Problem von Anonym - 20 Jahre

Angst vor anderen

Hallo Kummerkasten-Team,
es fällt mir ehrlich gesagt nicht leicht euch zu schreiben, aber ich muss es einfach weil ich es loswerden will... Ich habe liebe Freunde, aber mit denen rede ich über meine Probleme nur ungern. Ich bin eher für sie der Kummerkasten :-) Naja, egal. Das Problem ist folgendes: Im April diesen Jahres habe ich einen Kerl kennengelernt (23) und wir haben uns recht gut miteinander verstanden. Sind auch schnell zusammengekommen. Ich war Jungfrau und wollte mir ganz sicher sein, dass er auch der Richtige ist, daher is außer Petting nicht mehr gelaufen. Iwann hab ich dann gemerkt, dass es ihm nicht reicht bzw. zu lange dauert. Daraufhin haben wir eine "Pause" eingelegt. Ich war ziemlich fertig in dem Moment, weil ich ihn geliebt habe, aber mich einfach nicht bereit gefühlt habe, ist das so verkehrt?-.- Naja, ich bin dann während der "Pause" auf Klassenfahrt gewesen. Als ich dann an einem Freitag spät abends wiedergekommen bin, wollte ich nur eins: Mit ihm reden und alles klären. Ich wäre auch gegen meine bisherige Einstellung mit ihm ins Bett gegangen... Ich bin also Abends los, er war auf der Geburtstagsfeier seines besten Freundes. Als ich da angekommen bin waren er und seine Freunde schon ziemlich betrunken, aber der Hammer war, dass er mir dann seine "neue Freundin" präsentiert hat und mich da ziemlich derbe runtergemacht hat... Für mich ist da eine Welt zusammengebrochen... Ich war so fertig wie noch nie in meinem Leben. Ein Freund von ihm (20) hat mich beiseite genommen und mich abgelenkt, naja abgelenkt ist das falsche Wort... er hat mich abgefüllt, was nicht sehr schwer gewesen sein muss, denn ich hab wirklich die Kontrolle verloren und wollte nur, dass der Schmerz aufhört. Ich hab mich also betrunken, bis ich nichts mehr konnte. Das hat er dann ausgenutzt und mich hinters Haus gezogen und dann fing er an mich auszuziehen. Ich hab versucht mich zu wehren, aber er war stärker... Ein anderer Freund hat das zum Glück mitbekommen und is dazwischen gegangen. Ich weiß nicht was sonst noch alles passiert wäre. Ich hab mich so schrecklich gefühlt-.-
Danach wollte ich einfach nur weg, weg von all den Leuten und niemanden mehr sehen. Es war ziemlich schwierig damit klarzukommen, und ich musste mich zwingen mich nicht einzuschließen. Ich bin ein Mensch der seine wirklichen Gefühle nicht zeigt, ich fress sowas in mich hinein... daher haben meine Eltern und meine Freunde keine Ahnung. Sie merken nur, dass ich anders bin als früher.
Ich bin also trotzdem noch unterwegs gewesen, hab mehr oder weniger auf Partys "mitgefeiert", ich war eher anwesend und meistens am Ende richtig betrunken... Ich hab einige neue Männer kennengelernt, alle samt sehr nett und so, aber sobald es ernster wurde, sobald mir gefühlsmäßig einer zu nahe kommt, hab ich sie abblitzen lassen... Die Angst, dass mir jemand wieder wehtut is bei mir einfach zu groß geworden und wird iwie immer schlimmer.... Ich kann einfach keinem mehr Vertrauen... Vllt bin ich einfach beziehungsunfähig... :-( Ich weiß einfach nicht weiter... ich würde sogerne jemandem wieder vertrauen können, doch diese Blockaden im Kopf behindern mich einfach total... und ich hab das Gefühl sie werden noch stärker. Inzwischen ergreif ich schon bei einer Berührung die Flucht. Mein Kopf sagt einfach, bring dich in Sicherheit...
Nun treffe ich bereits seit einiger Zeit einen Kerl, den ich wirklich mag, aber ich kanns ihm einfach nicht zeigen... ich trau mich nicht ihm gegenüber aufgeschlossener zu sein. Er merkt, dass was is und hat mich auch schon gefragt. Aber ich kann einfach nicht drüber sprechen, es tut zu weh, und alleine schon die Frage jagt mir Angst ein. Beim letzten Treffen hat er versucht mich zu küssen und ich bin abgehauen... Ich glaube ich mache alles kaputt mit meiner Angst und ich hab noch mehr Angst dass ich es nicht in Griff bekomme. Soll so jetzt mein Leben aussehen? Auf ewig auf der Flucht.... das kanns doch nicht sein... Den Abend, der alles ausgelöst hat, würde ich so gerne vergessen und aus meinem Leben streichen. Ich will auch nicht auf ewig die Jungfrau bleiben, aber wenn ich keinen an mich ranlasse wirds auch nich besser :-( Ich bin in einer Situation wo ich nich weiter kann... Vllt wisst ihr ja, was ich machen kann um meine Angst zu besiegen... denn ich weiß echt nicht mehr weiter...

