine Jugendzeit sehr. Wenn es mir dann mal wieder gelingt neben meiner Familie (Freund und 2 + 2 Kinder) einen Tag zu finden, wo ich mal wieder tanzen gehen kann und was trinken kann, stelle ich genauso wie Du am selben Abend oder nächsten Tag fest, dass es längst nicht so ist wie früher. Der Tag danach ist bei mir ähnlich bematscht und nicht mit soviel Elan verbunden wie früher.

Andreas, das Leben geht weiter und wir werden älter. Das muss aber nicht schlecht sein. Versuche die positiven Dinge dabei zu erkennen und nicht nur immer zurück zu schauen. Denke auch immer daran "jetzt sind die anderen mal dran". Das Leben verändert sich. Ein Mensch verändert sich ca. alle 7 Jahre und stets kommen neue Abschnitte in einem Leben. Trotzdem kann man das Leben genießen. Man kann genauso viel Spaß haben wie früher. Man kann immer noch tanzen gehen. Man kann immer noch feiern gehen. Nebenbei hast Du dazu gewonnen, eine Frau, die Ehe und Dein Kind. Du bist auf und nicht abgestiegen.

Was mirgeholfen hat? Ich habe mit meinem Partner darüber gesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass ich meine alten Freunde vermisse, die Unternehmungen, das Tanzen und so viele Dinge aus der Vergangenheit. Diese Gespräche haben mir gut getan. Er hat mir daraus keinen Vorwurf gemacht, sondern er hat gemeinsam mit mir einen Weg gefunden, dass ich das Glas wieder halbvoll erkenne und nicht immer nur halbleer.

Ja, morgens aufzustehen und zu denken "wieder einen Tag rumzubringen" ist nicht die richtige Einstellung. Das solltest Du Dir abgewöhnen. Zwinge Dich ruhig dazu. Mache morgens die Augen auf und überlege Dir, was der Tag bringen kann oder ihr machen könnt. Überlege Dir, was Du mit Deiner Frau am Abend unternehmen kannst, einen Film sehen könnt oder vielleicht gemeinsam ausgehen könnt. Plane mit dem ersten Augenschlag und schlage nicht den TAg mit dem ersten Augschlag nieder. Freue Dich auf die Dusche und auf Deine Kollegen. Fange wieder an Deine Frau am Morgen zu küssen und sie zu begrüßen. Frage Deine Frau, wenn Deine Stimmung so auf kommt, was man unternehmen könnte, dass Du Dich anders fühlst. Zwinge Dich selber etwas zu unternehmen. Mit Deinem Kind etwas zu unternehmen, solltest Du so einrichtien, dass es Dir auch Spaß macht. Geh dort hin, wo es Dir auch gefällt. Wenn Du stets Dinge gegen Deinen Willen machst, dann schlägt es Dich nieder. Kettenreaktion.... der Sex und die Geühle bleiben aus. Das Herz wird gedrückt oder gar unterdrückt. Die Luft zum atmen wird immer dünner. Tu Dir das selber nicht an. Ich denke nicht - bin jedoch auch kein Fachmann - dass Du einen Arzt brauchst. Ich denke vielmehr, dass Du Dich selber mal zwingen musst die schönen Dinge wieder zu erkennen. Sage, was Du machen möchtest und sprich mit Deiner Frau darüber. Gönnt euch mal einen Babysitter.

Tja, der Alkohol wirkt auch nicht mehr wie früher und ehrlich gesagt, geht es mir da wie Dir. Ich trinke so gut wie gar nicht mehr, denn je älter ich werde, um so schwieriger wird es für mich diesen wieder abzubauen. Früher bin ich jeden zweiten Tag zum Sport gegangen und habe sogar eine eigene kleine Tanzgruppe geleitet. Ich denke aber positiv daran zurück, denn es war eine schöne Zeit. Es mir damals Spaß gemacht und ich habe etwas erreicht. Jetzt, mit fast 38 Jahren stehe ich einem anderen Part meines Lebens. So, wie Du mit 31 Jahren. In ein paar Jahren wird es wieder eine Veränderung geben. Sehe es jedoch als Weiterentwicklung nicht als ein Wettrennen oder "ein halb leeres Glas". Versuch es zumindest. Ich weiß, dass es geht. Du musst auf nichts verzichten, wenn Du wieder anfängst an Dich zu glauben.

Zum Thema Sex: Tja, dies ist eine Kettenreaktion aufgrund Deiner Einstellung und Laune. Sie spürt, dass Du nicht ok bist und so wird es auch mit dem Sex weniger oder geht gar nicht. Das Verlangen schrumpft weiderseits. Sprich auch mal mit ihr darüber, was Du vermisst. Lerne wieder ihr einen Schritt näher zu kommen. Fasse sie wieder an und lass Dich auch wieder anfassen.

LG, Sabine