Problem von Anonym - 20 Jahre

Ich möchte meine Ausbildung abbrechen, doch wie geht es dann weiter?

Hallo liebes Team von Kummerkasten

Ich wende mich an euch, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß. Seit der Geburt meiner kleinen Cousinen, als ich 10 Jahre alt war, habe ich mir gewünscht Erzieherin zu werden. Ich liebe Kinder und obwohl ich ein schüchterner und eher zurückhaltender Typ bin, habe ich bei Kindern überhaupt kein Problem auf sie zuzugehen und mit ihnen zu spielen oder Spaß zu machen. Nachdem ich die Schule nach der 9. Klasse wegen Mobbings verlassen habe, habe ich eine Ausbildung zur Hauswirtschaft- und Familienpflegerin gemacht, in welcher ich meinen Realschulabschluss nachgeholt habe. Nach einem Jahr zwangspause, weil niemand auf meine Bewerbungen reagiert hat, bin ich nun seit einem Jahr in einer Ausbildung zur Erzieherin. Ich musste jedoch feststellen, dass der Job nicht das ist, was ich dahinter immer vermutet habe. Ich bin nicht geeignet, so viele fremde Kinder zu erziehen und zu leiten. Ich bin mehr die, die eben mit den Kindern spielt und herumalbert, dass ist aber nicht das, was der Beruf von mir verlangt.
Hinzu kommt, dass ich ein Einzelgänger bin und es mir schwer fällt soziale Kontakte zu knüpfen. Das ich schüchtern bin, wird von den meisten leider oft als arrogant ausgelegt und schon deswegen meiden mich die meisten. Hinzu kommt, dass ich doch eher ernst veranlagt bin, ein wenig überemotional und hinter jeder Ecke eine Gefahr sehe. Das alles macht mich zu einer jungen Frau, die weder raucht, noch Alkohol trinkt oder Drogen nimmt und wenn ich ehrlich bin, auch keinen Sex hat. In meiner Umgebung (meiner Klasse, meiner Schule, dem Freundeskreis meiner einzigen Freundin) sind aber nur Leute, die eben ihr Leben ?genießen? wollen und gerne auf Partys gehen, wo sie sich betrinken und eben auf ihre Art und Weise Spaß haben. Ich gehöre nicht zu diesen Leuten und möchte auch nur bedingt dazu gehören, weil ich mit diesen Leuten eben nicht viel gemeinsam habe. Aber auch das, macht mich natürlich wieder zu einem Außenseiter, der von niemandem so recht gemocht und akzeptiert wird, schon gar nicht von den Klassenkameraden.
Ich bin also rundum unglücklich mit meiner Ausbildung, so dass ich im letzten Jahr ständig unter Depressionen litt und über die Hälfte des Schuljahres krank war, was mich wiederrum bei einigen Lehrern unbeliebt gemacht hat, die glauben, ich würde einfach nur so tun als wäre ich krank, wobei ich sagen muss, dass sich meine Lehrer eigentlich nicht beschweren sollten, denn trotz meines vielen Fehlstunden, habe ich ein gutes Zeugnis, bis auf eine Ausnahme und das ist schon direkt mein nächstes Problem.
In Mathe habe ich eine fünf auf dem Zeugnis (in allen anderen Fächern bin ich nicht schlechter als 3) und bin daher durchgefallen und muss nach einem vermasselten Leistungsfeststellungstest das 1. Ausbildungsjahr wiederholen. Das ist für mich jetzt endgültig das Ende. Ich möchte diese Ausbildung nicht noch ein Jahr länger machen und ich möchte nicht schon wieder in eine neue Klasse kommen, in der mich keiner mag und in der ich bei einer Gruppenarbeit wieder alleine da sitze, weil mich niemand in seinem Team haben will. Ich möchte aufhören. Ich möchte die Ausbildung abbrechen, denn ich kann einfach nicht mehr mit dem ständigen Gefühl der Unzufriedenheit leben. Mittlerweile leide ich an ständiger Übelkeit und Magenschmerzen, manchmal sogar Atemnot (ich habe Asthma), wenn ich die Wohnung verlasse, weil ich nicht mehr in diese Schule möchte.