LG S.

Anwort von Sabine

Hallo!

Ich denke mal, dass jeder so seine eigene Strategie hat um diese Art von Angst in den Griff zu bekommen. Die einen brauchen dann halt auch wenig länger und bei den anderen ist es schnell vergessen und sie können wieder neu vertrauen.
Bei Dir scheint es sich etwas länger hinzuziehen und Du machst Dir Sorgen. Sicherlich ist es auch zu verstehen, dass Du Angst hast wieder enttäuscht zu werden, aber mal ganz grob gesagt, gehören auch Enttäuschungen zum Leben dazu. Mal wird man enttäuscht und mal muss man andere enttäuschen. Man kann sich nicht immer vor Enttäuschungen schützen und muss auch hier und da mal ein Risiko eingehen. Eine 100 % Garantie, die gibt Dir keiner und die gibt es auch gar nicht. Glaube mir, wenn man so was erwerben könnte, dann wäre ich gewiss die erste in der Reihe der anstehenden Leute um diesen Garantieschein zu bekommen. Ich bin nun 38 Jahre und habe ähnliche Enttäuschungen erlebt wie Du. Ja, nicht nur eine, sondern sehr viele und es tat jedes Mal wieder weh und jedes Mal musste ich wieder einen Weg finden mich selber aufzubauen. Ich weiß heute, dass es definitiv falsch ist sich zu vergraben. Sicherlich mag man sich einige Zeit verkriechen und mal eine große Runde heulen, aber dann muss es auch wieder gut sein und man muss sich wieder aufraffen und den anderen Menschen auch wieder die Chance geben an Dich heran zu kommen. Du wirst keine ewige Jungfrau bleiben. Du wirst genauso wie alle anderen Frauen irgendwann, ob früher oder später Deine Erfahrungen machen und wieder daraus lernen. Ich kann Dich nicht schützen und Du selber kannst es auch nicht. Das Leben passiert. Oftmals dann, wenn man es gerade plant. Oftmals wünsche ich mir zu wissen, was in der Zukunft passiert, aber dann denke ich auch wieder, dass das Leben doch langweilig wäre, wenn wir immer wüssten, was als nächstes passiert. Sicherlich könnten wir uns dann vor einigen Dingen schützen, aber aus Fehlern lernt man doch auch. Wie will z.B. ein Kind, welches gerade von der Mutter erzogen wir, erfahren, was das Wort heiß wirklich bedeutet, wenn es das Gefühl nie zu spüren bekommt. Die Mutter weiß, dass heiße Gegenstände gefährlich sind, aber das Kind hat in der Erfahrungsschublade im Kopf noch nichts drin. Die Mutter ist also gezwungen dem Kind auch zu zeigen, dass heiß gefährlich sein kann. Dies macht sie dann, indem sie dem Kind z.B. ein gekochtes Ei in die Hand legt, denn die Wärme eines gekochten Ei kommt nur langsam durch und das Kind wird sich nicht verbrennen bzw. verletzen. Verstehst Du was ich damit sagen möchte. Man muss gewisse Dinge einfach ausprobieren um dann zu wissen, ob es falsch war oder nicht. Das kleine Kind wird das Ei irgendwann wieder anfassen, weil es wissen möchte, ob es immer noch heiß ist oder es sich immer noch so anfühlt. Beim zweiten Mal wird das Kind auf das Gefühl vorbereitet sein und kann dann entsprechend frühzeitig reagieren. Der Schreckmoment wie beim ersten Mal, der ist weg und dennoch versucht es das Kind immer wieder. So ähnlich ist es doch bei Dir. Bei der ersten wirklichen Enttäuschung und den Folgen tat es fürchterlich weg, aber niemand weiß, ob es ein zweites Mal passieren wird oder gar Du die jenige sein wird, die jemanden als nächstes enttäuschen wird oder vielleicht doch alles gut geht.

LG, Sabine