Problem von Anonym - 17 Jahre

Keine Lebenslust

Liebe Dana (ich wende mich direkt an dich, weil ich deine Antworten immer so toll finde und hoffe, auch so hilfreiche Ratschläge zu bekommen, wie du sie immer vergibst),
mein Problem ist, dass ich in letzter Zeit einfach keine Lust mehr am Leben verspüre. Nicht, dass du denkst, ich will nicht mehr leben oder ähnliches, ich habe keine Selbstmordgedanken oder so, aber ich finde mein Leben derzeit einfach irgendwie nicht mehr richtig lebenswert.
Ich habe einen Freund, mit dem ich jetzt schon 2 1/2 Jahre zusammen bin. Es läuft nicht besonders gut, eigentlich läuft es richtig schlecht und ich überlege schon oft, mich von ihm zu trennen. Doch irgendwie bringe ich es nicht übers Herz, denn wenn ich es mir vorstelle, dann fühl ich mich auch irgendwie schlecht. Ich weiß nicht, vielleicht ist es die Gewohnheit, aber ich kann nicht mit ihm und auch nicht ohne ihn.
Dann kommen meine Freunde. Ich hab irgendwie das Gefühl, dass sie mich alle, bis auf meine beste Freundin, nicht wirklich mögen. Ich werde nie eingeladen, kaum benachrichtigt, wenn irgendetwas ansteht, was sie eigentlich auch mit mir machen wollten. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich fast nicht mehr bei ICQ online bin, wo sie wahrscheinlich alles verabreden usw, aber wenn sie mich wirklich treffen wollen würden, könnten sie auch irgendwie anders mit mir Kontakt aufnehmen. Ein Teil der Freunde ist bei mir in der Handballmannschaft und auch da komm ich mir irgendwie (aber vor allem in letzter Zeit) ausgeschlossen vor. Ich kann da eh nicht so oft mitreden, ich steh im Tor, sie sind auf dem Feld, da ist man immer irgendwie alleine. Ich weiß aber nicht, woran das so (ziemlich) plötzlich liegt. Es macht mich fertig. Ich fühl mich irgendwie nicht gewollt und es scheint sich keiner für mich zu interessieren. Meine beste Freundin, die einzige, bei der ich sicher bin, dass sie wirklich Interesse für mich hat, hat selten Zeit; sie ist oft mit ihrem Freund unterwegs, sehen uns kaum in der Schule und ich hab in der Woche auch viel zu tun.
Das ist die nächste Sache. Ich fühl mich ziemlich gestresst, habe viele Hobbys, von denen ich aber nichts aufgeben will, da mich das auch unglücklich machen würde. Es ist ne Zwickmühle. Ich bin sehr gut in der Schule, lerne zwar eigentlich nicht viel dafür, aber mach mir trotzdem wegen allem Stress und seit ich in der 11 bin, kommt es auch oft vor, dass ich in Tränen ausbrech, wenn ich nur an die Prüfungen denk. Ich will einfach irgendwie mein Leistungsniveau halten und mich nicht verschlechtern und hab manchmal echt keine Ahnung, wie ich alles unter einen Hut kriegen soll. Und dazu kommt dann noch der abendliche Streit am Telefon mit meinem Freund, wo er sich unter anderem darüber beschwert, dass ich nie Zeit für ihn hab. Weil ich gut in der Schule bin, halten mich auch viele für einen Streber oder was weiß ich was. Ich hab schon oft zu hören gekriegt, wenn ich mich das erste Mal eingehender mit Klassenkameraden unterhalten hab, dass sie mich ganz anders eingeschätzt haben, als ich in Wirklichkeit bin. Keine Ahnung, vielleicht hab ich irgendeine Ausstrahlung, die alle anderen abschreckt. Die Probleme mit meinen Freunden könnten auch erst angefangen haben, seit ich in der 11 bin, ich weiß es nicht. Vielleicht mach ich mir zu viel Schulstress oder so, ich weiß nicht, ich weiß nur, dass ich mich einfach jeden Abend scheiße fühle und mir denke: "Was hattest du heute von dem Tag?" oder "Schon wieder einen Tag verschwendet". Ich hab einfach keinen Spaß mehr an dem, was ich mache. Ich will mich mehr mit meinen Freunden treffen, aber wenn ich frag, haben sie keine Zeit und mir kommt es so vor, als würden sie es extra machen.
Es ist einfach alles so scheiße im Moment. Ich leb irgendwie nur noch in meiner Traumwelt, wo ich Freunde hab, nicht besonders viele, aber dafür gute und einen Freund, mit dem es gaaanz anders ist als mit meinem jetzigen. Ich will nicht in diese Welt abdriften, denn ich muss doch irgendwie HIER leben. Aber ich weiß nicht, wie.
So, jetzt hab ich genug geschrieben, ich hoffe, du kannst mir irgendeinen Rat geben. Danke schon mal im Voraus.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Hab Dank für Dein Lob und Deine lieben Worte!