Leider gibt es das Problem, dass meine Eltern furchtbar wütend und enttäuscht wären, wenn ich die Ausbildung abbrechen würde, hinzu kommt, dass ich eine finanzielle Verpflichtung habe, da ich mein Auto finanzieren muss, welches ich mir neu kaufen musste, um die 50 Kilometer bis zu meiner Ausbildungsstelle weitgehend sicher und schnell zurück legen zu können. Wenn ich meine Ausbildung abbreche, dann bekomme ich kein Geld mehr und meine Eltern können uns schon so kaum über Wasser halten, sie darum bitten, mein Auto zu finanzieren, kann ich also nicht. Zudem habe ich gehört, wenn ich meine Ausbildung abbreche, muss ich mein BaFög zurück zahlen und das kann ich mir erst recht nicht leisten.
Bitte versteht mich nicht falsch, ich möchte nach dem Abbruch der Ausbildung sicherlich nicht zuhause rumsitzen und faulenzen. Ich möchte arbeiten gehen und mein eigenes Geld verdiene, doch leider weis ich nicht wo und wie. Ich möchte nicht noch einmal eine schulische Ausbildung machen, sondern direkt irgendwo praktisch arbeiten und das möglichst an einem Ort, wo man nicht so intensiv mit den Kollegen zusammenarbeiten muss. Ich habe bisher leider noch nichts geeignetes gefunden, ich möchte aber auch mit dem Abbruch nicht warten, bis ich wieder einen Nervenzusammenbruch erleide.

Ich habe das Gefühl, niemand will mich verstehen und meine Eltern wollen nicht sehen, dass es keinen Sinn mehr hat. Ich möchte sie nicht enttäuschen oder verärgern, aber genau das würden sie glauben, wenn ich abbreche. Was soll ich tun?

Liebe Grüße

Anwort von Karin

Erst einmal finde ich es ganz toll, dass du deinen Realschulabschluss nachgeholt hast! Ich weiß, dass die Ausbildung zur Erzieherin sehr schwer ist und nur wenig gewürdigt wird - vor allem finanziell.

Du hast durch deine Ausbildungen schon sehr genaue Vorstellungen, was dir Spaß macht und was nicht! Das ist gut! Darauf kann man aufbauen! Es tut mir sehr leid für dich, dass du in einer Ausbildung steckst, die dir keinen Spaß macht. So eine Situation ist sehr belastend und sie wirkt sich ja schon bereits auf deine Gesundheit aus. Du musst also dringend etwas ändern.

Den Beruf, den du dir jetzt raussuchst, wirst du womöglich dein ganzes Leben lang machen. Darum muss man sich wirklich lange und gut überlegen, welchen Beruf man ergreifen will und welche Tätigkeiten einem mehr oder weniger Spaß machen.

Für mich klingt es eigentlich so, als wäre eine Ausbildung zur Kindergärtnerin genau das Richtige für dich! Da kannst du in erster Linie mit den Kindern spielen und musst nicht noch die ganzen Tätigkeiten einer Erzieherin ausüben. Informier dich ausgiebig, bevor du die Ausbildung abbrichst, welche Konsequenzen dann auf dich zukommen. Frag also beim Bafög-Amt nach, ob du das Geld dann zurückzahlen müsstest und informier dich, was du nach dem Abbruch machen möchtest. Versuch eine neue Ausbildungsstelle zu bekommen, bevor du die alte abbrichst. Rede auch mit deinen Eltern über das Problem. Sie merken doch bestimmt auch, wie unglücklich du mit der Ausbildung bist. Wenn du ihnen begreiflich machen kannst, dass es dir zur Zeit aufgrund der Ausbildung so schlecht geht, werden sie dich bestimmt unterstützen. Vielleicht findest du ja sogar einen neuen Ausbildungsplatz in deiner Nähe.

Es hört sich für mich so an, als wärst du vielleicht etwas zu ernst veranlagt. Es ist ja gut, dass du nicht rauchst, übermäßig trinkst und dergleichen. Aber es schadet dir sicher nicht, wenn du mehrere Freunde hast. Glaub mir, es gibt viele Menschen, die ruhiger sind und genau so empfinden wie du. Halt die Augen offen; solche Menschen siehst du jeden Tag. Wenn du so eine Person als echten Freund/Freundin hättest, könntet ihr sicher viele Probleme miteinander besprechen und gemeinsam etwas unternehmen. Das täte dich sicher gut; gerade jetzt, wo es mit der Ausbildung nicht so gut läuft.

Versuch herauszufinden, warum du Einzelgänger bist. Warum fällt es dir so schwer, auf Gleichaltrige zuzugehen? In deiner Klasse sind bestimmt nicht nur unsymphatische Leute, die nur saufen und auf Partys gehen. Versuch offener auf andere Menschen zuzugehen. Einfach nur mal als Experiment. Du wirst merken, dass es gar nicht so schwer ist. Rede doch einfach mal im Bus eine ältere Dame an: Sag ihr, dass es heute wieder ganz besonders heiß ist oder soetwas. Oder sag einer Klassenkameradin, dass du ihr neues Oberteil toll findest. Solche Übungen im Alltag helfen dir, deine Schüchternheit zu überwinden. Sie machen dir das Leben nach und nach viel leichter!

Ich wünsch dir viel Kraft und Mut!
Gruß
Karin