Weißt Du, was ich mache, wenn ich Angst habe oder auch merke, dass ich nicht mehr alles unter einen Hut bekomme? Ich verpacke es unter mehreren Hüten :-) Die Dinge erscheinen gleich viel leichter und weniger erdrückend, wenn man sie einzeln betrachtet und nicht als Gesamtpaket. Nicht vom ganzen Tag hat man nichts gehabt, sondern ein Teil ist vielleicht nicht so gut gelaufen. Fast jeder Tag hat immer auch etwas zu bieten; schau genau hin, wo die kleinen und größeren Glücksmomente liegen. Ein Anruf? Eine gute Note? Einen schwierigen Ball im Tor gehalten? Ein schöner, entspannender Spaziergang? Wir sind wohl alle immer viel zu schnell dabei und listen alles auf, was uns gerade nicht gefällt und was uns nicht gut tut. Aber wann nimmt man sich mal die Zeit, und schaut auf das, was wirklich toll ist? Nimm sie Dir! Das gibt so viel Kraft für die Stunden, Phasen, Tage, an denen eben auch mal was daneben geht.

Was Deine Beziehung betrifft, kann ich Dir natürlich keine Entscheidung abnehmen. Ich kann nicht sagen, ob Du sie führen möchtest oder ob es einfach nicht mehr passt und ihr auf der Stelle steht. Vielleicht hast Du es schon im Archiv gelesen: Abstand kann helfen; denn tief vermissen können wir nur das, was gerade nicht da ist. Und auch gezielte Tagträumereien lassen unsere Gefühle oft deutlicher werden: wenn Du Dich in Deinem Leben ein paar Monate voraus träumst, ist er dann noch an Deiner Seite?

Ich lese hier oft, dass Freunde sich abwenden - und in den meisten Fällen schaue ich nicht auf das Verhalten der Freunde; sondern möchte eher mehr von dem des Schreibers wissen. Jeder reagiert immer auf etwas - warum könnten sie sich so zurückziehen? Hast Du oft gesagt 'Ich habe keine Zeit', so dass sie aufgehört haben nachzufragen? Könntest Du ihnen irgendwie vermittelt haben, dass Du kein Interesse an Unternehmungen hast (Absagen, keine Kontaktsuche von Dir aus, eigene Interessen in den Vordergrund gestellt...). Ich möchte damit nicht sagen, dass Schuld bei Dir liegt; sondern viel mehr Dein Augenmerk vom Verhalten der anderen auf Dein eigenes lenken. Denn die Frage ist: Was kann ich tun, damit sich wieder etwas verändert. Nicht: Was sollen die anderen tun? Denn auf ihr Verhalten hast Du kaum Einfluss, Du kannst es nur durch Dein eigenes beeinflussen.

Alles Gute!
Dana